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Kamenz besitzt jetzt ein besonderes Lessing-Bildnis

Das Gemälde, das zu Lessings Lebzeiten entstand, war lange unbekannt. Bevor es in neuer Schönheit präsentiert werden konnte, waren Detektiv- und Überzeugungsarbeit nötig.

Von Reiner Hanke
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Birka Siwczyk ist Leiterin der Arbeitsstelle für Lessingrezeption. Ihr gelang es, ein bisher unbekanntes Lessing-Bildnis nach Kamenz zu holen.
Birka Siwczyk ist Leiterin der Arbeitsstelle für Lessingrezeption. Ihr gelang es, ein bisher unbekanntes Lessing-Bildnis nach Kamenz zu holen. © Matthias Schumann

Kamenz. Es ist eine kleine Sensation: Der Stadt Kamenz ist es gelungen, ein bisher der Lessingforschung unbekanntes Porträt ihres berühmtesten Sohnes, des Dichters Gotthold Ephraim Lessing, zu erwerben. Das ist um so bedeutsamer, weil es nicht viele Bildnisse des Aufklärers gibt, die zu Lebzeiten entstanden sind.

Das Gemälde aus dem 18. Jahrhundert wurde jetzt zu den Lessingtagen in einer Veranstaltung der Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption in Kooperation mit den Städtischen Sammlungen Kamenz präsentiert. Dem gingen hartnäckige Recherchearbeit und eine spannende Geschichte voraus.

Die begann schon vor über zehn Jahren 2009, als Birka Siwczyk, die Leiterin der Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption in Kamenz, die Sonderausstellung „Lessing im Porträt“ vorbereitete. Der Fokus lag auch hier auf Bildern, die zu Lebzeiten des Dichters entstanden.

Lessing-Bildnis befand sich im Besitz eines Arztes

Damals sei sie einem Tipp aus der zweiten Lessingstadt Wolfenbüttel gefolgt. Der betraf ein Lessingbildnis in privatem Besitz eines Arztes. Wie eine Detektivin folgte die Kamenzerin der Spur. Sie führte nach Braunschweig. Dort konnte der Besitzer 2011 ausfindig gemacht werden.

Der Zustand des Bildes sei schlecht gewesen, der Besitzer aber aufgeschlossen und einverstanden mit einer Restaurierung. Das Gemälde konnte immerhin gesichert werden. Der Besitzer habe auch über eine Dauerleihgabe nachgedacht.

Allerdings sei dann leider einige Jahre gar nichts passiert, berichtet Birka Siwczyk. Der Knackpunkt waren wohl die Kosten für die Restaurierung des Gemäldes. „Erst 2021 stimmte der Besitzer nach einiger Mühe meinerseits einem Verkauf zu“, berichtet die Leiterin der Arbeitsstelle.

Fördermittel vom Bund und vom Land Sachsen machten schließlich den Erwerb sowie die Restaurierung des stark beschädigten Gemäldes möglich. Die sei sehr aufwendig, aber auch interessant gewesen.

Ölgemälde wies etliche Schäden auf

Der Dresdner Diplomrestaurator Thaddäus Gulde habe die Aufgabe übernommen. Gulde arbeitete bereits zuvor für Kamenz und restaurierte unter anderem ein Gemäldepaar von Johann Christoph Frisch zu Lessings „Nathan der Weise“.

Schäden an Gewebe waren zu beheben, an der Grundierung und an den Farbschichten. Schimmel unter dem Firnis kam zutage, Stockflecken, Farbabhebungen, abgelöste Leinwand, Übermalungen, Retuschen.

Nun ist Lessing auf dem Ölgemälde, das eine Größe von rund 85 mal 71 Zentimetern hat, vor dem Hintergrund einer angedeuteten Bibliothek, die ein Vorhang freigibt, zu betrachten. Das 1776 entstandene Lessingporträt kommt aus der Werkstatt von Georg Anton Abraham Urlaub. Er stammt aus einer weitverzweigten Malerfamilie, neben seinem Onkel Georg Anton Urlaub ist er das bekannteste Mitglied dieser fränkischen Familie.

Ring an Lessings Finger wurde später gemalt

Nach wie vor berge das Bild aber auch Rätsel, schätzt die Expertin ein. Lessing sei im Alter von 47 Jahren, fünf Jahre vor seinem Tod, gemalt worden. Es sei nicht bekannt, unter welchen Umständen das Gemälde entstand. „Lessing trägt am kleinen Finger der rechten Hand einen Ring. Erkennbar ist eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Das Sinnbild für die Ewigkeit, Anfang und Ende." Der Ring sei aber etwas später aufgetragen worden. Lessing wurde 1776 zum Hofrat ernannt. So trägt er möglicherweise aus diesem Grund eine Kleidung mit aufwendiger Stickerei.

Außerdem werde das Bild auch immer von seiner Restaurierungsgeschichte erzählen. Denn der originale Urzustand habe sich aufgrund der vielen Schäden nicht wieder komplett herstellen lassen. „Trotzdem erstrahlt das Bildnis jetzt in neuer Schönheit“, so Birka Siwczyk.

Das Gemälde befindet sich jetzt im Fundus des Lessing-Museums, so Leiterin Dr. Sylke Kaufmann. Nach dem anstehenden Umbau soll es voraussichtlich die Ausstellung bereichern.