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Keine gebührenfreie Kita in Sachsen

Berlin schafft als erstes Bundesland die Elternbeiträge für Kinderbetreuung ab. Sachsen hat andere Pläne.

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© Monika Skolimowska/dpa

Von Andrea Schawe

Berlin macht es seit 1. August: Eltern müssen für die Betreuung ihrer Kinder in Kitas oder bei Tagesmüttern keine Beiträge mehr zahlen. Künftig kostet die Kinderbetreuung auch für Kinder unter einem Jahr nichts mehr; die anderen fünf Jahre vor Schulbeginn waren in der Hauptstadt schon seit 2007 schrittweise beitragsfrei gestellt worden. Die Eltern müssen nur noch das Essen in den Kitas finanzieren – in der Regel 23 Euro monatlich. Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern haben die kostenlose Kita langfristig avisiert.

Das ist ganz im Sinne des Koalitionsvertrages von CDU und SPD im Bund: „Entlastung von Eltern bei den Gebühren bis hin zur Gebührenfreiheit“, ist in dem Papier als Ziel formuliert. In Sachsen stehen die Chancen dafür schlecht. Der Freistaat will auch in Zukunft nicht auf Elternbeträge für Kitaplätze verzichten – genauso wie Baden-Württemberg, Bayern, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. „Auf die Frage, ob es auch in Sachsen Pläne gibt, die Gebühren für den Kita-Besuch abzuschaffen, gibt es eine klare Antwort: Nein!“, sagt Dirk Reelfs, der Sprecher des Kultusministeriums.

Sachsen liegt mit seinen Kita-Gebühren deutschlandweit im oberen Mittelfeld. Nach der Ende Mai veröffentlichten Studie „Eltern Zoom 2018“ der Bertelsmann-Stiftung belegt der Freistaat den sechsten Rang. Der durchschnittliche Anteil am Haushaltsnettoeinkommen der Eltern ist nur in Rheinland-Pfalz, Hamburg, Bremen, Bayern und Berlin niedriger.

Doch die Elternbeiträge klaffen auf kommunaler Ebene weit auseinander. Nach Angaben des Kultusministeriums liegt der höchste Elternanteil für einen Krippenplatz bei 227 Euro pro Monat, während für den günstigsten Platz im gleichen Zeitraum lediglich 133 Euro zu zahlen sind. Der landesweite Durchschnitt aller erhobenen Elternanteile liegt bei etwa 190 Euro pro Krippenplatz. Ähnlich sieht es bei den Kosten für eine täglich neunstündige Betreuung in einem Kindergarten aus. Hier kostet der teuerste Platz die Eltern monatlich mehr als 150 Euro, der günstigste dagegen nur gut 81 Euro. Die Unterschiede resultieren vor allem aus den vor Ort anfallenden Betriebskosten pro Kita-Platz. Dazu können die Kommunen selbst festlegen, in welchem Umfang die Eltern daran beteiligt werden. Zahlreiche Kommunen haben kürzlich Erhöhungen angekündigt.

Neben dem kompletten Verzicht auf die Beiträge der Eltern nutzen andere Bundesländer mehrere Modelle. In Rheinland-Pfalz gibt es die Beitragsfreiheit für Kinder ab zwei Jahren bereits seit 2010. In Niedersachsen und Hessen ist die Kinderbetreuung ab 1. August für Kinder ab drei Jahren beitragsfrei. Bremen will diese Regelung im August 2019 übernehmen. Auch Brandenburg steigt ein: Ab 1. August müssen Eltern zunächst für das letzte Kita-Jahr kein Geld mehr zahlen. Genauso ist es in Thüringen und Nordrhein-Westfalen geregelt. In Hamburg sind bis zu fünf Stunden Betreuung pro Tag für die Eltern kostenlos.

Auch das ist in Sachsen nicht geplant. „Wir sollten eher darüber nachdenken, weiter in die Verbesserung der Kita-Qualität zu investieren“, sagt Kultussprecher Dirk Reelfs. Das würde auch dem Elternwillen entsprechen. In der vom Kultusministerium im Frühjahr durchgeführten Kita-Umfrage sprachen sich nur 2,9 Prozent der Eltern eindeutig dafür aus, die Beiträge zu senken. Zwei Drittel der Eltern wollen, dass sich die Qualität verbessert – die meisten befürworten einen besseren Personalschlüssel. Die Mehrheit der Eltern ist demnach auch bereit, dafür höhere Beiträge zu zahlen. Nur alleinerziehende Eltern sehen das anders. Wer wenig Geld hat oder armutsgefährdet ist, zahlt überproportional viel für einen Kita-Platz, so die Studie der Bertelsmann Stiftung. Jeder zehnte Euro aus der Familienkasse geht dann an die Kita, vor allem für Zusatzkosten wie Mittagessen, Ausflüge oder Bastelmaterialien.

Schon seit 2014 sinkt der Betreuungsschlüssel in den sächsischen Kitas. Am 1. September wird die letzte Stufe umgesetzt: Dann soll eine Erzieherin in der Krippe maximal fünf Kinder betreuen, im Kindergarten liegt das Verhältnis bei 1 zu 12. Sachsen will außerdem ab 2019 zusätzliche Zeit zur Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit im Kita-Gesetz verankern. Die Einführung der Vor- und Nachbereitungszeit führe „am ehesten, am schnellsten und am wirkungsvollsten“ zu einer „spürbaren Qualitätsverbesserung“ in den Kitas, sagte Kultusminister Christian Piwarz (CDU). Dafür werden 75 Millionen Euro pro Jahr investiert. Zwei Stunden sollen den Erziehern pro Woche zur Verfügung stehen. Das Kultusministerium rechnet mit einem zusätzlichen Fachkräftebedarf von etwa 1 350 Erziehern. (mit dpa, SZ/gs)