Amtsgericht Döbeln: Freispruch und Haftstrafe in einem Urteil

Döbeln. Der Mann hat 745 Mal den Notruf missbraucht, Polizisten, Bürgermeister sowie den Landrat beschimpft und beleidigt, Polizeibeamte mit Gegenständen beworfen und sich vor einer Beamtin entblößt.
Außerdem ist der 53-Jährige in Waldheim betrunken Auto gefahren und hat dabei einen Zaun beschädigt. Kurz danach ergab ein Atemalkoholtest 1,98 Promille.
Bereits am ersten der drei Verhandlungstage vor dem Döbelner Amtsgericht war ein Nervenarzt als Gutachter gehört worden. Er war nun erneut geladen. Denn während der Zeugenvernehmungen hatte sich herauskristallisiert, dass der Ursprung fast aller Aktionen des Frankenauers im Tod seines Vaters liegen.
Den hat der Angeklagte nicht verarbeitet und für den macht er das staatliche System verantwortlich. Der Gutachter bestätigt seine erste Diagnose einer Pfropfpsychose in Kombination mit einer alkohol-toxischen Psychose. Das heißt, der Angeklagte hat eine verzerrte Wahrnehmung, die sich steigert, je mehr Alkohol er trinkt.
In keiner Weise kritikfähig
Gleichzeitig führe der Alkohol zur Enthemmung und in Verbindung mit der Psychose zu einer völlig aufgehobenen Kritikfähigkeit gegenüber seinem eigenen Zustand. „Ich denke aber, dass der Angeklagte kein vom Grunde her aggressiver Mensch ist“, meint der Gutachter.
Er empfiehlt für den Mann, dem er einen Verbal-IQ von 78 bescheinigt, die Zuordnung eines Betreuers und die freiwillige Unterbringung in einer Klinik. In Bezug auf den vielfachen Missbrauch des Notrufes hält er ihn für nicht schuldfähig.
Dem schließen sich Staatsanwalt und Verteidigerin an. Für die versuchte Körperverletzung gegenüber den Polizisten in Tateinheit mit exhibitionistischen Handlungen sowie die Trunkenheitsfahrt fordert der Staatsanwalt eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung.
Zudem solle dem Angeklagten ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt werden, der ihm seinen Zustand verdeutlicht und ihn in das gesetzeskonforme Leben zurückführt. Denn der Angeklagte sei wenig einsichtig gewesen und der Meinung, es bereits alleine geschafft zu haben.
Die Verteidigerin plädiert auch in Bezug auf die Körperverletzung auf Schuldunfähigkeit. Die Trunkenheitsfahrt solle mit einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen und Führerscheinentzug geahndet werden.
Nicht das letzte Mal vor Gericht
Richterin Christa Weik spricht den Angeklagten hinsichtlich des Notrufmissbrauchs frei. Für die anderen Taten verhängt sie eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten mit drei Jahren Bewährung. Der Mann muss ein Drittel der Gerichtskosten tragen, wird unter die Aufsicht eines Bewährungshelfers gestellt und soll eine ortsansässige Suchtberatung aufsuchen.
Der Führerschein wurde ihm bereits entzogen und bleibt es für ein weiteres Jahr. Christa Weik ermahnt den Angeklagten abstinent zu werden. Denn nur dann bekomme er den Führerschein zurück. Auch wäre es sinnvoll, dass er sich freiwillig in psychiatrische Behandlung begibt.
Denn es war nicht das erste Mal, dass er vor Gericht stand. Im Bundeszentralregister hat er bereits sieben Einträge wegen Körperverletzung, Beleidigung, falscher Verdächtigung, Missbrauchs von Notrufen in 27 Fällen, Bedrohung sowie Nötigung. Und es ist bereits klar, dass er sich wegen ähnlicher Delikte bald wieder vor Gericht verantworten muss. Dort liegen bereits vier weitere Anklagen vor.