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In 50 Minuten von Dresden nach Prag

Die Bahn plant eine neue Schnell-Trasse mit einem gigantischen Tunnel. Das Wichtigste zum aktuellen Planungsstand.

Von Thomas Möckel
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Neubaustrecken-Projektleiter Kay Müller von der DB Netz AG, Karte mit möglichen Verläufen der Schnellbahntrasse Dresden-Prag: Ein Überholbahnhof in Heidenau ist theoretisch möglich.
Neubaustrecken-Projektleiter Kay Müller von der DB Netz AG, Karte mit möglichen Verläufen der Schnellbahntrasse Dresden-Prag: Ein Überholbahnhof in Heidenau ist theoretisch möglich. © Archivfoto/Norbert Millauer

Zwischen Dresden und Prag soll es auf der Schiene bald flotter vorangehen als bisher. Geplant ist, die derzeitige Fahrzeit von 2,5 Stunden auf 50 Minuten zu verkürzen. In diesem Zusammenhang soll auch ein Engpass verschwinden: Die Bahnstrecke von Pirna durchs Elbtal nach Tschechien ist eines der letzten großen Nadelöhre auf der Nord-Süd-Bahnachse, die von Norwegen aus bis auf den Balkan führt. 

Mit über 240 Zügen täglich ist die Kapazität der Elbtalstrecke nahezu ausgereizt, mehr geht kaum. Um diese Staufalle zu entschärfen und die Fahrzeit zu verkürzen, soll ein gigantisches Projekt Abhilfe schaffen. Die Bahn plant eine Neubaustrecke von Dresden nach Prag, die zwischen Heidenau und Pirna von der jetzigen Bahnstrecke abzweigt und dann größtenteils im Tunnel bis nach Tschechien führt. Die SZ fasst den aktuellen Projektstand zusammen.

In welchem Verfahren befindet sich das Vorhaben derzeit?

Die groben Vorplanungen sind abgeschlossen, momentan befindet sich das Projekt im sogenannten Raumordnungsverfahren, für das die Landesdirektion Dresden verantwortlich ist. Derzeit stimmen sich die Deutsche Bahn und die Behörde über verschiedene Details ab. 

Bei dem Raumordnungsverfahren wird geprüft, ob die mögliche Trassenführung auf sogenannte Raumwiderstände trifft – beispielsweise Rohstoff-Lagerstätten, Trinkwasservorkommen, Naturschutzgebiete oder andere große Verkehrsprojekte. Nach Abschluss des Verfahrens steht noch kein konkreter Streckenverlauf fest, aber mögliche Korridore, durch die die Bahntrasse verlaufen kann. Die Bahn hatte im Vorfeld alle in Betracht kommenden Streckenvarianten bewertet und eingeordnet. 

„Jetzt ist alles miteinander vergleichbar“, sagt Kay Müller, Neubaustrecken-Projektleiter bei der DB Netz AG. Der Gesamtbericht der Bahn wird 300 bis 400 Seiten umfassen, Mitte Dezember gehen die Unterlagen zur Landesdirektion, dann beginnt das eigentliche Verfahren. Ziel ist, das Raumordnungsverfahren im Zeitraum Juni/Juli 2020 abzuschließen.

Überdies arbeitet die Bahn gerade an einer gesonderten Internetseite für die Neubaustrecke, sie soll voraussichtlich im Dezember online gehen. Ebenfalls im Dezember soll der Planungsvertrag mit Tschechien unterschrieben werden.

Wie viele Streckenvarianten werden untersucht?

Die Zahl der ursprünglich weit über zehn Streckenvorschläge ist deutlich geschrumpft: Mit sieben möglichen Routen-Verläufen geht die Bahn ins Raumordnungsverfahren. Sämtliche Alternativen zweigen zwischen Heidenau und Pirna von der bestehenden Bahnstrecke ab.

Die vom Freistaat Sachsen favorisierte Variante führt zunächst durch einen kurzen Tunnel, dann mit einer Brücke übers Seidewitztal, um dann bei Dohma wieder im Tunnel zu verschwinden. Dagegen verlaufen zwei Alternativ-Routen – vorgeschlagen und bis ins Detail ausgearbeitet von der Dohmaer Bürgerinitiative „Basistunnel nach Prag“ – von Heidenau aus vollständig im Tunnel. Insgesamt sind derzeit drei dieser Volltunnel-Varianten im Rennen.

Bei allen Varianten steht die Bahn noch vor einem gravierenden Problem: Die Neubaustrecke muss am Abzweig Heidenau entweder unter der bestehenden Bahnstrecke hindurch oder über sie hinweg gehen. Wie das gelöst wird, steht noch nicht fest. Und sollte eine Volltunnel-Variante später das Rennen machen, müsste der erforderliche Überholbahnhof vor dem Tunnel in Heidenau errichtet werden. Die Bürgerinitiative „Basistunnel nach Prag“ hat bereits prüfen lassen, dass ein solcher Überholbahnhof in Heidenau hinpasst. 

Auch die Bahn, wegen möglicher Platzprobleme bislang in dieser Hinsicht skeptisch, erklärt jetzt: Ein Überholbahnhof in Heidenau sei zumindest theoretisch möglich. Sämtliche Punkte werden aber noch diskutiert, dafür hat die Bahn extra die Arbeitsgruppe „Heidenau“ gegründet.

Wie geht es nach dem Raumordnungsverfahren weiter?

Nach diesem Verfahren stehen mögliche Korridore fest, durch die die künftige Strecke verlaufen kann, es gibt aber noch keine Vorzugsvariante. „Danach wollen wir möglichst zwei Strecken in zwei verschiedenen Korridoren genauer planen“, sagt Müller. Sämtliche Vorzüge und Nachteile der möglichen Strecken sollen gegenübergestellt, verglichen und abgewogen werden. Daraus ergibt sich dann eine Vorzugsvariante, die vor dem Bau noch der Bundestag bestätigen muss.

Wie werden die Bürger an dem Verfahren beteiligt?

Voraussichtlich Anfang 2020 plant die Bahn erneut Dialogforen – öffentliche Treffen, bei denen die Bahn über den aktuellen Stand informiert. Wohl auch im Januar sollen die Unterlagen des Raumordnungsverfahrens in den Kommunen für vier Wochen öffentlich ausgelegt werden.

Wie lange dauert es, bis die Bahnstrecke fertig ist?

Nach Abschluss des Raumordnungsverfahrens könnte laut Müller möglicherweise bis 2024 eine fertige Vorplanung mit allen Details zu der dann feststehenden Vorzugsvariante vorliegen. Danach geht es in ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren, dass wohl einige Jahre in Anspruch nimmt, das daraus folgende Baurecht könnte laut Müller etwa 2030 gegeben sein. Für die Strecke selbst rechnet Müller dann mit einer Bauzeit von zehn bis zwölf Jahren.