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Karl Mays erste Zeitschrift zurück in Radebeul

Das Indianer-Museum ist jetzt im Besitz einer absoluten Rarität des berühmten Schriftstellers.

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Von Peter Redlich

Hinter diesem Stück waren Mitarbeiter Hans Grunert und Karl-May-Museumschef René Wagner schon lange her. Brauner Einband, goldene Prägeschrift. Der komplette gebundene Jahrgang der Zeitschrift „Schacht und Hütte“ von der Nummer 1 bis zur Nummer 52. Redaktion, Druck und Verlag: Münchmeyer in Dresden. Autor und Herausgeber: Karl May.

Jede Woche kam von September 1875 bis September 1876 so ein Heft heraus. Sechs Reichspfennige kostete eine Zeitschrift. Es war die erste selbstständige journalistische Tätigkeit des berühmten Abenteuerschriftstellers, von dem es heute mehr als 200 Millionen Bücher gibt. Von der Zeitschrift „Schacht und Hütte“ gab es allerdings nur einen Jahrgang, dann wurde sie eingestellt. Drei Exemplare sollen noch existieren. Eins beim Karl-May-Verlag in Bamberg. Ein weiteres bei einem Privatmann in Dresden. Das wahrscheinlich besterhaltene besitzt jetzt das Karl-May-Museum. Museumsdirektor René Wagner: „Wir konnten den gebundenen Jahrgang komplett erwerben und sind sehr froh, jetzt diese Rarität zu besitzen.“

Über den Preis schweigen sich Verkäufer Reinhard Gusky und das Museum aus. Es sei ein vierstelliger Betrag, der in zwei Raten bezahlt wird. Spender haben den Kauf ermöglicht.

Reinhard Gusky, der bisherige Besitzer, ist Mitglied der Karl-May-Gesellschaft und sagt von sich selbst, Deutschlands größter Karl-May-Fan zu sein. Schon zu DDR-Zeiten sammelte er über Jahrzehnte alles, was mit dem berühmten Sachsen zu tun hatte und haben könnte. Der heute 67-jährige sagt: „Mir ist wichtig, dass die Zeitschriften in gute Hände kommen.“ Bereits in den 1980er-Jahren hatte er den Band bei einem Auktionshaus in Pforzheim erworben. „Auch damals schon teuer“, sagt er. Auf einer Auktion würden Sammler für diese gebundene Ausgabe heute bis 10 000 Euro zahlen, sagt der May-Experte. René Wagner bestätigt den Wert. Die Einmaligkeiten wie diese Zeitschrift, das sind regelrechte Wertanlagen. Das Radebeuler Museum lebt davon, solche Originale zu besitzen, sagt Museumsdirektor Wagner. Es gelte, sie zu sichern, bevor sie bei Sammlern in aller Welt für die Öffentlichkeit verborgen bleiben.

Wie öffentlich die neue Rarität gemacht wird, steht allerdings noch nicht fest. Das empfindliche über 120 Jahre alte Papier verträgt kein Tageslicht. Mitarbeiter Hans Grunert kann sich vorstellen, dass der Band gemeinsam mit anderen Schriften Karl Mays in einer Ausstellung gezeigt und dort den Höhepunkt der Schau bilden wird. Möglicherweise kann der Band aber auch schon früher zu sehen sein. Grunert: „Wir überlegen, ihn in der Vitrine der Frühwerke Karl Mays im Museum zu zeigen.“

Vorschau auf Mays Karriere

Drin blättern werde jedoch auf keinen Fall möglich sein, sagt der Kustos. Er selbst nutzt den Band nur unter Kunstlicht und berührt die Seiten nur mit weißen Handschuhen. Was in den Zeitschriftenblättern geschrieben steht, galt für Jahrzehnte als verschollen. Karl Mays wichtigste Essays nennen sich „geografische Predigten“. Sein Leben und Streben habe der Schriftsteller dort schon vor seiner eigentlichen Karriere niedergeschrieben, sagt Grunert.

Experten bestätigen, dass daraus bereits viel abzulesen sei, was später gedanklicher Inhalt seiner Romane werden soll. Grunert: „May wollte mit der Zeitschrift Bildung vermitteln, vor allem unter Arbeitern in der Bergwerks- und Metallindustrie, deshalb der Titel ’Hütte und Schacht – Blätter zur Unterhaltung und Belehrung’.“ Doch das Magazin wurde schon nach einem Jahr eingestellt – wegen Abonnentenmangels.