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Kleinkrimineller macht es Polizei leicht

Wer in Kleingärten einbricht, wird selten erwischt. In einem Riesaer Fall war das anders.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Der Dieb kam über den Zaun, da ist sich die Polizistin sicher. „Die Einfriedung ist nicht sehr hoch, da kann man einfach drübersteigen.“ Auch nach diesem ersten kleinen Hindernis hat es der Dieb leicht. Die Objekte seiner Begierde stehen einfach hinter der Gartenlaube: einige Klappstühle und eine kleine Zierbank. Der Täter muss nicht einmal eine Tür oder ein Fenster aufhebeln. Der Riesaer, dem die Gartenmöbel gehören, wird den Diebstahl erst bemerken, als er nach den Feiertagen wieder in seinen Kleingarten kommt.

Normalerweise wäre es in so einem Fall recht unwahrscheinlich, dass die verschwundenen Möbel überhaupt wieder auftauchen. Zwar führt die Polizei selbst keine gesonderte Statistik zu Einbrüchen und Diebstählen in Kleingartenanlagen. Der Vorsitzende des Verbands der Gartenfreunde Riesa, Torsten Sittmann, schätzt aber, dass gerade einmal zwei von zehn Fällen ein glückliches Ende nehmen. „In der Regel hebeln die Täter Türen oder Fenster auf. Manchmal vergisst auch ein unachtsamer Pächter ganz einfach, sein Fenster zu schließen.“ Die Täter hätten dann leichtes Spiel – zumal über die Wintermonate in den Kleingärten weniger los ist. 43 Laubeneinbrüche zählte der Verband vergangenes Jahr, wobei die Dunkelziffer vermutlich noch höher sei, sagt Sittmann.

Gestohlen würden vor allem Elektrogeräte und Handwerkszeug, aber auch Essen und Trinken. Ihm sei aber auch ein Fall bekannt, in dem Diebe einen Rasenmäher geklaut hätten. „Und im Sommer sind auch schon Zucchini- und Erdbeerpflanzen weggekommen.“ Zuletzt hatten die Kleingärten im Verbandsgebiet aber vor allem mit Metalldieben zu tun. „Seit vergangenem Winter waren 38 Anlagen betroffen, das sind etwa 1 500 Kleingärtner.“ Er vermutet Profis dahinter. Die Täter hätten es gezielt auf wertvolle Metalle abgesehen, würden Rohre, Wasserhähne und sogar Wasseruhren in großem Stil mitgehen lassen. Der Schaden dadurch sei in die Tausende gegangen. Viele Kleingärtner hätten mittlerweile Schutzvorkehrungen getroffen: Künstliche DNA soll Täter kennzeichnen, ähnlich der Farbpatronen in Geldautomaten. Andere geben mehr Geld für Türen und Fenster aus.

Für den Einbruchsfall gibt es zudem spezielle Versicherungen. „Die zahlen aber nur, wenn etwas aus der Laube gestohlen wurde“, erklärt Sittmann. Im geschilderten Fall aus Riesa-Pausitz, der sich Ostern 2016 zugetragen hat, hätte der Kleingärtner also in die Röhre geschaut – wenn nicht kurz nach dem Diebstahl der Zufall geholfen hätte. Einer Polizeistreife war zwischen 3 und 4 Uhr nachts ein junger Mann aufgefallen, der die Möbel auf einem Anhänger transportierte und offenbar gerade in seiner Garage verstauen wollte. „Er sagte, er habe die Stühle und die Bank von seinem Balkon in die Garage räumen wollen“, erinnert sich die Polizistin.

Dass das zu so später Stunde geschehe, begründete er einfach damit, dass er nicht schlafen könne. Das Gegenteil konnten die Beamten ihm in diesem Moment nicht beweisen, auch wenn der 29-jährige Deutsche schon mehrfach durch Diebstahlsdelikte aufgefallen ist. Doch schon am nächsten Tag zeigte der Laubenbesitzer den Diebstahl an. Als er erzählte, dass ihm Gartenmöbel gestohlen wurden, da sei sie hellhörig geworden, erzählt die Beamtin, die in der Nacht zuvor den jungen Riesaer angehalten hatte. Die Polizei reagierte schnell. Nur kurze Zeit später konnte der Laubenbesitzer die Bank und seine Stühle wieder entgegennehmen.

Der mutmaßliche Dieb steht dagegen dieser Tage vor Gericht. Dort sagt er, er habe die Stühle und das Bänkchen kurz zuvor für 120 Euro von einem Mann gekauft, der sie an der Pinnwand des Real-Marktes im Riesapark angeboten habe. Einen Kaufbeleg habe er nicht, auch keinen Namen oder andere Kontaktdaten. Ob diese Version glaubhaft ist, wird das Amtsgericht entscheiden müssen. Ein Urteil wird erst Anfang März erwartet, weil noch einige Zeugen aussagen müssen – darunter auch der bestohlene Kleingärtner.

„Wir müssen auf die Gerichte vertrauen“, sagt Torsten Sittmann dazu nur. Seinen Kleingärtnern rät er vor allem zu einem: „Keine wertvollen Gegenstände in den Lauben lassen – und auch im Winter ab und zu einmal rausgehen und nach dem Rechten sehen.“ Die Laube leer zu räumen und dann offen zu lassen, sei zwar theoretisch auch möglich. „Dann spielt aber die Versicherung nicht mit.“