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Klares Nein zu Ortsteil-Bürgerentscheiden

Auch in Zukunft wird so eine Abstimmung nur in der gesamten Stadt Glashütte möglich sein. Dafür gibt es gute Gründe.

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© dpa

Von Maik Brückner

Glashütte. Auch in Zukunft wird es in Glashütte keine Bürgerentscheide auf Ortsebene geben. Der Stadtrat sprach sich nach einer längeren Debatte mehrheitlich dagegen aus. Damit scheiterte der Antrag des Glashütter Ortschaftsrates. Dieser hatte Anfang Juni beantragt, einen 2014 abgeschafften Passus in der Hauptsatzung der Stadt wiedereinzuführen. Bis dahin waren „Bürgerentscheide und Bürgerbegehren in einzelnen Ortsteilen/Ortschaften“ möglich. Danach wurde der Vorschlag sowohl von der Stadt als auch vom Landratsamt geprüft. Die Initiative des Ortschaftsrates kommt nicht zufällig. Denn in Glashütte wird ein Thema seit Monaten kontrovers diskutiert: der Wieder- beziehungsweise der Neubau eines Stadtbades. Niemand weiß, wie die Bevölkerung darüber denkt. Einige fordern vehement den Wiederaufbau an der alten Stelle im Prießnitztal, andere plädieren für einen Neubau an anderer Stelle in der Kernstadt. Und wieder andere halten sowohl einen Wieder- als auch ein Neubau für reine Geldverschwendung. In einer Internetpetition hatten sich über 600 Bürger für den Neubau ausgesprochen. Glashütte hat aber knapp 7 000 Einwohner.

Da auch Bürgermeister Markus Dreßler (CDU) weiß, wie umstritten das Thema ist, plante er einen Bürgerentscheid. Die Bürger sollten entscheiden, ob sich die Stadt den millionenteuren Neubau am Folgenhang leisten soll, oder nicht. Entscheiden sollen das die Bewohner der gesamten Stadt, nicht nur die der Kernstadt. Die Glashütter Ortschaftsräte sehen das anders. Das Bad gehörte vor den Eingemeindungen zur Kernstadt, deshalb sollen nur die hier wohnen darüber entscheiden, so der Tenor. Die Stimmungslage im Ortschaftsrat ist indes klar. Darauf hatte Ortsvorsteher Maik Lehmann (Wählervereinigung Zeitlos) jüngst hingewiesen. Der Ortschaftsrat möchte gern einen Neubau. Falls das nicht zu realisieren ist, strebe man einen Wiederaufbau des beim Junihochwasser 2013 zerstörten Bades an. Um dieser Forderung Nachdruck zuverleihen, würden die Ortschaftsräte gern die Bevölkerung der Kernstadt um ihre Meinung fragen. „Bei einem Bürgerbegehren zeigt sich das Stimmungsbild der Bevölkerung“, begründete Lehmann den Vorstoß in der jüngsten Stadtratssitzung. Das sei früher in Glashütte möglich gewesen. Andere Kleinstädte in der Region hätten an der Regelung festgehalten. Deshalb sollte auch Glashütte diese Möglichkeit wieder einführen.

Hauptamtsleiterin Julienne Döring erklärte, man habe „wohlwollend“ geprüft, ob die Wiedereinführung von Bürgerbefragungen auf Ortschaftsratsebene möglich sei und ob sie Sinne mache. In der Gemeindeordnung sei das als „Kann-Bestimmung“ formuliert. Allerdings seien Bürgerbegehren auf Ortsebene in der Praxis „nicht relevant“, erklärte sie weiter. Denn diese Art Befragungen könnten nur zu Maßnahmen stattfinden, die aus dem Budget des Ortschaftsrates finanziert werden. „Ein Bürgerentscheid auf Ortschaftsratsebene kann lediglich einen Ortschaftsratsbeschluss ersetzen, keinesfalls jedoch eine Entscheidung herbeiführen, für die der Stadtrat zuständig ist“, ergänzte sie. Das heißt zum Beispiel, der Ortschaftsrat könnte in der Kernstadt kein Bürgerbegehren zum Stadtbadbau abhalten. Denn der würde über den Stadthaushalt und damit von der gesamten Stadt finanziert. Er könnte aber Befragungen dazu abhalten, in welcher Reihenfolge Straßen saniert werden sollen, oder wie Vereine und Verbände in der Ortschaft gefördert werden sollen.

Stadtrat Franz Brand (CDU) wollte dieser Argumentation nicht ganz folgen. „Bürgerbegehren sind eine Form der direkten Demokratie. Sie geben ein Gefühl der Mitbestimmung.“ Allerdings müsse so eine Befragung Sinn machen, schränkte er ein. Und genau das zweifelten andere Räte an. „Was nützt einem ein Bürgerbegehen, das man nicht durchsetzen kann?“, sagte Udo Herm (Wählervereinigung Johnsbach). Sein Kollege Klaus Köhler (Wählervereinigung Reinhardtsgrimma) wurde noch deutlicher, in dem er das an einem Beispiel erklärte: Wenn man die Bürger in den Ortschaften fragen würde, ob die Stadt eine Kita dort bauen solle, gebe es garantiert in jedem Dorf eine deutliche Mehrheit. „Die Rechnung müsste dann der Stadtrat bezahlen“, erklärte er. Auch Karl-Heinz Funke (Wählervereinigung Reinhardtsgrimma), der zugleich auch Ortsvorsteher von Cunnersdorf ist, lehnte den Vorstoß des Glashütter Ortschaftsrates ab. Ein Ortschaftsrat sollte eigentlich im Ort so gut vernetzt sein, dass er wissen muss, was die Einwohner wollen und was nicht. Der Antrag des Glashütter Ortschaftsrates wurde mit 13 Stimmen abgelehnt. Vier Stadträte votierten dafür.