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Jägermeister erweitert sein Werk in Kamenz

Vor 30 Jahren setzte Jägermeister den ersten Spatenstich in Kamenz. Nun erweitert der Likör-Konzern den Standort um ein riesiges Fasslager.

Von Torsten Hilscher
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Drei Männer im Schnee mit Hirsch: Jägermeister-Vorstand Christopher Ratsch, Mehrheitsgesellschafter Florian Rehm und Oberbürgermeister Roland Dantz (v.l.) beim ersten Spatenstich für das neue Fasslager von Jägermeister in Kamenz.
Drei Männer im Schnee mit Hirsch: Jägermeister-Vorstand Christopher Ratsch, Mehrheitsgesellschafter Florian Rehm und Oberbürgermeister Roland Dantz (v.l.) beim ersten Spatenstich für das neue Fasslager von Jägermeister in Kamenz. © Matthias Schumann

Kamenz. Christopher Ratsch hat genau nachgerechnet: "Vor fast 11.000 Tagen haben wir hier in Kamenz unseren ersten Grundstein gelegt." Der Jägermeister-Chef ist an diesem verschneiten Dienstag mit seiner Führungsmannschaft und einem Vertreter der Eigentümergemeinschaft vom Stammsitz Wolfenbüttel in die Westlausitz gekommen, um für das Osteuropa-Werk des Kräuterlikörspezialisten den nächsten großen Schritt zu vollziehen - den Bau eines neuen Fasslagers.

Es soll im ersten Halbjahr 2025 fertig sein und Platz für 225 Eichenholzfässer bieten. Die Investitionskosten liegen nach Firmenangaben im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Subventionen flossen nicht, sagt Ratsch auf Nachfrage.

Der Entwurf für die lichte Holzkonstruktion des Lagers stammt vom Architekturbüro Code Unique. Die Dresdner zeichneten bislang unter anderem für das moderne Stadtarchiv in Greifswald und für die neue Polizeidirektion in Zwickau verantwortlich. In Dresden sind ihr Neubau des Programmkinos Ost, das Jugendzentrum Jugendkirche Johannstadt, aber auch die Erweiterungen des Marie-Curie-Gymnasiums und der Schwimmhalle an der Freiberger Straße bekannt.

Die Planungsphase für das Kamenzer Fasslager begann 2022, erste firmeninterne Überlegungen für den Standortausbau wurden bereits Ende 2019 angestellt, sagt Kai Behrmann, Senior Vice President Supply Chain Management bei Jägermeister. Der Neubau soll eine begrünte Fassade und Solarpaneele auf dem Dach erhalten. Ein erstes Lager mit 82 Fässern wurde 2014 in Betrieb genommen. Dort wie auch im künftigen Neubau reift der Likör. Die Herstellung des Jägermeisters erfolgt nach wie vor im niedersächsischen Wolfenbüttel.

Lagerkapazitäten werden mehr als verdoppelt

Ein jedes der Fässer fasst 10.000 Liter. Nach Inbetriebnahme werden immer fünf der Kolosse mit Schläuchen zusammengeschlossen, damit - allein unter Ausnutzung der Schwerkraft und ohne Zuhilfenahme von Pumpentechnik - der Likör in gleichbleibender Qualität für die spätere Abfüllung zusammengeführt werden kann. "Abgefüllt wird sowohl in Kamenz als auch in Wolfenbüttel-Linden", erklärt Berndt Finke.

Der promovierte Ernährungswissenschaftler ist Leiter für Produktion und Qualität und damit auch zuständig für den Grundstoff, der, wie er betont, noch immer nach dem seit 1934 gültigen Originalrezept aus 56 Kräutern besteht. Finke ist es auch, der mit einem Kollegen die streng geheime Rezeptur hütet, die nach seinen Aussagen auf einem Laptop in einem Tresor seines Arbeitsbereichs am Hauptsitz verborgen ist.

Doch zurück nach Kamenz. Finke zufolge sind Reifung und Abfüllung im Verhältnis 60:40 zwischen den beiden Standorten verteilt: 40 Prozent finden in Kamenz statt, 60 Prozent in Wolfenbüttel. Das zeige die gewachsene und wachsende Bedeutung von Kamenz. Ursprünglich fungierte der Standort "nur" als Abfüllbetrieb. Inzwischen jedoch arbeiten in Kamenz 63 Menschen, weltweit sind es 1.000.

Ständige Investitionen am sächsischen Standort

Erst kürzlich hat der Konzern in Kamenz eine neue Verpackungsmaschine für Kleinstflaschen in Betrieb genommen. Pro Stunde laufen dort 40.000 "Mini-Meister" übers Band. Auch für die Kamenzer Bereiche Technik, Lagerlogistik und IT werde weiter regelmäßig Geld in die Hand genommen, betont der Konzern. Der Kräuterlikör wird in 153 Ländern vertrieben. Im Jahr 2022 setzte man 121 Millionen Flaschen der 0,7-Liter-Größe ab.

So soll das neue Fasslager von Jägermeister in Kamenz einmal aussehen. Es wird Platz für 225 Eichenholzfässer bieten.
So soll das neue Fasslager von Jägermeister in Kamenz einmal aussehen. Es wird Platz für 225 Eichenholzfässer bieten. © Entwurf: Code Unique, Dresden; Repro: Matthias Schumann

Mit dem Kamenzer Neubau entstehe eines der modernsten Fasslager in Europa, so Finke. Das Lager ist allerdings kein Lager im klassischen Sinne. Laut Finke reift hier das, was einmal einen guten Kräuter ergeben soll, ein Jahr lang. Davor wurden die Kräuterbestandteile 40 Tage lang aufgelöst oder mazeriert, wie es im Fachjargon heißt. Später wurde dieser Sud unter anderem mit Wasser, Alkohol und Zucker "gestreckt".

Finke ist sichtbar froh über die zusätzlichen Platzkapazitäten in Kamenz. Schließlich seien die bestehenden 82 Fässer fast voll. Froh und stolz zeigte sich am Dienstag auch Roland Dantz. Der Kamenzer Oberbürgermeister (parteilos) erinnerte an die Anfänge des Werks. Diese hätten zunächst aus einem 30 Hektar großen "Acker" bestanden, mehr nicht. Die Stadt habe damals einen unglaublichen wirtschaftlichen Umbruch erlebt, bei dem viele Bürger ihre Jobs verloren. "Dann (aber) kam das Zeichen der Familie Mast", sagte Dantz unter Bezugnahme auf die Gründerfamilie.

Die Stadtverwaltung ihrerseits habe schnell und unbürokratisch agiert, was letztlich den Ausschlag für die Ansiedlung gegeben habe. "Wir sind dankbar, dass Sie vor 30 Jahren diesen Schritt gegangen sind, dass Sie in den darauffolgenden Jahren dabei geblieben sind und dass Sie nun diesen nächsten wichtigen Schritt gehen", sagte der OB an die Vorstände gewandt. "Das ist ein gutes Zeichen in der Region, das ist ein gutes Zeichen für unsere Stadt." Zugleich erwähnte er die zugesagte Unterstützung des Konzerns für die bevorstehenden 800-Jahr-Feierlichkeiten von Kamenz im Jahr 2025.