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Jammern gilt nicht

Thomas Kupper hat mit dem Großenhainer FV scheinbar mühelos an die Vorsaison angeknüpft. Doch der Schein trügt.

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Mal stiller Analytiker, mal impulsiv auf der Bank: Thomas Kupper ist seit Sommer 2018 Trainer beim Großenhainer FV. Trotz vieler Verletzungen mischt sein Team auch in dieser Saison wieder oben mit.
Mal stiller Analytiker, mal impulsiv auf der Bank: Thomas Kupper ist seit Sommer 2018 Trainer beim Großenhainer FV. Trotz vieler Verletzungen mischt sein Team auch in dieser Saison wieder oben mit. © Matthias Kost

Von Thomas Riemer

Großenhain. Platz 4 nach der Hinrunde, den Podestplatz noch im Blick. Allerdings vor allem wegen vieler Verletzten keine leichte zweite Landesliga-Saison für den Großenhainer FV. Dennoch hat die Mannschaft um Trainer Thomas Kupper ihre Hausaufgaben gemacht. Wie es dazu kam und wie es weitergeht, verrät der 52-jährige Coach im SZ-Gespräch.

Herr Kupper, hatten Sie denn über den Jahreswechsel ausreichend Gelegenheit zum Abschalten? Wie haben Sie das gemacht?

Naja, am 27. Dezember hab ich die Jungs zum Training geholt, weil am nächsten Tag vereinsinternes Turnier war. Der Jahreswechsel ist traditionell privat in Familie und mit Freunden – ich war an der Ostsee. Das genieße ich jedes Mal und kann es nur weiterempfehlen. Um Fußball kümmere ich mich da nicht! Seit 14. Januar ist nun wieder normales Training.

Der GFV rangiert zur Winterpause auf dem 4. Platz. Haben Sie für die quasi „Fortsetzung“ der vorhergehenden Serie eine Erklärung?

Das ist letztlich Ausdruck der Arbeit, die alle geleistet haben – Mannschaft, Betreuer und das Umfeld. Wir haben von Anfang an sehr viel miteinander kommuniziert und uns als Mannschaft Etappenziele gesetzt. Wichtig war, gut in die Serie zu kommen. Denn allen war klar: Eine Fortsetzung der letzten Saison wird kein Selbstläufer. Die Mannschaft hat letztlich die Forderungen angenommen und mit wichtigen Siegen beantwortet.

Sie haben zum Amtsantritt als GFV-Trainer das Spielsystem in der Mannschaft umgestellt und orientieren - zumindest nach außen sichtbar - mehr auf den direkten Langpass- statt den Kurzpassweg auf die Offensivspieler. Warum?

Nun, Kurzpassspiel ist für uns natürlich auch eine Option, aber ich musste am Anfang erst einmal schauen, was ich für Spieler habe, welches Leistungsvermögen vorhanden ist. Den Akteuren wurden dann Punkte gegeben, an denen sie sich selbst orientieren können. Man hat schnell gemerkt: Die Spieler sind lernfähig, wissbegierig. Das hat es dann erleichtert, die einzelnen Charaktere in ein Spielsystem anzupassen.

Der GFV ist von teils schweren Verletzungen arg gebeutelt gewesen. Warum hat man das als Außenstehender eigentlich in den meisten Spielen überhaupt nicht gespürt?

Wir haben innerhalb des Teams mit Beginn der „Misere“ ganz offen die Schwere der Situation kommuniziert. Sollte man über die vielen Verletzten klagen oder das Beste draus machen? Als Trainer stehe ich dazu, die Ausfälle nicht als Ausrede für schwächere Spiele zuzulassen. Stattdessen ist es ja eine Chance für nachrückende Spieler. Darüber habe ich insbesondere mit den A-Junioren des Vereins gesprochen. Mehrere Spieler von dort haben die Chance genutzt, um sich anzubieten. Das ist gut so, und so wird es auch weiterhin sein.

