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Jugendliche wollen ernst genommen werden

An diesem Wochenende finden die letzten Jugendweihen des Jahres statt. Die SZ sprach mit Organisatorin Birgit Gäbler.

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© Sebastian Schultz

Dörthe Gromes

Landkreis Meißen. Die Jugendweihe ist nach wie vor sehr beliebt. Allein der größte Anbieter – der Sächsische Verband für Jugendarbeit und Jugendweihe – hat dieses Jahr 12 000 Weihen im Freistaat durchgeführt. Zum Vergleich: Für eine Konfirmation entschieden sich 4 900 und für eine Firmung knapp 1 000 junge Menschen in Sachsen.

Birgit Gäbler ist seit 2005 selbstständige Jugendweihe-Anbieterin in Großenhain und Riesa. Für die studierte Biologielehrerin und frühere Pionierleiterin war die Organisation von Jugendweihen eine berufliche Neuorientierung nach der Wende.

Frau Gäbler, wie haben Sie denn Ihre eigene Jugendweihe erlebt?

Das war 1971 in Naundorf und ich erinnere mich nach wie vor gern daran. Ich habe das damals nicht als Pflichtveranstaltung empfunden. Sogar meine Geschenke habe ich noch aufgehoben: ein Taschentuchbehälter, Handtücher, Bettwäsche und sechs Kaffeelöffel. Wenn ich das den Jugendlichen heute erzähle, amüsieren die sich darüber.

Sind heute die Geschenke das Wichtigste an der Jugendweihe?

Ach, die Geschenke haben doch immer eine große Rolle gespielt. Doch seit wir den ideologischen Ballast aus DDR-Tagen losgeworden sind, haben wir die Chance, wieder den ursprünglichen Kern der Jugendweihe zu entdecken.

Und welcher Kern ist das?

Die Jugendweihe entstand Mitte des 19. Jahrhunderts als Alternative zu Konfirmation und Firmung in der freireligiösen und freidenkerischen Bewegung. Man wollte den Übergang vom Kind zum Erwachsenen undogmatisch gestalten. Für die Jugendlichen geht es darum, von ihren Eltern als Heranwachsende ernst genommen zu werden, die Kindheit bewusst loszulassen und allmählich Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.

Wie bereiten sich die Jugendlichen auf die Weihe vor?

Das ist von Anbieter zu Anbieter sehr verschieden. Ich biete im Verlauf von acht Monaten insgesamt vier Jugendstunden an. Wir sprechen zum Beispiel über die eigene Kindheit. Auch ermutige ich die Jugendlichen, auf ihrer Feier eine eigene kleine Rede zu halten. Dann fahren wir noch einen Tag nach Berlin: Wir besuchen den Bundestag und Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett.

Aber ist das heute überhaupt noch zeitgemäß?

Die Resonanz von den Jugendlichen und ihren Eltern ist sehr positiv. Nach der Feierstunde sagen viele: „Macht weiter so!“ Es gibt ein grundlegendes Bedürfnis, solche Lebensübergänge bewusst zu gestalten.

Jugendweihen wird es also auch zukünftig geben?

Davon bin ich überzeugt. Zumindest in den neuen Bundesländern ist die Jugendweihe ein fester Bestandteil der Gesellschaft geworden.

Worin besteht für Sie der Reiz, jedes Jahr diese Feiern zu organisieren?

Ich brenne einfach für diese Arbeit. Mein Angebot habe ich selbst entwickelt. Es macht mir enorm viel Spaß, die jungen Leute ein Stück auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Nicht zuletzt bleibe ich durch den Kontakt mit ihnen auch technikmäßig auf dem neuesten Stand.