SZ + Update Döbeln
Merken

Kachelmanns neueste Messstation

Die „Prärieanlage“ im Muldental soll ab sofort präzise Wetterdaten sammeln. Die wollen vor allem Landwirte nutzen.

Von Verena Toth
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Deutschlands bekanntester Wetterexperte Jörg Kachelmann (vorn links) hat gemeinsam mit Landwirt Torsten Krawczyk die deutschlandweit bislang einzige autarke Wetterstation am Muldeufer in Betrieb genommen.
Deutschlands bekanntester Wetterexperte Jörg Kachelmann (vorn links) hat gemeinsam mit Landwirt Torsten Krawczyk die deutschlandweit bislang einzige autarke Wetterstation am Muldeufer in Betrieb genommen. © Dietmar Thomas

Westewitz. Sie sieht eigentlich unscheinbar aus: die in Deutschland bisher einzige und erste autarke Wetterstation des Messnetzes Meteosol. Der Zehn-Meter-Mast, der in einem massiven Betonsockel direkt am Muldeufer im idyllischen Westewitzer Flusstal steht, soll ab sofort besonders präzise Wetterdaten und -prognosen für die Landwirte liefern.

Deshalb legt Deutschlands bekanntester Wetterexperte Jörg Kachelmann am Donnerstagnachmittag auch ganz besonders viel Wert darauf, dass die Messgeräte für Temperatur, Wind, Luft- und Blattfeuchte sowie Niederschlagsmenge und Bodenfeuchte auch korrekt ausgerichtet und angebracht sind. Da muss der Wettermann zunächst mit Hilfe eines Kompasses auf dem Smartphone noch einmal genau ausloten, wo Norden ist, damit der Windmesser in zehn Metern Höhe auch wissenschaftlich verwertbare Daten liefern kann. „Ich weiß, dass ich damit eine Nervensäge sein kann“, lacht der Meteorologe. „Aber je genauer die Messgeräte arbeiten, desto präziser können wir die Daten verarbeiten und verlässliche Prognosen erstellen“, so Kachelmann.

Gemeinsam mit Torsten Krawczyk, dem Chef des landwirtschaftlichen Familienbetriebes in Westewitz, und Thomas Gehrke, Vorstandsmitglied der Spezialversicherung Vereinigte Hagel, hat der Wettermann aus der Schweiz die Anlage am Donnerstag offiziell in Betrieb genommen. Sie ist Teil eines Messstationennetzes, das der Meteorologe mit der Versicherung, die sich auf die Landwirtschaft spezialisiert hat, deutschlandweit aufbaut. Damit werden Wetterdaten und -prognosen speziell für die Landwirtschaft gesammelt und zur Verfügung gestellt. 

„Unsere Kunden sind gleichzeitig unsere Mitglieder und können diese Daten deshalb kostenlos nutzen“, so Thomas Gehrke. Die Landwirte können die Daten bequem per Smartphone-App in Echtzeit abrufen oder diese auch für präzisere Prognosen und Wetterdaten für ihre Felder aus dem Internet auf ihren Computerbildschirm holen. Rund 2.000 Euro kostet der Aufbau einer solchen Wetterstation, die Wartung übernehmen die Landwirte selbst.

Bislang existieren 320 Messstellen des Netzes, die aber nur per WLAN-Anschluss Daten sammeln und weiterleiten können. Eine solche Anlage steht auch schon auf dem Gelände des Westewitzer Landgutes.

„Ich schätze die Messtation sehr. Das erste, was ich morgens nach dem Aufstehen tue, ist, die Daten auf dem Handy abzurufen. Daran kann ich beispielsweise genau sehen, ob und wieviel es bei uns geregnet hat. Danach kann ich die Arbeiten planen, die wir in der folgenden Woche auf unseren Feldern erledigen müssen“, erklärt Marcel Hanke. Der 30-Jährige ist als Pflanzenbauleiter im Landgut Westewitz für die Bewirtschaftung von 360 Hektar Fläche verantwortlich. 

Mit der neuen Messstation kann er künftig über noch speziellere Daten in Echtzeit verfügen. „Dort wird auch die sogenannte Blattfeuchte gemessen. Damit kann ich entscheiden, ob und wieviel Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden muss, ob der Boden zu nass oder zu trocken ist und wie die Wetterprognose für die nächsten Tage aussieht“, so Hanke.

Die Anlage am Muldeufer direkt neben dem bekannten Westewitzer Hochwehr, die Kachelmann scherzhaft auch als „Prärieanlage“ bezeichnet, ist die erste autarke Station, die als Übertragungsweg das Mobilfunknetz nutzt und somit fernab von Bebauungen in Betrieb gehen kann. 

„Es gab bislang noch keine Wettermessstation im Muldental. Dieser Standort hier ist aber ein ganz besonderer. Durch die Tallage gibt es ein Mikroklima, das wiederum besondere Daten für unsere Auswertung liefert“, macht Kachelmann deutlich. Er erklärt weiter, dass seine Anlagen mit großen Genauigkeit Daten sammeln und somit für die Landwirte entsprechend wichtige Informationen liefern können.

„Alle reden über den Klimawandel, aber keiner versteht das Wetter. Doch vor allem für uns Landwirte ist es immens wichtig, nicht nur möglichst präzise zu wissen, wie das Wetter heute und morgen wird“, sagt Torsten Krawczyk, der vor wenigen Monaten die Präsidentschaft des sächsischen Landesbauernverbandes übernommen hat. 

Entscheidend sei für die Bauern auch, rückblickend herausfinden zu können, wie viel Niederschlag tatsächlich in der vergangenen Saison gefallen ist. „So konnten wir beispielsweise sehen, dass der Sommer in diesem Jahr niederschlagsmäßig gar nicht so schlecht war, wie oftmals behauptet.“

Mehr lokale Nachrichten aus Döbeln lesen Sie hier.