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In der Tier-WG hat die Eselin das Sagen

Dorf Wehlen

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Lange bevor Carmen Rudloff an der eingezäunten Weidefläche angekommen ist, hat die Eselin ihr Kommen bemerkt. „Mäuschen“, ruft sie. Die Eselstute stolziert neugierig heran, schnuppert an der Kiste, die ihre Besitzerin in der Hand hält und freut sich über die Zusatzration Futter. Wie die Eselin zu ihrem ungewöhnlichen Namen gekommen ist, kann ihre Halterin gar nicht so richtig erklären. „Es hat sich einfach so ergeben“, sagt sie.

Schon lange Esel gewünscht

Ungewöhnlich ist auch die Gesellschaft des braunen Huftieres. Es lebt gemeinsam mit drei Mutterschafen, mehreren Lämmern, einer Heidschnucke und zwei Pferden auf der Weide. Hund Loki, eine Mischung aus Schäferhund und Briard, schaut vorbei. Kurzer, prüfender Blick – alles in Ordnung. Er legt sich in gebührendem Abstand an den Wegrand und wendet sich Wichtigerem zu. Fast erinnert die Zusammenstellung an die Bremer Stadtmusikanten in teilweise neuer Besetzung. Im Gegensatz zum Grimmschen Märchen sind die Tiere in Wehlen nicht von ihren Besitzern aufs Abstellgleis gestellt worden – im Gegenteil. „Den Wunsch, einen Esel zu halten, hatte ich schon lange“, erzählt die Wehlenerin.

Im vergangenen Jahr wurde sie auf eine Annonce aufmerksam, fuhr mit ihrem Mann sonnabends los, um das Tier zu besichtigen. „Und am Sonntag gleich noch einmal, um es abzuholen“, sagt sie. Jetzt passt „Mäuschen“ auf die kleine Herde auf. Dass Esel bei einem Angriff von Feinden erst mal draufzugehen und nicht wie andere Tiere die Flucht ergreifen, könnte den Schafen zugute kommen. Doch das ist für Rudloffs gar nicht der Grund für die Anschaffung. „Der Esel soll zum Eselreiten ausgebildet werden“, erzählt Hans-Joachim Rudloff.

Mit dem Wirt der Wehlener Gaststätte „Zur Säge“, Falk Pusch, haben sie schon darüber gesprochen. Künftig soll das jetzt dreijährige Huftier an dem kleinen Spielplatz vor der Gaststätte seinen „Dienst“ verrichten.

Bis es reif genug dafür ist, wird es noch eine Weile dauern. Genauso wie Pferde für das Reiten ausgebildet werden, muss der Esel dafür ein „Unterrichtsprogramm“ absolvieren. Den Sattel fürs Eselreiten gibt es schon. „Der ist im Moment noch etwas groß“, sagt Carmen Rudloff. „Mäuschen“ wird hineinwachsen. Einige seiner Manieren muss das Tier für die Kinder allerdings noch überdenken und die richtigen Lektionen nehmen. Denn die Eselin wälzt sich mit Vorliebe im Dreck. Das würde bei den Kleinen sicherlich lustig ankommen. Fraglich wäre jedoch, ob sie dann auf ihr reiten wollten. Auch die Furcht vor Wasser könnte im Ausbildungsplan stehen. Zumindest sollte sie das Nass tolerieren lernen. Wenn „Mäuschen“ bei den „Hausaufgaben“ mal nicht weiter weiß, kann sie sich mit den beiden Pferden kurzschließen. Die wissen schon, was sich gehört. Denn Hans-Joachim Rudloff spannt sie seit April regelmäßig vor die Kutsche für Familien- oder Hochzeitsfahrten.

Während die Schafe sich schon lange nicht mehr für die neugierigen Besucher am Wegesrand interessieren, bleibt die Eselin stets in der Nähe des Zauns. Ein bisschen scheint es, als sei sie die „Chefin“ der bunten Herde.