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Bäcker hört mit 55 auf - und geht auf Weltreise

Seit 25 Jahren führt Michael Schlappa die Bäckerei in Räckelwitz. Doch jetzt hat er andere Pläne. So geht es mit seinem Betrieb weiter.

Von Heike Garten
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Therese Martin übernimmt von Michael Schlappa die Bäckerei in Räckelwitz, denn er hat andere Pläne für seine Zukunft.
Therese Martin übernimmt von Michael Schlappa die Bäckerei in Räckelwitz, denn er hat andere Pläne für seine Zukunft. © Matthias Schumann

Räckelwitz. Es duftet lecker nach Kuchen, Brot und Brötchen. In der Backstube der Bäckerei Schlappa in Räckelwitz ist ein großer Teil der Arbeiten an diesem Vormittag bereits geschafft, die frischen Backwaren liegen in der Auslage im Verkaufsraum. Das soll auch in Zukunft so bleiben, obwohl Bäckermeister Michael Schlappa seinen Rückzug aus dem Geschäft angekündigt hat.

Seit 1996 führt Michael Schlappa die Bäckerei in Räckelwitz. Er hatte sie damals von seinem Vater übernommen. "Es war selbstverständlich, dass ich in den Betrieb einsteige und ihn einmal übernehme", blickt er zurück. In den 25 vergangenen Jahren hat er es geschafft, dass die Bäckerei ihrem guten Ruf treu geblieben ist. Neben dem Geschäft in Räckelwitz gibt es inzwischen auch eine Filiale in Kamenz-Jesau. Zehn Mitarbeiter sind in der Bäckerei beschäftigt.

Michael Schlappa macht mit 55 Schluss

Doch das Leben bietet mehr als nur Arbeit, findet Michael Schlappa. Und deshalb zieht er jetzt, obwohl er erst 54 ist, einen Schlussstrich unter sein Berufsleben. "Mit meinem 55. Geburtstag höre ich auf, auf die Woche genau", sagt er. Dabei handele es sich keineswegs um einen spontanen Entschluss, sondern einen mit reiflicher Überlegung.

Schon zu seinem 50. Geburtstag habe er darüber nachgedacht, was die Zukunft bringen soll. "Die zwei Kinder sind erwachsen und gehen ihren Weg. Der Betrieb steht auf soliden Füßen, und nach 25 Jahren ist Zeit für eine Veränderung. Warum also nicht das Leben noch ein wenig genießen?", meint Michael Schlappa.

Die Bäckerei aber einfach zu schließen, das kam für den Räckelwitzer nie infrage. Er suchte ganz bewusst nach einem Nachfolger und ist fündig geworden. Therese Martin heißt die Frau, die am 1. April offiziell die Bäckerei übernimmt. Sie ist gelernte Bäckerin, Meisterin und auch seit vielen Jahren in verschiedenen Prüfungskommissionen der Branche tätig– hat also jede Menge Erfahrung.

Schon in den Ferien in der Bäckerei gearbeitet

Bei Therese Martin stimmt der Spruch "Zurück zu den Wurzeln", denn die 37-Jährige stammt aus Räckelwitz. "Ich habe als Jugendliche sogar schon einmal in den Ferien in der Bäckerei Schlappa gearbeitet", blickt sie zurück. Das Handwerk selbst erlernte sie bei einem Bäcker in Panschwitz, arbeitete dann in diesem Beruf in Dresden. "Wir kannten uns, unsere Wege haben sich immer wieder mal gekreuzt", sagt Michael Schlappa. "Eigentlich haben wir uns nie aus den Augen verloren", ergänzt Therese Martin.

Zur Kamenzer Gewerbemesse "Wir" vor vier Jahren gab es einen erneuten Kontakt beim dortigen Kuchen-Wettbewerb mit Verkostung. Dabei kam das Gespräch darauf, dass Therese Martin sich vielleicht selbstständig machen will und Michael Schlappa einen Nachfolger sucht. Der Kontakt wurde intensiviert. "Vor drei Jahren trafen wir uns zu konkreten Gesprächen in der Bäckerei", erzählt die Bäckermeisterin.

Nachfolgerin zog mit Familie zurück nach Räckelwitz

Zwischenzeitlich hatte Michael Schlappa auch schon einiges für den Übergang vorbereitet. Das Ehepaar Schlappa baute für sich in der Nachbarschaft eine Wohnung aus, damit die Nachfolgerin in die Wohnung über der Bäckerei ziehen kann. Vor knapp zwei Jahren war es dann soweit, dass Therese Martin mit ihrem Mann und den beiden Kindern nach Räckelwitz gezogen ist. Seitdem arbeitet sie in der Bäckerei Schlappa mit. Den Betrieb wie auch das Grundstück wird sie kaufen.

Man merkt ihr an, dass sie sich in dem Betrieb in Räckelwitz wohlfühlt. "Es ist ein bisschen wie früher, meine Eltern wohnen hier, und das Dorfleben hat seinen besonderen Reiz", sagt sie. Und die Arbeit sei fast genauso wie in dem anderen Betrieb, in dem sie beschäftigt war. Das zeitige Aufstehen gehört dazu, genauso wie eine etwas andere Zeiteinteilung am Tag. Doch die Familie kennt die Situation, kann damit gut umgehen und trotzdem viel Zeit miteinander verbringen.

"Hier in der Region gibt es Backwaren, die in Dresden nicht so üblich waren", sagt Therese Martin. Sie denkt dabei zum Beispiel an die Gebäcke zur Vogelhochzeit oder zu Ostern. Ansonsten wird sie als Chefin auch eine Menge betriebswirtschaftliche Aufgaben zu leisten haben, eben die Bäckerei führen. Und da gehört neben der Backstube auch das Büro zu ihrem Arbeitsort.

Auf Weltreise mit Jeep und Zelt auf dem Dach

Michael Schlappa schätzt an seiner Nachfolgerin vor allem den jugendlichen Elan und die fachliche Kompetenz. "Sie ist eine Spitzenkraft, kreiert neue Produkte, die sehr gut bei unseren Kunden ankommen", sagt er. Aus der Bäckerei Schlappa wird die Bäckerei Martin. Ein neues Firmenlogo gibt es bereits.

Michael Schlappa kann also entspannt in die Zukunft blicken. Er will mit seiner Frau auf eine Art Weltreise gehen. In einem Jeep mit Zelt auf dem Dach könnten sie im Frühjahr nächsten Jahres starten. "Ein genaues Ziel gibt es nicht, alles wird spontan entschieden", sagt Schlappa. Auf jeden Fall wollen sie nach Russland. Überhaupt steht Osteuropa bei ihnen hoch im Kurs. Sie können sich aber auch vorstellen, mal bei einer Weinlese oder einer Olivenernte mitzumachen.

"Und wenn die Reise zwei Jahre dauert, dann ist es eben so, danach sehen wir weiter. Helfende Hände werden immer und überall gebraucht, vielleicht auch in der Bäckerei Martin", sagt Michael Schlappa. Sorgen um seine Bäckerei braucht er sich jedenfalls nicht zu machen.