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Dresden: Ein fingiertes Drogengeschäft führt zu drei Festnahmen

Drei Angeklagte besorgen ein halbes Kilo Crystal für einen Kumpel. Dieser arbeitete jedoch als Vertrauensperson für die Polizei.

Von Alexander Schneider
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Mit 30.000 Euro Bargeld machte sich ein Kleinkrimineller auf die Suche nach Drogendealern. Die sogenannte Vertrauensperson fuhr in den Urlaub und lieferte der Polizei weitere Kleinkriminelle.
Mit 30.000 Euro Bargeld machte sich ein Kleinkrimineller auf die Suche nach Drogendealern. Die sogenannte Vertrauensperson fuhr in den Urlaub und lieferte der Polizei weitere Kleinkriminelle. © Symbolfoto:Silas Stein/dpa

Dresden. Verdeckte Ermittler sind Beamte, die unter einer Legende im Einsatz sind, um im kriminellen Milieu zu ermitteln. Zivilisten, oft selbst Kriminelle, die sich für solche Dienste hergeben (besser: bezahlen lassen), heißen ausgerechnet "Vertrauenspersonen" (VP). Eine solche VP war in Dresden mit 30.000 Euro ausgestattet worden, um ein halbes Kilo Crystal zu kaufen. Das tat er dann auch.

Erstkontakt des Mannes war eine 39-jährige Dresdnerin, die er in einer Therapieeinrichtung kennengelernt hatte. Sowohl die Frau, Denise H., als wohl auch die VP bekämpften dort ihr Suchtproblem. Die 39-Jährige ist seit 20 Jahren abhängig und hat ein broschürendickes Vorstrafenregister. Drogendelikte finden sich darin nicht, wohl aber zig Diebstähle, Beschaffungskriminalität. Ist sie die Richtige, um ein Dealernetz aufzuklären?

Die VP und H. sollen sich angeblich geliebt haben, gemeinsam auf einer Mallorca-Reise geturtelt haben, hieß es – und angesichts der Kuriosität des Falls ist nicht ausgeschlossen, dass auch Polizisten "verdeckt" auf Malle mitgeurlaubt haben.

Denise H. wollte über einen Kumpel, Frank H. (37), Crystal für die VP beschaffen. Auch der Leiharbeiter war seit langem abhängig, ein einfacher Krimineller. Für gesammelte Werke gab's auch mal eine längere Bewährungsstrafe. Doch auch Frank konnte kein halbes Kilo besorgen, hatte aber einen Kumpel: Stephan S. (38), Maschinenbautechniker als Zeitarbeiter, ebenfalls seit Jahren süchtig, kleinkriminell, vor allem wegen Schwarzfahrens und Diebstahls. Auch Stephan hatte kein halbes Kilo, aber wusste, wo es das gab.

Am 18. Juli 2021 waren ein verdeckter Ermittler mit der Vertrauensperson sowie Denise H. und Frank H. bei Kumpel Stephan S., der kurzfristig ein halbes Kilo Crystal organisiert hatte und offenbar nicht einmal etwas dafür haben wollte. Ein Freundschaftsdienst für Frank. Das Geld wurde in einem Auto gezeigt, die Drogen dorthin gebracht und gewogen. Doch statt der anstehenden Geldübergabe rückten noch mehr Polizisten an und nahmen das Trio fest.

Inzwischen verliebt

Am Dienstag standen Denise und Frank H. – inzwischen sehr ineinander verliebt – und Stephan S. wegen Handels mit Betäubungsmitteln vor dem Amtsgericht. Die Frau ist seit September wieder frei, die Männer nicht. Alle drei legten umfassende Geständnisse ab, nachdem das Gericht den beiden H.s je zwei Jahre auf Bewährung und Stephan S. zweieinhalb Jahre Haft zugesichert hatte.

In dem vorherigen Rechtsgespräch hatten die Verteidiger versucht, das Schöffengericht von einem Freispruch zu überzeugen. Derartige Scheingeschäfte, für die "der Staat" Menschen in die Kriminalität treibe, seien nicht hinnehmbar. Doch so weit war das Schöffengericht nicht mitgegangen.

Ein Zeuge bestätigte schließlich den VP-Einsatz und das krumme Drogengeschäft. Die spannende Frage, ob es der Polizei gelungen ist, die Strukturen jenseits der drei kleinen Fische auf der Anklagebank aufzuspüren, musste oder konnte der Zeuge nicht beantworten. Das Gericht war jedoch längst zufrieden mit den knappen Antworten.

Der Staatsanwalt sprach am Rande des Prozesses auch nur von laufenden Ermittlungen, es ist also nicht klar, ob sich der hohe Aufwand überhaupt gelohnt hat. Die Verteidiger glaubten, der Fall sei mit der Festnahme ihrer Mandanten für die Polizei wohl erledigt gewesen. Die Angeklagten, so schien es jedenfalls, waren mit der Beschaffung eines halben Kilos Crystal erkennbar überfordert.

Das Gericht verurteilte die Angeklagten wie zugesichert. Immerhin, so der Vorsitzende Richter, sei das halbe Kilo der gefährlichen Droge nicht auf den Markt gekommen. Stefan S. habe aus Sicht des Gerichts den größten Tatbeitrag geleistet. Er blieb in Haft.