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Ideengeber für die Synagoge

Bodo Voigt hat Yehudi Menuhin nach Görlitz geholt und hier viel gebaut. Nun wird er 75.

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© Pawel Sosnowski

Von Frank Seibel

Görlitz. Was macht man, wenn eine Stadt wirtschaftlich in einen Abwärtsstrudel gerät, auf einmal Tausende Menschen arbeitslos sind – und zugleich wertvolle Kulturdenkmäler in Gefahr sind, restlos zu verfallen? Am besten, man macht aus der Not eine Tugend und versucht, beide Probleme im Paket zu lösen. 25 Jahre ist es her, dass Bodo Voigt von Bremen nach Görlitz kam und genau dies versuchte. Der Professor für Erziehungswissenschaften hatte in Bremen Modelle entwickelt, Arbeitslose in die Sanierung öffentlicher Gebäude einzubeziehen. Als er in Görlitz Gebäude wie die ehemalige Synagoge, die Schlösser Klingewalde und Tauchritz und die Obermühle entdeckte, kam ihm in den Sinn, hier einen ähnlichen Weg zu gehen. Das Kürzel dafür heißt „Ebiz“, und die Langfassung machte deutlich, dass es um mehr ging als nur ums Sanieren und um berufliche Integration für Arbeitslose: „Europäisches Bildungs- und Informationszentrum“ hieß der Verein, der marode Immobilien kaufte und viele Arbeitslose beschäftigte.

Wenn Bodo Voigt, der am 24. März 1941 in Pforzheim geboren wurde, etwas anpackt, geht es immer vor allem um Inhalte und Konzepte, nicht um das schöne Äußere. Kultur, gemeinsames Nachdenken, internationale Begegnungen: Bodo Voigt zählte Anfang der 1990er Jahre zu den ersten, die eine europäische Perspektive in der Grenzstadt Görlitz erkannten und der ehemaligen Synagoge in der Otto-Müller-Straße dabei einen zentralen Rang zuwies. Er war es auch, der den berühmten Geiger und Dirigenten Yehudi Menuhin im Sommer 1997 für ein Konzert in der teilweise sanierten Synagoge gewinnen konnte. Damit verankerte Voigt das über Jahre zur Rumpelkammer verkommene Gebäude wieder fest im kulturellen Bewusstsein der Stadt. Das wird oft vergessen, wenn man heute über handwerkliche Mängel aus jenen Jahren klagt oder an die finanziellen Schwierigkeiten erinnert, in die das hoch komplizierte, auf Fördermitteln aufgebaute Konstrukt „Ebiz“ später geraten sollte.

Bodo Voigt machte Görlitz zu seinem Lebensmittelpunkt, obwohl er noch bis zur Pensionierung an der Universität in Bremen lehrte. Stark von den politischen und kulturellen Prozessen geprägt, die in Westdeutschland mit dem Symboljahr 1968 verknüpft werden, hat er sich über viele Jahre politisch und kulturell in seiner Wahlheimat Görlitz engagiert und gegen provinzielle Enge auch im Stadtrat angekämpft.

Die Zeit der Ämter und Mandate hat er hinter sich gelassen, die Passion für Görlitz und seine kulturellen Möglichkeiten nicht. Auch wenn er Impulse heute eher in privatem Rahmen setzt. Gemeinsam mit seiner Frau baut er eine alte Ofenfabrik in der Rothenburger Straße zu einem Ort für Lesungen, Musik und Gespräche aus.