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Neuer Verein will Arbeitskräfte aus Afrika nach Kamenz holen

Viele Firmen suchen händeringend Arbeitskräfte. Wie eine Schulleiterin im Ruhestand und ein Mann aus Benin, der in Deutschland lebt, ihnen helfen wollen.

Von Reiner Hanke
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Elouge Zondeogan (r.) stammt aus dem westafrikanischen Benin und hat den neuen Verein Sowutu in Kamenz mitgegründet. Er möchte Arbeitskräfte aus Afrika zur Ausbildung nach Deutschland holen.
Elouge Zondeogan (r.) stammt aus dem westafrikanischen Benin und hat den neuen Verein Sowutu in Kamenz mitgegründet. Er möchte Arbeitskräfte aus Afrika zur Ausbildung nach Deutschland holen. © privat

Kamenz/Nebelschütz. Vor fünf Jahren ist die frühere Geschäftsführerin der HEC Fachschule in Kamenz in den Ruhestand gegangen. Doch jetzt hat sie noch einmal ein großes Projekt gestartet: Das hat mit Afrika zu tun und mit dem Fachkräftemangel in Deutschland. Das Projekt nennt sich Sowutu, was im afrikanischen Benin soviel wie "Hoffnung" oder "Zukunft gestalten" heißt. Und das will der gleichnamige, neu gegründete Verein, dessen Vorsitzende Marlies Richter ist. Von dem Projekt soll die afrikanische wie die deutsche Seite profitieren.

Dazu nutzt der Verein unter anderem Kontakte, die die Gemeinde Nebelschütz schon vor Jahren mit Benin in Westafrika geknüpft hatte. Diese Partnerschaft will der Verein nun mit neuen Themen beleben und intensivieren - und seine Vereinsarbeit auch auf weitere westafrikanische Länder ausdehnen. Etwa 30 Mitglieder aus Deutschland, Polen Tschechien und Benin hat der Verein derzeit.

Früher leitete Marlies Richter die Fachschule HEC in Kamenz. Jetzt nutzt sie ihre Berufserfahrung für ein Projekt, das Menschen aus Westafrika und zugleich Firmen in Deutschland helfen soll.
Früher leitete Marlies Richter die Fachschule HEC in Kamenz. Jetzt nutzt sie ihre Berufserfahrung für ein Projekt, das Menschen aus Westafrika und zugleich Firmen in Deutschland helfen soll. © Matthias Schumann

Inzwischen sei sie intensiv dabei, das Fachkräfte-Projekt bekannt zu machen und vorzubereiten, sagt Marlies Richter. Dabei stützt sich die Vereinsvorsitzende auch auf ihre beruflichen Erfahrungen, als sie Kontakte nach Asien aufbaute, um Pflegekräfte fürs Gesundheitswesen auszubilden.

Damit das in ähnlicher Form, aber nicht nur beschränkt auf die Pflege, auch mit Afrika klappt, hat die Vereinschefin Elouge Zondeogan aus Benin an ihrer Seite. Er lebt und arbeitet schon seit längerer Zeit in Deutschland und bringt seine Erfahrungen von hier und aus Benin zusammen. Und er verfügt über die nötigen Kontakte in seine Heimat.

Verein will vor allem das Handwerk als Partner gewinnen

Die jungen Leute aus Afrika sollen nach den Vorstellungen des Vereins mindestens fünf Jahre in Deutschland bleiben, inklusive einer Ausbildung. Am Anfang sollte ein Praktikum stehen, um auszutesten, wie die Afrikaner mit der deutschen Sprache zurechtkommen. Mit einigen Unternehmen habe sie sich bereits in Verbindung gesetzt, die Interesse haben könnten, mitzuwirken, berichtet Marlies Richter.

Vor allem das Handwerk mit seinen Nachwuchssorgen will der Verein ansprechen und überhaupt möglichst viele hier ansässige Firmen gewinnen, aber auch anderweitig versuchen, viele Türen zu öffnen, damit das Projekt gelingt. Ein erstes Gespräch im Landratsamt habe es gegeben. „Es ist ja zuallererst zu klären, wie wir die interessierten Menschen herholen, in Ausbildung und Jobs bringen können“, sagt Marlies Richter.

IHK: Die bürokratischen Hürden sind hoch

Lars Fiehler, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer in Dresden, findet das Vereinskonzept wirklich gut. Gerade Afrika liege als potenzieller Wirtschaftspartner noch viel zu weit unter dem Radar, sagt er. Da seien auch junge Fachleute, die in die Welt drängen. Und Deutschland habe ein gutes Ausbildungssystem. Er könne die Idee nur unterstützen, sagt Fiehler.

Es sei aber schwierig für Menschen aus Nicht-EU-Ländern, auf den deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu kommen. Vom Visum über eine Arbeitserlaubnis bis zur Anerkennung von Abschlüssen - die bürokratischen Hürden seien hoch. Erleichterungen sollen wohl zum Jahresende kommen. Das Ganze müsse letztlich auch auf Gegenseitigkeit beruhen, betont Fiehler.

Genau das will der Verein erreichen. Ein Teil der Menschen werde bleiben, ein Teil aber auch seine Erfahrungen und sein Wissen mitnehmen, um in der Heimat etwas aufzubauen, sagt Marlies Richter. Ähnliche Erfahrungen habe sie schon mit den Pflegekräften aus Asien gemacht.

Austausch mit Gymnasium in Bischofswerda geplant

Im September findet in Dresden ein Deutsch-Afrikanischer Kongress statt. Dann kommt auch der Bürgermeister der Nebelschützer Partnerstadt Ouidah aus Benin nach Deutschland. Er wird den Verein treffen, und auch eine Vereinbarung zum Schüler- und Lehreraustausch mit dem Gymnasium in Bischofswerda soll dann unterzeichnet werden.

Ouidah ist eine Hafenstadt mit dunkler Geschichte. Von hier wurden früher Sklaven in alle Welt verschifft. In den vergangenen Jahren sei viel für den Wohnungs- und Straßenbau getan worden, berichtet Marlies Richter, zugleich seien aber auch Dürren und Hungersnot an der Tagesordnung: „Vieles kann das Land eben nicht aus eigener Kraft schaffen.“

So wirbt Marlies Richter auch für ein vom Bund finanziertes Programm, das Fachleute im Rentenalter anspricht. Sie können als Senioren-Experten für eine gewisse Zeit nach Afrika gehen und den Kontinent als erfahrene Fachkraft zu unterstützen. Auch auf diese Weise will der Verein Sowutu dazu beitragen, Westafrika Hoffnung zu geben.

Kontakt zum Verein Sowutu: Marlies Richter 035792 50900 oder [email protected], www.sowutu.de