Merken

In den Lößnitzbach fließen Millionen

Der Mündungsbereich soll für viel Geld saniert werden. Der Bachlauf muss verändert werden, verlangt eine EU-Richtlinie.

Teilen
Folgen
NEU!
© Norbert Millauer

Von Nina Schirmer

Radebeul. Wie mit dem Lineal gezogen, verläuft der gemauerte Graben unterhalb von Serkowitz. 1905 wurde der Kanal gebaut. Seitdem fließt der Lößnitzbach auf seinen letzten Metern in der tiefen, steinernen Wanne schnurstracks über die Wiese, bevor er in die Elbe mündet. Weit über 100 Jahre war das so, doch nun soll der Kanal weg. Er ist nicht mehr zeitgemäß.

Das sagt die EU-Wasserrahmenrichtlinie. Die legt fest, dass Fließgewässer wie der Lößnitzbach naturnah und lebendig gestaltet werden sollen. Uferbefestigungen und begradigte Wasserläufe soll verschwinden, Bäche stattdessen wieder natürlich durch die Landschaft fließen. Daran muss sich auch die Stadt Radebeul halten, wenn sie den Kanal unterhalb von Serkowitz sanieren will. Und eine Sanierung hat der Graben nötig. Beim Hochwasser 2013 sind Teile der steilen Wände eingestürzt. Die Steinbrocken liegen noch immer im Kanal. Der gesamte Auslaufgraben ist nicht mehr standsicher, erklärt die Stadtverwaltung. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Reparaturen und Ausbesserungen an einzelnen Stellen nichts mehr bringen. Der Kanal müsse komplett neu gebaut werden.

Für den Bau bekommt die Stadt aber nur eine Genehmigung, wenn sie sich an die EU-Richtlinie hält. Das heißt, der Lößnitzbach muss im Mündungsbereich verlegt werden.

Momentan hat der Graben auf der Elbwiese zwei Funktionen. In dem Kanal fließt nicht nur der Lößnitzbach. Wenn es sehr stark regnet, wird zusätzlich auch Abwasser aus dem Kanalnetz von Radebeul-Ost dort hingeleitet, damit die Rohre im Stadtteil nicht überlastet werden. Außerdem werden von der Straße des Friedens Abwässer aus privaten Kläranlagen in den Bach geleitet. Das alles darf laut EU-Richtlinie nicht sein. Deshalb sollen die beiden Funktionen – Bachlauf und Abwasserkanal – entflechtet werden. Das hat der Stadtrat in seiner letzten Sitzung beschlossen.

Allerdings nicht ohne Diskussion. Denn das Bauvorhaben wird teuer. Schätzungen gehen von rund sieben Millionen Euro aus. Die Stadt kann aber mit großzügigen Fördermitteln rechnen und muss von der Gesamtsumme nur etwa 500 000 Euro selbst bezahlen.

Stadtrat Roland Schreckenbach (Freie Wähler) verwies darauf, dass die Fördermittel letztendlich trotzdem Steuergelder seien, auch wenn der Eigenanteil der Stadt gering ist. Das Argument für bessere Wasserqualität ließ er nicht gelten. Denn in der Elbe fließe beides wieder zusammen. Zustimmung für das Vorhaben gab es von den Grünen. Nur vier Prozent der sächsischen Gewässer seien in gutem ökologischen Zustand, sagte Fraktionschefin Eva Oehmichen. Damit sei der Freistaat das Schlusslicht in Deutschland. Ihre Fraktion begrüße deshalb einen naturnahen Verlauf des Lößnitzbachs. Jan Mücke (FDP) sagte, er habe Vertrauen in die Fachbehörden, wenn diese nach jahrelanger Beschäftigung mit dem Thema erklären, dass es nicht anders geht. Bei diesem Fördersatz gebe es keinen Grund pingelig zu sein. „Weil wir es nicht bezahlen“, so Mücke.

Im nächsten Schritt sollen jetzt verschiedene Varianten untersucht werden, wo Bach und Abwasserkanal in Zukunft getrennt voneinander verlaufen könnten. Varainte 1 sieht vor, dass der Lößnitzbach die Kötzschenbrodaer Straße mittels Durchlass kreuzt und weiter unten auf der Elbwiese in einer natürlichen Mulde, die im 19. Jahrhundert noch einen Elbarm bildete, in einem Bogen zur Elbe fließt. Bei Variante 2 würde der Bach unterhalb von Serkowitz geradlinig zur Elbe fließen. Dadurch könnte die Wiese, die als Naturdenkmal „Elbtalgewässer Radebeul-Serkowitz“ ausgewiesen ist, besser geschützt werden. Allerdings gibt es bei diesem Verlauf, anders als bei Variante 1, kein natürliches Gefälle. Das neue Gewässerprofil müsste zwischen 1,60 Meter und 4,20 Meter tief ausgebaut werden.

Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) rechnet damit, dass bis zur Fertigstellung des Großprojekts zehn Jahre vergehen.