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Keine Gnade für den Riesaer Kickboxer

Auch Richter Peter Lames sieht in Sebastian Herzog einen Erwachsenen. Der 23-Jährige bleibt deshalb wegen Totschlags von Volkmar Bufe weiterhin zwölf Jahre in Haft.

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Die Erleichterung von Annett Bufe ist deutlich hörbar. „Gott sei dank“, sagt sie leise, als Richter Peter Lames gestern am Dresdner Landgericht das Urteil gegen Sebastian Herzog verkündet. Das Aufatmen ist nicht wertend gemeint. Es ist keine Freude, keine Genugtuung darüber, dass der junge Mann erneut zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden ist.

„Ich bin einfach nur froh, dass es vorbei ist. Ich will, dass Ruhe in meine Familie einkehrt, wir trauern können und uns nicht ständig mit dem Täter auseinander setzen müssen“, sagt die Treugeböhlaerin. Sie hätte deswegen niemals weitere Rechtsmittel eingelegt, auch wenn Sebastian Herzog zu einer geringeren Strafe verurteilt worden wäre. Dabei hätte Annett Bufe dazu wohl allen Grund gehabt, immerhin ist der heute 23-Jährige Schuld am Tod ihres Ehemannes.

Anwalt will Jugendstrafrecht

Herzog traf Volkmar Bufe am 23. Dezember 2008, trat ihn nieder und schlug ihm etwa 20 Mal mit der Faust ins Gesicht. Bufe fiel in ein Wachkoma und verstarb an den Folgen der Tat ein knappes Jahr später. Dafür wurde Herzog schon einmal verurteilt, zu zwölf Jahren wegen Totschlags – nach Erwachsenenstrafrecht. Sein Anwalt Wolfgang Patz ging in Revision, denn seiner Meinung nach hätte sein Mandant nach Jugendstrafrecht verurteilt werden müssen, weil er zum Tatzeitpunkt erst 20 Jahre war.

Patz gibt sich in seinem Plädoyer auch alle Mühe zu begründen, warum Herzog eben doch als Jugendlicher anzusehen ist. Er weist auf die Jugendgerichtshilfe hin, auf eine Bewährungshelferin, auf einen Gefängnisstationsaufseher. Alle beschreiben Sebastian Herzog als wenig lernfähig, als bockig, trotzig, aufbrausend – eben jugendlich.

Auch das Auftreten Herzogs bei dessen letzter Freundin führt Patz als Indiz für jugendhaftes Verhalten an. Ihr gaukelte der 23-Jährige eine Scheinwelt vor. Er gehe arbeiten in der Försterei, erzählte ihr Geschichten von seinen angeblichen Kollegen, und kaufte sogar mit dem Vater seiner Freundin entsprechende Arbeitskleidung. „Er hatte eine Überlebensstrategie, aber er kalkulierte nicht ein, dass er auffliegen könnte“, argumentiert Patz. Das alles seien für den Rechtsanwalt Anhaltspunkte, dass ein Mandant zum Tatzeitpunkt noch kein ausgereifter Erwachsener gewesen sei und fordert deshalb siebeneinhalb Jahre Haft bei Anwendung des Jugendstrafrechtes.

Oberstaatsanwältin Karin Dietze sieht das etwas anders. Weder die Gewalt in der Familie, noch der Alkohol- und Drogenkonsum seien so gravierend gewesen, dass dies zu einer zurückgebliebenen Persönlichkeitsentwicklung geführt habe. Auch für das „Doppelleben“ mit der Ex-Freundin bedarf es einer erheblichen Voraussicht. „Er wusste genau, was die Gesellschaft eigentlich von ihm erwartete, lebte aber in seinem eigenen Wertesystem, in dem er all das genauso machte, wie er es für richtig hielt“, sagt Karin Dietze. Sein dissoziales Verhalten sei kein Zeichen eines Jugendlichen, sondern falsch entwickelter Wertvorstellungen. Das bisherige Strafmaß müsse deshalb bestehen bleiben.

Dissoziales Verhalten

Dem schließt sich letztlich auch Peter Lames an und verurteilt den Angeklagten erneut zu zwölf Jahren Haft nach Erwachsenenstrafrecht. Zwar bescheinigt er Sebastian Herzog, dass alle äußeren Merkmale dafür sprächen, dass er noch ein Jugendlicher ist. Das sei jedoch nur oberflächlich so. Weil sich Herzog ständig verschlossen habe, nie über seine Probleme sprach, wusste auch keiner wie er wirklich war.

Eine Gutachterin habe sich in der Haft erstmals wirklich mit ihm als Menschen auseinander gesetzt, so Lames. Er sehe in Herzog einen jungen Mann, der stets in der Lage sei, „den Schalter umzulegen“, sich dort zurechtfand, wo es sein musste, aber sonst in seiner eigenen Welt lebte. „Das sind Merkmale einer dissozialen Persönlichkeit, aber nicht eines Menschen, der sich noch entwickelt“, sagt Peter Lames. Daher käme für ihn Jugendstrafrecht nicht in Frage.

Lames gibt Herzog den Tipp, im Gefängnis ernsthaft an sich zu arbeiten. Dann bestehe die Möglichkeit auf eine Entlassung nach zwei Dritteln der Haftzeit. „Machen sie das nicht, dann ist die Gefahr groß, dass sie wieder eine ähnliche Tat begehen könnten und wieder eingesperrt werden“, so Lames.