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Im Hafen fehlen Schiffe

Durch die monatelange Ebbe sind so viele Güter liegengeblieben, dass nun die Transportkapazitäten knapp werden.

Von Christoph Scharf
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Trotz des Niedrigwassers wurden 2018 so viele Container wie noch nie seit der Wende im Hafen Riesa umgeschlagen. Das meiste ging allerdings per Bahn und Lkw auf die Reise. Erst seit Januar erlaubt der Wasserstand wieder einen Schiffsverkehr - doch es fehl
Trotz des Niedrigwassers wurden 2018 so viele Container wie noch nie seit der Wende im Hafen Riesa umgeschlagen. Das meiste ging allerdings per Bahn und Lkw auf die Reise. Erst seit Januar erlaubt der Wasserstand wieder einen Schiffsverkehr - doch es fehl ©  Sebastian Schultz

Riesa. Trockenperioden ist man bei den Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe (SBO) mittlerweile gewohnt. Aber sonst war die Ebbe wenigstens Ende Oktober vorbei und ab November konnten wieder Schiffe fahren. 2018 aber fielen sogar der November und der Dezember für den Frachtschiffverkehr weg. Seit Januar legen die Schiffe in Riesa nun wieder an und ab. Während hier die Getreidespeicher voll seien, stapeln sich in Dresden noch die Schwerlast-Güter, die nicht so einfach auf einen Lkw passen.

Theoretisch könnten die Schiffe jetzt wie am Fließband Richtung Hamburg fahren. Praktisch nicht. „Wir haben gar nicht so viel Schiffsraum auf der Oberelbe zur Verfügung, wie wir eigentlich bräuchten“, sagt SBO-Geschäftsführer Heiko Loroff. Deshalb sei zwar einiges unterwegs – dennoch müsse man die Güter jetzt nach Priorität sortieren: Was am schnellsten in den Überseehäfen sein muss, hat Vorrang. Man arbeite auf Hochdruck. „Unsere Mitarbeiter sind notfalls auch Sonnabend und Sonntag im Einsatz.“ 

Immerhin: Man könne stolz sein, trotz der Dürre keine Tonne Umsatz verloren zu haben. In Riesa gilt eher das Gegenteil: Beim Containerumschlag habe die SBO 2018 noch einmal zugelegt – auf gut 43.500 Containereinheiten. „Das ist wohl das beste Umschlagsergebnis in Riesa, seit es die SBO gibt“, sagt Loroff. 

Allerdings habe man wegen des Niedrigwassers neue, unkonventionelle und teurere Wege gehen müssen. Denn die Verlagerung von Schiff auf Schiene oder Straße koste. Das wirke sich auch aufs Betriebsergebnis aus, sagt der Geschäftsführer, ohne bislang Zahlen zu nennen. Allerdings entsprächen 1.000 Tonnen Fracht auf einem Schiff fast 45 Lkw-Ladungen.

Das große Ziel für Riesa sei, endlich das geplante Containerterminal an den Start zu bringen. „Das neue Terminal ist überfällig. Wir können schon heute die Nachfrage in Riesa kaum decken.“ Bei Aufstellflächen, Umschlagskapazität und Personal arbeite man an der Belastungsgrenze. Und man erwarte – gegen den Deutschland-Trend – eine weitere Zunahme an Containern in Riesa. 

Und wann rollen die Bagger für das Terminal? „Ende März steht der letzte Anhörungstermin an, danach erwarten wir das Planfeststellungsverfahren“, sagt Loroff. Man habe alle Unterlagen eingereicht und warte auf die Entscheidung der Behörden.

Nicht nur die Umladekapazitäten in Riesa seien gefragt, sondern auch die neue Container-Service-Halle. Dort können Unternehmen die bekannten Übersee-Container reparieren, instand setzen, umbauen lassen. Allerdings müsse man jeden Tag um Aufträge kämpfen – damit Logistikunternehmen ihre Container in Riesa und nicht etwa in Singapur instand setzen lassen. Davon würden auch hiesige Firmen profitieren, sagt Loroff. „Schließlich wird der Transport billiger, wenn die Container schon in Riesa bereitstehen und man nicht erst einen Leertransport aus Hamburg bezahlen muss.“

Investiert habe die SBO in Riesa 2018 vor allem in Gleisanlagen, aber auch in Hochwasserschutz-Einrichtungen. Und dann war da noch das Hafenfest zum 130-jährigen Bestehen, für das man nur positive Rückmeldungen erhalten habe. Aktuell arbeiten mehr als 60 Leute in Riesa. Zum Vergleich: Früher seien es 28 gewesen. „Und die zählen alle zur Produktion, weil die Verwaltung in Dresden sitzt.“

Die Frage ist: Wird man in Riesa wegen der Ebbe auf der Elbe perspektivisch nur noch Container von Lkw auf Züge und umgekehrt verladen, wie es Kritiker befürchten? Loroff hofft auf das von der Politik beschlossene Gesamtkonzept Elbe. „Würde man in dem Rahmen nur sieben Engstellen Richtung Hamburg beseitigen, könnte man die Transportkapazität per Schiff um bis zu 25 Prozent steigern“, sagt der Geschäftsführer. 

Prognosen zu künftigen Wasserständen will er aber nicht machen. Extreme Trockenphasen habe es jedoch schon seit Beginn der Aufzeichnungen des Elbepegels gegeben. Wichtig sei eine klare Aussage für die Reeder, welche Fahrrinnentiefe man perspektivisch auf der Elbe beabsichtige: Nur so könnten sie entscheiden, wie groß die neuen Schiffe sind, in die sie dringend investieren müssen.