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In die polnische Wildnis

Sechs Männer aus Nieder-Neundorf und Geheege fahren mit ihren Quads ins Nachbarland. Und haben dabei ein klares Ziel.

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© André Schulze

Von Katja Schlenker

Für einen, der so ein Ding hat, ist es ein Traum, sagt Frank Bartsch. Und meint mit Ding sein Quad. Der Traum besteht darin, mit dem Ding eine Tour zu machen. Denn: „Mit dem Auto kann jeder fahren“, sagt der Fünfzigjährige. „Fahrrad machen mittlerweile auch viele.“ Mit dem Quad Urlaub zu machen, ist noch nicht so üblich. Dabei handelt es sich um ein kleines Kraftfahrzeug mit vier Rädern. Ein bis drei Personen haben darauf Platz. Fünf weitere Männer kommen bei der Tour mit. Für zwei Wochen fahren die Nieder-Neundorfer und ein Geheeger ins Nachbarland Polen. Große Straßen wollen sie meiden, eher abseits auf ruhigeren Wegen fahren.

Wo sie entlang fahren, haben die Männer grob festgelegt. Aber zu viel planen wollen sie nicht. Dennoch ist eine Route auf einer großen Polen-Karte eingezeichnet. Start ist am östlichsten Punkt Deutschlands nahe Zentendorf. Die erste Station unterwegs ist Nysa, eine kleine Stadt nahe der polnisch-tschechischen Grenze. Bis dorthin sind es etwas mehr als 200 Kilometer. Da wollen sie schnell durchfahren, weil sie die Gegend kennen. Danach wird es spannend. Immer an der tschechischen Grenze entlang geht die Tour weiter bis zur Slowakei. Da fahren sie vielleicht mal einen Tag rüber, sagt Frank Bartsch. Dann kommt bald das Ziel, welches sich die Männergruppe gesetzt hat: Der östlichste Punkt Polens. Das Dorf heißt Zosin. Dort leben rund 200 Menschen.

Am Dorf entlang fließt auch der Fluss Bug. Über den führt eine Brücke in die Ukraine. Ein paar von den Männern nehmen ihre Reisepässe mit. Vielleicht schaffen sie es über die Grenze, um der Ukraine kurz einen Besuch abzustatten. Wenn das Ziel erreicht ist, geht es in Richtung Norden. Entweder auf polnischer oder ukrainischer Seite. Wie es sich ergibt. Etwa bis auf Höhe der weißrussischen Stadt Brest werden die Männer fahren. Dann wenden sie sich langsam wieder Richtung Deutschland zu. Südlich von Warschau geht es quer durch Polen zurück bis nach Nieder-Neundorf. An der Weichsel übernachten würde er gerne einmal, erzählt Frank Bartsch. Dort soll es auch ganz tolle Sandstrände geben. Die auszuprobieren, das wäre auch ein Traum.

Bereits vor drei Jahren hat der Nieder-Neundorfer gemeinsam mit drei Männern eine Quadtour durch den Norden Polens gemacht. Ihr Ziel damals: Die russische Grenze, erzählt Martin Riesner. Denn zwischen Polen und Litauen befindet sich seit 1946 eine mehr als 15 000 Quadratkilometer umfassende Exklave des größten Landes der Erde. Deren Hauptstadt ist Kaliningrad. Die Männer wollen gar nicht mal nach Russland rüber. Aber ein Foto, das wäre doch toll. Doch kurz vor der Grenze steht ein Schild, das anzeigt, dass die Durchfahrt verboten ist. Die Männer ignorieren es. Und dann dauert es nicht lange, bis ein Ordnungshüter mit dem Jeep angefahren kommt. Der verlangt erst mal Pässe. Am Ende geht aber alles gut. Der Beamte verlangt eine Strafe wegen des ignorierten Schildes. Und dann dürfen die Männer aus Nieder-Neundorf auch noch ihr Foto von der Grenze machen. Der Ordnungshüter ist kurz abgelenkt und dreht sich weg. Alles kein Problem.

Probleme gibt es aber mit mancher Frau. Die sind nämlich mitunter nicht begeistert von den Quadtouren. „Nicht jede macht das mit“, sagt Frank Bartsch. Aber die sechs Männer, die am Freitag auf Tour gegangen sind, haben das besprochen. Ihre Frauen lassen sie ziehen. Ab in die polnische Wildnis quasi. Viel mitnehmen werden sie nicht. Ein paar Ersatzklamotten. In wasserfeste Kleidung haben sie jedoch investiert. Denn beim letzten Mal haben die Klamotten das Wasser nicht ferngehalten. Ansonsten geht es bei der Tour nicht darum, schick auszusehen, sondern draußen zu sein, etwas zu erleben und das Quad auszutesten. Zwischen 8 000 und 12 000 Euro kostet so ein Fahrzeug. Auch in der Wartung ist es relativ intensiv, sagt Michael Bräuer, weil Quadfahren noch immer als Hobby gilt. Der Dreißigjährige wird erst in der zweiten Woche zu der Truppe stoßen, weil er nicht eher Urlaub bekommen hat.

Falls unterwegs etwas kaputtgeht, haben sie Werkzeug dabei. Dann wird selbst rumgeschraubt. Einige der Männer kennen sich aus, arbeiten in technischen Berufen. Bei der letzten Tour haben sie aber dennoch Hilfe gebraucht. Da ist an einem Quad der Motor zerflogen. Einzige Lösung: Ein Besuch in einer polnischen Werkstatt. Danach ist die Tour weitergegangen.