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Kistenschleppen in der Arbeitsagentur

Die Agentur ist umgezogen. Jetzt liegt sie zentraler und ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

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© Anne Hübschmann

Von Susanne Plecher

Großenhain. Freitag und Montag fielen aus der Reihe. Am letzten Arbeitstag der vergangenen Woche sind die Kartons eingepackt worden, um sie am ersten Arbeitstag dieser Woche an anderer Stelle wieder auszupacken. Die Agentur für Arbeit ist umgezogen. Sie befindet sich nun nicht mehr am Marstall, sondern im Cottbuser Bahnhof.

Dort werden am Montag Möbel angeliefert und Kisten geschleppt. Zimmerpflanzen und Teetassen finden ein neues Zuhause. „Am Dienstag haben wir wieder Kunden mit Termin eingeladen. Bis dahin soll alles fertig sein“, sagt Berit Kasten. Selbst die Sprecherin der Arbeitsagentur, die normalerweise in Riesa anzutreffen ist, legt im neuen Domizil der Großenhainer Kollegen mit Hand an. „Das Gebäude am Marstall war einfach zu groß geworden“, erklärt sie, nur noch wenige Räume waren belegt.

Einen besseren Grund kann es für einen Umzug kaum geben. Bedeutet „zu groß geworden“ in diesem Zusammenhang doch einen eklatanten Rückgang der Arbeitslosenzahlen. Ein Blick auf die Statistik: Ende Dezember 2005 waren in Großenhain 4837 Menschen ohne Arbeit gemeldet, davon 521, die jünger als 25 Jahre alt waren. Ende März 2016 hingegen sind 1973 Arbeitslose registriert worden, von denen die Großenhainer Vermittler nur 575 betreuen. 104 von ihnen sind unter 25. Gleichzeitig sind allein im Bereich Großenhain 313 freie Stellen gemeldet worden. Im gesamten Agenturbezirk warten 1900 Arbeitsplätze auf eine passende Besetzung.

Keine Wartemarken

„Wir sind glücklicherweise weg von der Massenarbeitslosigkeit“, so Berit Kasten. Entsprechend haben sich auch die Arbeitsfelder ihrer Kollegen gewandelt. Sie beraten intensiver als früher – und zwar nicht nur diejenigen, die einen Job suchen, sondern auch jene, die ihn zu vergeben haben. Viele Arbeitgeber haben verstanden, dass sie selbst in die Ausbildung künftiger Facharbeiter investieren müssen, um geeignetes Personal für sich zu gewinnen. „Der Ausbildungsmarkt in der Region hat sich grundsätzlich gewandelt“, so Berit Kasten. Die Zeiten, in denen Kunden noch Arbeitssuchende hießen und Wartemarken ziehen mussten, waren allerdings auch am Marstall längst vorbei. Ähnlich lange heißt das Amt nun Agentur und versteht sich eher als Dienstleister denn als Verwalter.

Vor gut anderthalb Jahren ist die Entscheidung gefallen, den Standort Marstall aufzugeben und eine Liegenschaft im Stadtzentrum zu suchen. Die Stadtverwaltung zeigte sich sehr kooperativ, baute die erste Etage des Bahnhofsgebäudes für insgesamt 103 500 Euro nach den Wünschen des neuen Mieters um. Die Bundesagentur hat davon 32 700 Euro übernommen, und auch aus dem Förderprogramm „Stadtumbau Ost“ sind einige Tausend Euro geflossen. Der Mietvertrag ist zunächst für fünf Jahre abgeschlossen worden. Ein kompletter Rückzug aus der Röderstadt habe für die Arbeitsagentur nie zur Debatte gestanden, versichert die Behördensprecherin. „Es ist auch weiterhin unser Anspruch, in Großenhain präsent zu bleiben“, sagt sie.

Für die Kunden der Agentur bleibt der Weg zu den Beratern und Vermittlern sicher weiterhin ein schwieriger. Allerdings kommen sie nun besser hin. Die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel ist nirgendwo besser, und zum Stadtzentrum sind es nur wenige Hundert Meter. Fünf Stellplätze hat die Arbeitsagentur auf dem Parkplatz rechts vom Bahnhofsgebäude für ihre Kunden gemietet. Eine entsprechende Beschilderung ist in Arbeit. Das gilt auch für den Aufzug. Am Donnerstag überprüft der TÜV den Lift auf Herz und Nieren, danach wird er in Betrieb genommen.

Neue Büromöbel

Zu dem Zeitpunkt werden die vier Vermittlungsfachkräfte und zwei Berufsberater schon längst wieder ihrem Tagesgeschäft nachgehen und individuelle, persönliche Beratungsgespräche führen. Dafür werden Termine vergeben, damit sie ungestört und in Ruhe ablaufen können. Wer keine Einladung hat, wird von einem im Eingang platzierten Mitarbeiter eines Dresdner Sicherheitsdienstes freundlich, aber bestimmt auf die Riesaer Geschäftsstelle verwiesen. Inhaltlich wird sich für die Mitarbeiter in Großenhain nichts ändern. Neben dem neuen Arbeitsweg haben sie nun aber auch neue Büromöbel und höhenverstellbare Schreibtische. Die alten hatten rund 25 Jahre lang ihren Dienst getan.

Neue Adresse: Bahnhofstraße 4. Geöffnet: Mo., Di., Mi., Fr. von 8 bis 12 Uhr und Do. bis 18 Uhr.