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Jugend voran

Für zwei Wochen übernehmen Lehrlinge das Möbelhaus Porta in Görlitz und damit jede Menge Verantwortung.

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© nikolaischmidt.de

Von Matthias Klaus

Görlitz. Küchenfronten, Elektrogeräte von Backofen bis Kühlschrank, Kunden beraten, Räume ausmessen – eigentlich ist das Celine Willes derzeitige Berufswelt. Die 20-Jährige aus Kromlau ist Lehrling im dritten Jahr im Möbelhaus Porta in Görlitz. Ja, sagt sie, der Job macht Spaß. Bis jetzt jedenfalls. Denn seit ein paar Tagen hat Celine Wille eine neue Aufgabe: Sie ist Verwaltungsleiterin für das gesamte Görlitzer Porta-Haus geworden. Ein Karrieresprung mit vorheriger Ansage sozusagen. Denn Celine Willes neuer Job ist Teil eines Projektes: Azubis übernehmen Porta. Seit 2006 gibt es das. Zwei Wochen lang steuert der Möbelhaus-Nachwuchs die Geschicke des Unternehmens – mit den „echten“ Experten im Hintergrund natürlich. Sie stehen bereit, im Fall des Falles helfend einzugreifen.

Insgesamt machen neun Lehrlinge in diesem Jahr mit. Vom Lager bis hin zur Dekoration sind sie in allen Abteilungen eingesetzt. „Über die Jahre hat die Qualität der Aktion stark zugenommen“, schätzt Porta-Geschäftsleiterin Isolde Mudra ein. Während anfangs zum Abschluss des Vorhabens nur die einzelnen Abteilungen vorgestellt wurden, dürfen die Lehrlinge heute ihre Arbeit, ihre Erfahrungen vor einem Gremium präsentieren. Das besteht unter anderem aus Vertretern des Berufsschulzentrums und der Porta-Geschäftsführung. „Einen Einfluss auf den Abschluss hat das Ganze aber nicht“, sagt Isolde Mudra. Vielmehr sollen die Lehrlinge Verantwortung übernehmen lernen, die Bindung zum Unternehmen gestärkt werden.

Verantwortung – davon hat Celine Wille jetzt jede Menge. Die Arbeit am Computer steht an erster Stelle, außerdem der enge Kontakt zur Chefin. „Man muss sich sehr viel absprechen“, sagt Celine Wille. Aktuell hat sie eine besondere Veranstaltung auf dem Plan, das Moonlight-Shopping im November. Aber auch das gehört zu den Pflichten der Verwaltungsleiterin: die obligatorische Brandschutzunterweisung der Mitarbeiter. Es gefalle ihr, trotz oder gerade wegen der übertragenen Verantwortung. Aber Kunden beraten in der Küchenabteilung, nun ja, das mache eben auch Spaß. „Es ist schon erstaunlich, was in den jungen Leuten steckt“, sagt Isolde Mudra. Im täglichen „Normalbetrieb“ bekomme man das gar nicht so mit. Mit der Aktion soll den Azubis zudem gezeigt werden, wie sie als Gruppe zusammenarbeiten. Eine Herausforderung sind dabei die unterschiedlichen Lehrjahre, die damit verbundenen unterschiedlichen Kenntnisse und Fähigkeiten.

Kai Gottsmann ist 18 Jahre alt und im ersten Lehrjahr. Der Görlitzer trägt derzeit den klangvollen Titel Abteilungsleiter Quartier. Das bedeutet, er ist für das „Junge Wohnen“ im Erdgeschoss verantwortlich. „Da kam dann doch mehr auf mich zu, als ich erwartet habe“, sagt er. Zu seinen Aufgaben gehören nun nicht nur die täglichen Absprachen mit den Mitarbeitern und das Checken von E-Mails, sondern auch die Übersicht über Ware zu behalten, die neu geliefert wird, sie in seinem Quartier einzuplanen. „Die meisten unserer Kunden sind sehr jung und ein Großteil der Ware kann gleich mitgenommen werden“, schildert er. Wie seine berufliche Zukunft genau aussehen wird – Kai Gottsmann weiß es noch nicht. Erst einmal die Ausbildung fertig machen, das stehe an erster Stelle. „Vielleicht studiere ich ja danach noch“, sagt er.

Kai Gottsmann ist über ein Jahr EQJ an den Job gekommen, über die Einstiegsqualifizierung von Jugendlichen, einer Art betrieblichem Langzeitpraktikum, einer Brücke zur Ausbildung. Für Porta ist EQJ ein wichtiges Thema. „Wir können damit gut einschätzen, ob jemand zu uns passt oder nicht“, sagt Isolde Mudra. Denn Fachkräfte zu finden, sei auch für ein Möbelhaus heute gar nicht so einfach. Dann muss die Geschäftsleiterin aber los. Verwaltungschefin Celine Wille winkt bereits im Hintergrund: „Frau Mudra, ich hab da mal eine Frage...“