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"Karneval ist bunt, nicht braun"

Die Karnevalshochburgen Köln und Düsseldorf beziehen in ihren Rosenmontagszügen deutlich Position gegen Rechtsextremismus.

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Ein Motivwagen in Düsseldorf: Im braunen Sumpf in Thüringen heben FDP und CDU den rechten Arm von Björn Höcke zum Hitlergruß. Mit den Rosenmontagszügen erreicht der rheinische Straßenkarneval seinen Höhepunkt.
Ein Motivwagen in Düsseldorf: Im braunen Sumpf in Thüringen heben FDP und CDU den rechten Arm von Björn Höcke zum Hitlergruß. Mit den Rosenmontagszügen erreicht der rheinische Straßenkarneval seinen Höhepunkt. © Federico Gambarini/dpa

Köln/Düsseldorf/Mainz. In Köln weint der Dom, Düsseldorf zeigt den Rassismus als tödliche Waffe, in Mainz lobt die "Landesmutter" ihre Narren für klare Kante: Die Karnevalshochburgen haben in den Rosenmontagszügen Position gegen Rechts bezogen. Satire müsse gerade auch die ernsten Themen kritisch begleiten, sagte der Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly. "Und Ernsteres als dieses Thema Rechtsterrorismus gibt es im Moment überhaupt nicht."

Das Wetter machte diesmal keinen Strich durch die Rechnung: Nachdem am Sonntag zahlreiche Umzüge wegen Sturms abgesagt worden waren, mussten die vielen hunderttausend Narren am Straßenrand diesmal nur dem Regen trotzen. Schlagersänger Roberto Blanco (82), der im Düsseldorfer Zug mitfuhr, versicherte: "Ich habe Sonne im Herzen."

"Uns Hätz schleiht för Hanau" - unser Herz schlägt für Hanau, stand auf dem Kölner Mottowagen zu dem offensichtlich rechtsextremistischen Anschlag. Die Wagenbauer hatten ihren Dom mit hängenden Turmspitzen und Tränen dargestellt. "Karneval ist bunt, nicht braun!", sagte Zugleiter Holger Kirsch der dpa. "Mit dem zusätzlichen Wagen gleich zu Beginn des Rosenmontagszuges wollen wir an die Opfer der schrecklichen Tat von Hanau erinnern und zugleich ein Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit setzen."

Karnevalisten in Köln erinnern vor Beginn des Rosenmontagszuges an die schrecklichen Ereignisse in Hanau.
Karnevalisten in Köln erinnern vor Beginn des Rosenmontagszuges an die schrecklichen Ereignisse in Hanau. © Roberto Pfeil/dpa
Köln: Teilnehmer und Besucher sammeln sich zum Rosenmontagszug.
Köln: Teilnehmer und Besucher sammeln sich zum Rosenmontagszug. © Oliver Berg/dpa
Karnevalisten in Köln.
Karnevalisten in Köln. © Oliver Berg/dpa (Archiv)
Hintereinander aufgereiht stehen die Motivwagen, darunter Björn Höcke.
Hintereinander aufgereiht stehen die Motivwagen, darunter Björn Höcke. © Bernd Thissen/dpa
Düsseldorf: Ein Motivwagen Iran/USA.
Düsseldorf: Ein Motivwagen Iran/USA. © Bernd Thissen/dpa
Düsseldorf: Polizisten sichern den Rosenmontagszug. 
Düsseldorf: Polizisten sichern den Rosenmontagszug.  © Bernd Thissen/dpa

Die Düsseldorfer stellten den Rassismus als Pistole dar, die aus dem Mund eines Mannes mit hochrotem Kopf ragt. Auf seiner Wange steht: "Aus Worten werden Taten!" "Es sind viele Täter", sagte Wagenbauer Tilly der dpa. "Es ist nicht nur einer, der geschossen hat. Diejenigen, die die Tat mental mit vorbereitet haben, tragen auch Verantwortung."

Fernsehmoderator Guido Cantz (48) lobte die schnellen und klaren Reaktionen der Karnevalisten auf den Anschlag von Hanau. "Ich finde das absolut richtig, Stellung zu beziehen. Es ist das richtige Zeichen."

In weiteren Mottowagen stellten die Düsseldorfer den Machtkampf in der CDU als Sackhüpfen zwischen Jens Spahn, Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen dar. Bei der SPD schwenkten die neuen Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ganz in Schwarz-Weiß ihre Fähnchen - Motto: "Wir bringen wieder Farbe in die SPD." Im braunen Sumpf von Thüringen hoben FDP und CDU den rechten Arm von Björn Höcke zum Hitlergruß. Dem grimmigen Coronavirus zeigte ein fröhlicher "Carnevals-Virus" eine lange Nase.

Robert Habeck reitet auf Greta-Thunberg-Welle

Im Mainzer Zug fuhr US-Präsident Donald Trump als römischer Kaiser und Brandstifter Nero mit. Thematisiert wurden auch die Protestbewegung in Hongkong, die "Freakshow des britischen Horrorclowns" Boris Johnson sowie deutsche Rüstungsexporte in die Türkei: Auf einem Panzer "Made in Germany" saß Präsident Recep Tayyip Erdogan und wurde beim Vorstoß nach Syrien vom russischen Präsidenten Wladimir Putin gesteuert. Noch-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wurde unterdessen von einem Thüringer Zwerg gestoppt.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte mit Blick auf die Reaktionen der Karnevalisten auf den Anschlag von Hanau: "Wir sind alle stolz auf die Mainzer Fastnacht, die wieder gezeigt hat, dass sie politisch ist und ausgesprochen hat, was viele denken."

Die Kölner Motivwagen zeigten die Abgeordneten im britischen Unterhaus als Skelette in einer endlosen Brexit-Debatte und Donald Trump als Horrorclown. Grünen-Chef Robert Habeck ritt auf einer Greta-Thunberg-Welle, und der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro stand vor verkohlten Samba-Tänzerinnen in einem abgebrannten Regenwald.(dpa)