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Ist Genschmar der FDP-Rechtsaußen?

Die Parteimitglieder haben das Stadtratsmitglied aufgefordert, Partei und Fraktion zu verlassen. Aber er bleibt und geht weiter zu Pegida.

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© René Meinig

Von Andreas Weller

Einfach sei es nicht gewesen, aber es habe ihm auch keine schlaflosen Nächte bereitet, erinnert sich Jens Genschmar an die Tage vor dem FDP-Parteitag Mitte April. 27 Mitglieder hatten beantragt, Genschmar aufzufordern, aus Partei und Fraktion auszutreten oder als Stadtrat zurückzutreten.

Der Vorwurf: Genschmar habe nationalistische Tendenzen, das gehe aus seinen eigenen Äußerungen in sozialen Medien wie Facebook hervor. Genschmar schrieb dort beispielsweise, dass Menschen, die der Religion des Islam anhängen, in der „Mehrzahl“ zu „Terroristen“ erzogen würden, bezeichnete Politiker anderer Meinung als „Scheindemokraten“ und löschte auch keine hetzerischen Kommentarte von seiner Seite. Am Ende stimmten 37 der 66 anwesenden FDP-Mitglieder für den Antrag. Doch ohne Wirkung: Genschmar bleibt in der FDP. Jetzt sprach der Mann, der 14 Jahre für die Partei im Stadtrat sitzt, mit der SZ. „Ich sehe die FDP als meine politische Heimat und trete nicht zurück.“

Der Beschluss habe keinerlei Handhabe, schließlich ist es ja kein Parteiausschlussverfahren. „Ich habe von dem Antrag etwa eine Woche vor dem Parteitag erfahren“, so Genschmar. „Und war verwundert, das ausgerechnet in der Partei für Meinungsvielfalt zu erleben.“ Es habe aber auch nur eine Mehrheit von denen, die beim Parteitag waren, dafür gestimmt. Die FDP in Dresden hat knapp 400 Mitglieder. Dann kehrt er die Argumentation um: „Ich akzeptiere diese Strömung in der Partei.“

Die kritisierten Aussagen lägen zum Teil lange zurück, manche sind nicht von ihm, sondern Kommentare Dritter. Einige Äußerungen seien vielleicht „unglücklich“ gewesen. „Aber das ist auch meine private Seite, nicht als Politiker, und ich sage halt offen meine Meinung. Ich schäme mich für nichts.“ Er nehme Kritik an. „Ich bin aber keinesfalls rechts“, beteuert Genschmar. Ja, er gehe regelmäßig zu Pegida und werde das auch weiter tun und teilt auch Inhalte von den Organisatoren im Internet.

„Ich war aber auch bei Gegendemonstrationen.“ Es gehe ihm darum, über die Entwicklung in der Stadt Bescheid zu wissen. „Dadurch kenne ich mich auch bei Pegida aus.“ Auch habe es bereits Anfragen von der AfD gegeben, ob er wechseln wolle. „Genauso wie die hämischen Kommentare im Internet: Geh doch zur AfD“, erklärt der 49-Jährige, der das Fußball-Museum im Stadion betreibt. „Ich bin aber kein Profi-Fußballer, der sich Angebote machen lässt, sondern suche mir meine Partei aus. Das ist nach wie vor die FDP.“

Seine Gegner, vor allem junge FDP-Mitglieder, werfen Genschmar vor, er verbreite rechtsradikale Mythen von einem „System“, das in Deutschland herrsche. Und das habe dann nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun. Er als Stadtrat trage besondere Verantwortung und schade so der Partei. Die Unterstützer sehen das anders. Allen voran Fraktionschef Holger Zastrow findet den Vorgang „fatal“: „So ein Antrag und die Diskussion sind einer liberalen Partei nicht angemessen.“ Er spricht ebenfalls von der „Mehrheit eines Bruchteils“. Aber er sieht auch Probleme im Auftreten von Genschmar. „Jens muss auch mal eine Minute länger nachdenken, bevor er sich äußert und Kommentare im Internet löschen.“ Aber er möchte nicht auf seinen Stadtrat verzichten. Das könnte auch daran liegen, dass Genschmar bekannt ist, dadurch Stimmen bei Wahlen zieht und viele zahlungskräftige Sponsoren findet.