SZ + Freital
Merken

Braucht Freital eine eigene Soko gegen jugendliche Räuber?

Junge Täter handeln nicht in festen Gruppen oder Strukturen. Vielmehr wollen sie Macht demonstrieren. Freital ist davon nicht ausgenommen.

Von Roland Kaiser
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Auch in Freital ermittelt die Polizei zu von Jugendlichen verübten Übergriffen auf Gleichaltrige. (Symbolbild)
Auch in Freital ermittelt die Polizei zu von Jugendlichen verübten Übergriffen auf Gleichaltrige. (Symbolbild) © imago stock&people

Es ist Mittwoch. Der Himmel über Freital hängt voller Wolken. Das Thermometer zeigt Werte um drei Grad Celsius. Die Uhr am S-Bahnhof Hainsberg West rückt auf 14.25 Uhr vor. Zu diesem Zeitpunkt sind in der Nähe mehrere Jugendliche unterwegs. An die Begegnung mit ihnen an diesem vorletzten Februartag wird sich ein 14-Jähriger wohl noch länger erinnern.

Das Aufeinandertreffen ähnelt Vorkommnissen in Dresden, die dort bereits seit Monaten für Aufsehen sorgen. Laut Polizeibericht befand sich der Schüler auf der Somsdorfer Straße, als er aus einer etwa fünfköpfigen Gruppe junger Leute angesprochen wurde. Die Unbekannten hätten nach seiner Jacke verlangt und um Geld gefragt. "Als er verneinte, schlug ihn einer der Täter und verletzte ihn dabei", sagt ein Polizeisprecher. Anschließend habe die Gruppe das Weite gesucht. Die Kripo ermittelt nun in dem Fall.

2023 wird zum Schwerpunktjahr für Raubstraftaten

Eine (versuchte) Raubstraftat wie diese ist in Freital längst kein Einzelfall mehr, wie sich auf Anfrage bei der Polizeidirektion Dresden herausstellt. Besonders fällt dabei das Jahr 2023 ins Gewicht. In diesem registrierten die Ermittler eigenen Angaben zufolge 13 Übergriffe von jungen Leuten auf Gleichaltrige.

27 Jugendliche und sogar ein Kind seien in die Taten verstrickt gewesen. Dabei habe es sich um 19 Personen mit einer deutschen und um fünf mit einer türkischen Staatsbürgerschaft gehandelt. Zwei waren russischstämmig. Je einer stammte aus dem Irak und aus Weißrussland, hieß es weiter.

Kriminalhauptkommissarin Nadine Schaffrath und ihre Kollegen von der Soko "Iuventus" befassen sich mit Raubstraftaten, die von Jugendgangs verübt werden.
Kriminalhauptkommissarin Nadine Schaffrath und ihre Kollegen von der Soko "Iuventus" befassen sich mit Raubstraftaten, die von Jugendgangs verübt werden. © Julia Vollmer

Zum Vergleich führte er das vorangegangene Jahr ins Feld. Da wurde dem zuständigen Polizeirevier Freital-Dippoldiswalde im Bereich "Raub durch Jugendliche" gerade einmal eine Tat bekannt. Wiederum hätten sich 2024 bereits zwei Vorfälle dieser Art in der Großen Kreisstadt ereignet.

Doch was verleitet Halbwüchsige dazu, Personen in ihrem Alter um ihr Eigentum zu bringen und diese dabei mitunter körperlich in Mitleidenschaft zu ziehen? "Ihr Motiv liegt zuallererst in dem Demonstrieren von Macht über ihre Opfer sowie dem Gewinnen von Anerkennung innerhalb der Gruppe", kann Polizeipräsident Lutz Rodig mit Blick auf die bisher erfolgte Ermittlungsarbeit feststellen. "Das Raubgut spielt eher eine untergeordnete Rolle."

In Dresden gingen zuletzt die Fallzahlen stark zurück. Dort war Ende 2022 die Sonderkommission "Iuventus" - zu Deutsch Jugend - ins Leben gerufen worden, nachdem Raubstraftaten durch Jugendgruppen einen starken Anstieg erfahren hatten. Aktuell besteht diese aus 16 Beamten und ist in die Bereiche Ermittlung, Auswertung, Einsatz sowie Prävention gegliedert.

Polizei gibt jungen Leuten Verhaltenstipps

Angesichts der Situation in Freital stellt sich inzwischen dem einen oder anderen die Frage, ob das nicht auch für die Stadt mit ihren knapp 40.000 Einwohnern ebenso ein probates Mittel wäre, um dieses Phänomen einzudämmen.

Doch zu einer separaten Lösung wird es nicht kommen, wie es vonseiten der Polizeidirektion Dresden hieß. "Eine Sonderkommission für das Revier Freital ist nicht in Planung." Der Grund dafür liege in der bereits erwähnten Soko "Iuventus". "Diese ist nicht auf die Stadt Dresden beschränkt, sondern agiert für die Polizeidirektion, zu der das Revier Freital-Dippoldiswalde gehört."

Um der Gewalt unter Jugendlichen nachhaltig entgegenzuwirken, setzen die Fahnder längst nicht mehr nur auf Repression. Vielmehr verfolgen sie ein ganzheitliches Konzept, das sowohl Präventionsangebote als auch eine Vernetzung mit anderen Behörden und Institutionen umfasst.

Beispielhaft führten die Ermittler der Sonderkommission ein Dutzend Veranstaltungen in Dresdner Schulen durch, bei denen sie Lehrer und Eltern über das Thema aufklärten und sensibilisierten. Auch für Bildungseinrichtungen in Freital wäre das durchaus überlegenswert.

Wie sich junge Menschen verhalten sollten, wenn sie auf Jugendgruppen stoßen, erklärt die Polizei so: "Bei Vorfällen unbedingt beispielsweise durch Hilferufe auf sich aufmerksam machen und andere Personen im Umfeld gezielt um Hilfe ansprechen. Das Geforderte ohne Gegenwehr herausgeben, da das Verhalten der Täter unberechenbar ist und körperliche Gewalt und/oder gefährliche Gegenstände durch die Täter eingesetzt werden. Nach der Tat sofort die Polizei informieren, da bei Zeitverzug die Ergreifung der Täter vereitelt wird und Beweisverlust droht."

Für den 14-Jährigen aus Freital-Hainsberg ist das sicherlich nur ein schwacher Trost. Zu Wochenbeginn hieß es vonseiten der Polizeidirektion, dass sich bislang noch kein Täter ermitteln ließ.