Wie sieht denn die derzeitige Situation im „Lazarett“ aus. Rechnen Sie wieder mit einigen Rückkehrern?

Es ist ein klein wenig entspannter, aber grundsätzlich hat sich nicht so sehr viel verändert. Thomas Löffler ist wieder zurück, bei Tim Reichl besteht Grund zu Optimismus. Marcel Fricke und Clemens Krüger werden nach ihren Kreuzbandverletzungen weiterhin fehlen. Marcel befindet sich im Reha-Prozess, Clemens kann vielleicht demnächst mit ersten leichten Einheiten beginnen. 

Ein Fragezeichen steht noch hinter Matthias Walter, da sind noch ärztliche Untersuchungen im Laufen. Grundsätzlich müssen wir zusätzlich damit rechnen, dass es in der Rückrunde weitere Zwangspausen geben wird – durch Gelbsperren zum Beispiel.

Wird es neue Gesichter nach der Winterpause im Team geben? Oder setzt der GFV diesbezüglich weiterhin auf seine erfolgreichen A-Jugend-Kicker?

Ich halte einen „Wechsel-Aktionismus“ zum jetzigen Zeitpunkt einer Saison seit jeher für gefährlich. Es hat einige Gespräche mit Spielern gegeben, aber ich sage auch: Das muss passen. Und da muss man genau abwägen. Neu im Kader ist Christopher Beck (34/zuletzt Hainsberger SV - d. Red.). Er wollte gern zu uns kommen. Und ich denke, dass er auf jeden Fall viel Erfahrung und Charakter hat. 

Alles andere wird sich zeigen. Die sich anbietenden A-Jugend-Spieler spielen in meinen Plänen weiterhin eine große Rolle, weil ich der Auffassung bin, dass es manchmal gut ist, frühzeitig ins „tiefe Wasser“ geworfen zu werden. Natürlich müssen die jungen Spieler noch reifen und stets die geforderten Leistungen bringen.

Ihre Mannschaft verzichtete in der Vorbereitung weitgehend auf Hallenfußball- und Futsal-Turniere. Warum?

Ich bin kein großer Freund des Futsals. Aber das ist nicht der einzige Grund. Denn mit den Turnieren wären die Spieler wieder an den Wochenenden weg von der Familie. Aber: Es gibt auch noch andere Dinge im Leben! Jeder Spieler braucht mal eine Pause. Noch ein Grund: Hallenfußball birgt ein sehr großes Verletzungsrisiko – und das brauchen wir nun wirklich nicht.

Wie sieht Ihr „Plan“ für die Rückrunde aus? Geht der Blick auf die Medaillenränge? Oder zählt erst einmal die berühmte „40-Punkte-Regel“?

Wir haben den Anspruch, niemals „nach unten“ zu schauen, sondern auf uns und unsere Leistung. Es müssen verschiedene Komponenten passen: Familie, Studium, Arbeit der Spieler, Trainingsumfang und -qualität, Spiel- und Schiedsrichterglück und, und, und. Wenn das weitgehend stimmt, ist eine gute Rückrunde möglich. Wir streben dabei eher vordere Tabellenplätze an – aber gern darf es natürlich auch mehr sein!

Gibt es in der Serie für Sie „Knackpunkte“, zum Beispiel die beiden Kreisderbys gegen Radebeul und Riesa, zumal gegen beide in den Heimspielen nur ein Punkt heraussprang?

Ich befasse mich eigentlich nicht mit solchen Einzelspielen, sondern sehe das Gesamtpaket. Wenn das – in welchem Spiel auch immer – stimmt, wirft uns auch eine Niederlage nicht um. Dann geht die Saison trotzdem weiter. Mir ist wichtig, dass sich die Mannschaft weiterentwickelt. Natürlich will ich gern jedes Spiel gewinnen, und Derbys haben dabei einen besonderen Reiz. Aber bei allem sollten wir eine gewisse Lockerheit im Umgang mit der Sache Fußball nicht vergessen. Denn: Es ist im Amateurbereich NUR die schönste Nebensache der Welt.