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Kaffeekannen – und sonst gar nichts

Ein kleines Museum in Lichtenstein besitzt einige Hundert – auch ein Mokkakännchen von Stasi-Chef Mielke.

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Von Carola Benz

Wer in der Gaststätte „Zur Krone“ in Lichtenstein-Heinrichsort einkehrt, sollte sich vorsichtig bewegen. Auf dem Tresen, auf den Fensterbrettern, selbst auf den Stufen zum Saal stehen Kaffeekannen – mehrere Hundert an der Zahl. „Das ist eher einfaches Zeug“, erklärt Bernd Feustel. Die richtige Sammlung, das 1. Sächsische Kaffeekannenmuseum, hat er in einer ehemaligen Wohnung über der Gaststube eingerichtet.

Der Wirt führt Besucher selbst durch die Räume, erzählt Geschichten zu einzelnen Exemplaren und beantwortet Fragen, denn mit der Beschriftung hapert es noch. „Mir fehlt einfach die Zeit“, sagt der 59-Jährige, der das Museum privat betreibt. Auf Regalen, in beleuchteten Wandschränken und auf dem Fußboden stehen massenweise Kannen und Kännchen, die meisten aus Porzellan, einige auch aus Silber, Messing und Keramik.

Kunst und Kitsch

In die „Kitschecke“ gehören Katzen und ein Fußball mit Deckel und Ausgießer aus England. Hinter Glas wird eine etwa 130 Jahre alte viereckige Kanne im viktorianischen Stil aus Südafrika aufbewahrt. Gastro-Stapelgeschirr gibt es, auch eine Kanne mit Filz-Wärmehülle aus Moskau. Ein in Colditz für Stasi-Chef Mielke gefertigtes Mokkakännchen hat noch keinen Platz.

„Eigentlich interessiert mich nur Porzellan“, gibt Feustel zu. Er hat sich intensiv mit Firmen und Marken befasst und liegt nach eigenen Worten selten falsch, wenn er die Herkunft eines ihm angebotenen Stückes auf den ersten Blick deutet. Allein im deutschen Raum soll es seit der Erfindung des europäischen Porzellans durch Johann Friedrich Böttger 465 Manufakturen gegeben haben, von denen nur wenige noch vorhanden sind. „Bisher sind 120 vertreten. Wenigstens eine Kanne aus jeder Manufaktur wäre toll“, sagt der Sammler.

Doch er schränkt selber ein, dass Kaffeekannen ein Gebrauchsgut sind, dem oft keine lange Lebensdauer beschieden ist. Ein 150 Jahre altes Gefäß zu ergattern, sei schon ein Glücksfall. Und wertvolle historische Stücke befänden sich zumeist in Werks- oder Kunstmuseen. Dennoch lässt sich in Heinrichsort die Entwicklung deutscher Porzellanzentren recht gut nachvollziehen. Da gibt es die Thüringer und oberfränkische Ecke, aber auch längst vergessene Marken. Selbst Besucher aus der Region sind verblüfft, dass es im nahen Zwickau noch bis vor 80 Jahren mit der Firma Unger einen bedeutenden Porzellanhersteller gab. Feustel weiß sogar, wann dort der letzte Brand den Ofen verließ.

Bis zum dritten Geburtstag des Museums am 9. September steht Feustel große Räumerei bevor. Alles muss neu nach Herstellern und Zeiträumen geordnet und beschriftet werden. „Dann lasse ich von jeder Marke nur das Beste stehen.“

Angefangen hat hier alles mit Geschenken. Eines Tages seien zwei Gäste der Meinung gewesen, dass in den schönen alten Schrank in der Gaststube zwei Kaffeekannen gehörten, erzählt Feustel. Kurz darauf seien sie mit zwei Kannen wiedergekommen und wenig später noch einmal mit einer dritten Frau und – drei Kannen. (ddp)

Museum in Lichtenstein, Ortsteil Heinrichsort, geöffnet sonnabends von 11 bis 18 und sonntags von 11 bis 17 Uhr