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Jugendliche verticken Drogen

Die Mehrheit der Tatverdächtigen ist unter 21. Die Polizei legt ein Augenmerk auf die Schulen.

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© Armin/dpa

Von Nina Schirmer

Radebeul. Sie wollten sich auch mal etwas kaufen können. Keine Smartphones oder teure Markenklamotten. Es ging ihnen nicht um Luxus. Eher darum, gelegentlich eine Pizza zu holen. Ein bisschen Geld für sich zu haben. Dieser Wunsch ließ das Radebeuler Geschwisterpaar zu Drogendealern werden. 2017 wurde die Polizei auf sie aufmerksam.

Hier wird gerade ein Joint gedreht.
Hier wird gerade ein Joint gedreht. © Daniel Karmann / dpa

Darüber berichtet Jörg Kretzschmar, Leiter Kriminaldienst im Meißner Revier, kürzlich im Sozialausschuss der Stadt. Die Familie der Geschwister habe wenig Geld. Mit den Drogen – es waren kleine Mengen – haben sich die Jugendlichen ihr Taschengeld verdient, das sie von den Eltern nicht bekamen. „Das waren keine großen Dealer“, sagt der Kripochef. Bei solchen Fällen denke er sich selber, dass das Mist ist für die Jugendlichen. Trotzdem muss die Polizei die Sache ernst nehmen. Denn die jungen Radebeuler haben nun mal gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen.

Insgesamt sind der Polizei im Stadtgebiet Radebeul im letzten Jahr 39 Rauschgiftdelikte bekannt geworden. In den allermeisten Fällen wurden Leute beim Drogenkonsum erwischt. Handel beziehungsweise Schmuggel von Rauschgift konnte in fünf Fällen nachgewiesen werden. Dreimal kam die Polizei Leuten auf die Schliche, die „gärtnerisch tätig“ wurden, wie Kretzschmar es ausdrückt. Fälle also, in denen Cannabis angebaut wurde.

Unter den Tatverdächtigen sind im Vergleich zu anderen Straftaten eine höhere Anzahl junger Leute. Elf Jugendliche (14 bis 18 Jahre) und zehn Heranwachsende (18 bis 21 Jahre) wurden mit Drogendelikten erwischt. Außerdem 18 Erwachsene über 21 Jahre. Unter den Tatverdächtigen sei nur ein Nicht-Deutscher, sagt Kretzschmar. Fälle, in denen Kinder bis 14 Jahre mit illegalen Drogen zu tun hatten, sind der Polizei im letzten Jahr nicht bekannt geworden.

Das muss jedoch nicht automatisch bedeuten, dass es sie nicht gab. Denn die Zahlen zeigen immer nur den Gipfel des Eisbergs. Diejenigen, die nicht erwischt wurden, tauchen in der Polizeistatistik logischerweise auch nicht auf. Deshalb kann Kretzschmar auch nicht sagen, ob die Zahl der Drogendelikte wirklich zurückgegangen ist, auch wenn es in der Statistik auf den ersten Blick so aussieht. 2015 gab es in Radebeul noch 62 Rauschgiftdelikte, ein Jahr zuvor waren es sogar 109. Doch Ausschläge nach oben gebe es immer dann, wenn die Polizei sehr aktiv wird und beispielsweise verdeckt vorgeht, sagt der Kripochef. Wird mehr ermittelt, fliegen auch mehr auf.

Gerade weil unter den Tatverdächtigen vergleichsweise viele junge Leute sind, haben die Polizisten auch die Schulen im Auge. Im gesamten Revier Meißen werden sie ein- bis zweimal im Monat an Schulen gerufen, weil dort Drogen gefunden wurden, sagt der Kripochef. Schwerpunktschulen, an denen immer wieder Drogen konsumiert oder verkauft werden, gebe es aber nicht. Die Schulen arbeiteten mit der Polizei überwiegend sehr offen zusammen, sagt Kretzschmar. Wenn, dann scheiterten die Polizisten eher mal am Elternhaus der jungen Konsumenten oder Dealern. Gerade in finanziell schwacheren Schichten sei es für die Eltern oft schwerer, noch Einfluss auf ihre Kinder zu nehmen.

Am häufigsten wurde in Radebeul im letzten Jahr Cannabis und Crystal konsumiert und verkauft. Vereinzelt auch Heroin und Kokain. Darauf angesprochen, wo in der Stadt Drogen konsumiert werden, will der Kriminaldienstleiter jedoch nicht genauer antworten. Es gebe in Radebeul schon Schwerpunktorte. Die seien der Polizei zwar bekannt, er möchte sie aber bewusst nicht öffentlich machen, so Kretzschmar. Denn seine Kollegen ermittelten dort auch in Zivil.

Grundsätzlich sei es so, dass derjenige, der Drogen möchte, auch an den Stoff rankommt. Aber die Polizei wolle verhindern, dass eine offene Szene entsteht. Im Vergleich mit Meißen und Riesa sind den Beamten in Radebeul 2017 deutlich weniger Drogendelikte bekannt geworden.