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Kostenloses Internet überall

Mit Hilfe der Freifunker kann jeder sein WLAN für andere öffnen. Ein rumänischer Server verhindert juristischen Ärger.

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© Andreas Weihs

Von Stephan Hönigschmid

Meißen. Die besten Ideen kommen einem oft in entspannter Atmosphäre im Urlaub. So ähnlich war es auch bei dem Meißner Mathias Arzberger. Als der 34-Jährige durch Australien reist, freut er sich, dass dort in jeder größeren Stadt beinahe überall kostenloses WLAN zur Verfügung steht. Gleichzeitig fragt er sich, warum das eigentlich in seiner Heimat anders ist. „Das war wirklich praktisch. Ich konnte an vielen öffentlichen Orten und in Gaststätten im Internet surfen und arbeiten“, so Arzberger.

Nach seiner Rückkehr lässt ihn das Thema nicht mehr los. Er denkt darüber nach, wie es möglich wäre, dass auch in Meißen zahlreiche Bürger, Restaurants, Hotels und öffentliche Einrichtungen ihre Internetzugänge für die Allgemeinheit öffnen könnten, ohne dabei ein rechtliches Risiko einzugehen. Das besteht nämlich zu diesem Zeitpunkt noch in Gestalt der Störerhaftung, die jeden Inhaber eines Internetanschlusses für alle illegalen Aktivitäten, die darüber ablaufen, haftbar macht, ganz gleich, ob er selbst daran beteiligt ist.

Doch es gibt einen eleganten Ausweg. Im Zuge seiner Recherche stößt Arzberger auf die Initiative „Freifunk Dresden“. Diese leitet das Signal verschlüsselt per VPN-Tunnel unter anderem nach Rumänien um, wo die Rechtslage unproblematisch ist. „Der tatsächliche Zugang ins Netz erfolgt dann mit einer rumänischen IP-Adresse, weshalb auch die rumänische Google-Version erscheint, wenn man die Seite aufruft“, sagt Arzberger.

Auf der monatlichen Versammlung der Dresdner lässt sich der 34-Jährige alles genau erklären und legt schließlich in seiner Heimatstadt los. „Am 24. Mai 2014 ist der erste Router hier bei mir zu Hause am Questenberger Weg ans Netz gegangen. Später haben dann auch jede Menge Freunde von mir mitgemacht. Mitte 2015 gab es im Stadtgebiet etwa 15 Hotspots, die ohne Registrierung und Passwort genutzt werden konnten“, so Arzberger. Momentan sind davon nur noch fünf Standorte übrig geblieben. Neben dem Questenberger Weg befinden sich diese außerdem in der Rauhentalstraße, der Leipziger Straße, der Neugasse und der Brauhausstraße. Die Schwankung in der Anzahl erklärt sich dadurch, dass die Teilnahme freiwillig ist. Jeder kann sein Netz nach Belieben öffnen und es natürlich auch wieder schließen.

Fragt sich nur, ob das Prinzip „Freifunk“ nach der kürzlich erfolgten Abschaffung der Störerhaftung durch den Deutschen Bundestag noch relevant ist. Stephan Enderlein von der Dresdner Initiative sagt dazu eindeutig ja: „Leider wurde die Gesetzesnovelle nur halbherzig umgesetzt. So ist man als Betreiber eines WLANs wie klassische Internetprovider von der Haftung für Rechtsverstöße Dritter zwar befreit, eine explizite Haftungs-Freistellung von Unterlassungsansprüchen hat die Große Koalition nicht erfasst“, sagt Enderlein und fügt an: „Praktisch heißt das für Personen, die ihr privates WLAN mit anderen teilen, dass sie beispielsweise keine Angst vor Schadensersatzansprüchen von Rechteinhabern mehr haben müssen. Die Gefahr teurer Abmahnungen ist aber nicht gebannt. Da bleibt erst einmal nichts anderes, als die Entscheidungen der Gerichte abzuwarten.“ Trotz dieser Unsicherheit zeigt sich zumindest die Stadt Meißen aufgeschlossen, das Projekt Freifunk zu unterstützen. „Wir begrüßen das Interesse der Meißner Freifunkinitiative, im Stadtgebiet kostenfreie WLAN-Hotspots einzurichten“, sagt Sprecher Philipp Maurer und verweist zudem auf eine Zusammenarbeit mit der Telekom, die bereits auf dem Marktplatz kostenloses Internet ermöglicht. Grundsätzlich sei aus wirtschaftlichen und touristischen Gründen ein Ausbau der Hotspots erwünscht. Wirtschaftsförderer Martin Schuster schaue sich deshalb momentan nach Fördermöglichkeiten im Rahmen des Programms „Digitale Offensive Sachsen“ um, so Maurer.

Wer selbst zu einem größeren Angebot an freiem Internet in Meißen beitragen und sein Netz gefahrlos für andere Nutzer öffnen möchte, kann sich unter der Mailadresse [email protected] an Mathias Arzberger wenden. Der Webentwickler hat darüber hinaus noch 23 von ehemals 50 von der Piratenpartei gesponsorte Router zu verschenken, um die Vernetzung zu fördern.