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„Ich möchte Franz Schubert auf einer Wolke treffen“

Der Musikdirektor des Theaters Jan Michael Horstmann verabschiedet sich. Raoul Grüneis wird sein Nachfolger.

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© René Jungnickel

Mit nicht endendem Applaus neigte sich am Freitagabend die Wirkungszeit Jan Michael Horstmanns als Generalmusikdirektor des Theaters. Bei seinem letzten Konzert in Döbeln wurden Auszüge aus Richard Strauss‘ „Intermezzo“ und die achte Sinfonie Franz Schuberts gespielt. Diesen beiden Komponisten fühlt sich der hingebungsvolle Dirigent besonders nahe. „Schubert ist die Anerkennung zu Lebzeiten vorenthalten worden“, sagte Horstmann. „Ich wünschte, ich könnte ihn auf einer Wolke treffen und ihm sagen, wie sehr sich die Welt heute vor ihm neigt“.

Während das Ende der Epoche der Romantik mit den Halbtonleitern in den Strauss’schen Opernauszügen nicht zu verkennen war, brachte das Schubertstück den Glanz der tonalen Musik zurück. Die Energie der Pauken und der ganze Körpereinsatz des Dirigenten vor dem synchronen Klang des warm gewordenen Orchesters ließen die tränenreichen Gefühle der Zuschauer vergessen. Wegen Hochwasserschäden am Theater fand das Konzert in der Nicolaikirche statt. Das provisorische Konzerthaus war voll besetzt.

Jan Michael Horstmann folgt nun Manuel Schöbel als Operndirektor an die Radebeuler Landesbühnen. Vor dem Abschiedskonzert gaben er und der Konzertdramaturg des Theaters Frank Meier in der Stadtbibliothek Einblicke in die beiden symphonischen Werke. Es handelt sich um eine verquere Liebesgeschichte, die auf das Privatleben des Komponisten Richard Strauss zurückzuführen ist. Horstmann kennt alle Details.

Intendant Ralf-Peter Schulze überreichte dem Maestro zu Beginn ein Fläschchen echten Bühnenstaubes für den Fall, dass der 44-Jährige „große Sehnsuchtsanfälle“ an die Döbelner Zeit bekäme. Dazu gab es eine Plastebüste mit einer barocken Perücke als Tribut an Horstmanns Leidenschaft für die Barockmusik.

Jan Michael Horstmann begann nach Schaffensphasen in Wuppertal und Magdeburg 2004 als musikalischer Leiter des Mittelsächsischen Theaters in Freiberg. Durch sein sehr breitgefächertes Interesse sowohl an verschiedenen Epochen der geschriebenen Musik als auch am Chanson oder der Weltmusik fand er großen Anklang bei der Bevölkerung. Die Geschäftsführerin der Mittelsächsischen Kultur gGmbH, der auch das Theater Döbeln gehört, Christine Klecker erklärte zu Beginn des Konzertes, dass gerade Werke unbekannter Komponisten durch Horstmann zu neuem Leben erweckt wurden. Tatsächlich veranstaltete Horstmann neben Aufführungen von Barock- und Experimentalmusik von Beginn an Chansonabende und Musicals, in denen er selbst sang. 2007 beispielsweise übernahm er die Rolle eines werdenden Vaters in Thomas Zaubkes Stück „Baby Talk“.

Die 72-jährige Geri Steinberg aus Leisnig erlebte ihn als Sänger bei einem Jacquel-Brel-Abend und als Initiator für ein Konzert mit spanischer und pakistanischer Musik. „Durch ihn habe ich erst die Einflüsse des Islam in der spanischen Musik entdeckt“, sagt sie. Den einfachen Leuten ferne Kulturen nahe zu bringen und herumzuexperimentieren, kam gut an. „Es gibt da etliche verborgene Schätze, die noch zu heben sind“, sagte Jan Michael Horstmann vor der Aufführung und empfahl den Besuchern, dem Theater treu zu bleiben.