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Jägermeister hat neues Fasslager

Der Kräuterlikörhersteller baut sein Werk in Kamenz aus. 3,5 Millionen Euro wurden investiert. Ganz ohne Förderung.

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© René Plaul

Von Frank Oehl

Was ist ein weitgehend krisensicheres Geschäft? Der Spirituosenmarkt, heißt es. Getrunken wird immer, allerdings nicht immer das Richtige. Jägermeister geht gut. Pro Sekunde fließen weltweit 104 Kräuterliköre aus den berühmten kleinen Flaschen die Kehlen hinunter. Das verriet am Dienstagnachmittag Paolo Dell‘ Antonio. Der Vorstandssprecher der Mast-Jägermeister SE, von der Form her eine europäische Unternehmung, war extra von Wolfenbüttel nach Kamenz gekommen, um eine Millioneninvestition zu eröffnen.

Nach elfmonatiger Bauzeit, von der hinter dem großen Hauptgebäude im Gewerbegebiet am Ochsenberg kaum ein Unbeteiligter etwas mitbekommen hat, wurde jetzt das neue Eichenholzfasslager offiziell in Betrieb genommen. Am Nachmittag mit Stadtspitze und Presse, am Abend mit der 68-köpfigen Belegschaft des Unternehmens.

Eindrucksvolle Holztonnen

Für Kamenz wurden damit ganz neue Spirituosen-Perspektiven eröffnet, denn bisher gab es Eichenholzfässer nur am Jägermeister-Stammsitz in Wolfenbüttel. Die ersten zehn dieser eindrucksvollen Holztonnen made in Austria stehen bereits, in den kommenden Jahren sollen schrittweise weitere hinzukommen. Platz jedenfalls wurde für 80 der jeweils 10.000 Liter fassenden Behälter geschaffen.

Auf den knapp 1.600 Quadratmetern neuer Hallenfläche werde also in der Endausbaustufe bis zu 800.000 Liter Likörgrundstoff in Kamenz lagern.

Das ist ein Fingerzeig weit in die Zukunft des Standortes. Die Fässer sind schließlich von zentraler Bedeutung für die Produktion als Ganzes. Sie gelten als Herzstück der Jägermeister-Herstellung und werden in Handarbeit gefertigt – aus deutschem Eichenholz, das besonders gute Eigenschaften für die Reifung des Likörs besitzt. Sie dauert etwa ein Jahr, ehe aus dem Grundstoff, einer geheimen Mischung aus 56 (!) verschiedenen Kräutern, Blüten und Früchten sowie Alkohol und Wasser der unverwechselbare Jägermeister geworden ist.

Mit der Erweiterungsinvestition, die ganz ohne Fördermittel auskommt, beweist die Mast-Jägermeister SE vor allem Kontinuität. Seit 1995 wurde der Standort Kamenz systematisch ausgebaut. Erst 2010 war ein großes Alkohollager gebaut worden, dann wurde zwei Jahre später eine weitere Abfülllinie hierher geholt. Dell‘ Antonio: „Wir stehen in Kamenz für Nachhaltigkeit. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Unternehmensstrategie.“ So plane man vorausschauend auch mit Blick auf die Flexibilität der Produktion. „Wir wollen die hohe Nachfrage nach Jägermeister jederzeit zuverlässig und in gewohnt höchster Produktqualität decken“, so der Vorstandschef, der auch die ökologische Komponente betonte. „Wenn wir den Grundstoff selbst in Kamenz lagern und reifen lassen, brauchen wir ihn jedenfalls nicht über Land zu schicken.“ In Kamenz stehe nun das erste Eichenholzfasslager außerhalb des Jägermeister-Stammsitzes.

Besonderes Foto als Geschenk

Darüber freute sich auch Oberbürgermeister Roland Dantz. „Die gute Zusammenarbeit zwischen Jägermeister und der Stadt setzt sich nahtlos fort.“ Das Stadtoberhaupt schlug den Bogen im 25. Jahre des Mauerfalls bewusst zurück bis zum segensreichen Wirken der Familie Mast am Kamenzer Markt, wo praktisch ein ganzes Quartier in Schuss gebracht worden war. „Wir brauchen in Kamenz jeden industriellen Arbeitsplatz und sind froh, dass sich auch dank Jägermeister der Standort in Bernbruch so gut entwickelt.“ Davon, so Dell‘ Antonio, profitierten auch Firmen im Umfeld der Stadt. „Ohne uns würde es die Glashütte in Bernsdorf wohl gar nicht mehr geben.“

In Kamenz wird unter anderem die grüne 0,7-Liter-Flasche abgefüllt – für den deutschen und den Weltmarkt. Im vergangenen Jahr verließen rund 50 Millionen Flaschen die Hallen – 67 Prozent davon wurden exportiert. Die wichtigsten Auslandsmärkte sind Spanien, Tschechien, Kroatien und Rumänien. Der OB übergab dem Vorstandschef ein eingerahmtes Foto, das er auf seiner jüngsten China-Reise geschossen hatte. Selbst in Peking gehört „Jägermeister“ zum Straßenbild. So viel zu den Kamenzer Perspektiven.