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Dresdner Vater bestreitet Missbrauch der Tochter

Ein 47-Jähriger soll sich an seiner damals zehnjährigen Tochter vergangen haben. Er will die nun 13-Jährige im Gerichtssaal in Dresden vernehmen lassen.

Von Alexander Schneider
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Ein Vater soll sich in der Badewanne der gemeinsamen Wohnung an seiner damals zehn- oder elfjährigen Tochter vergangen haben. In seinem Prozess am Amtsgericht Dresden behauptete er eine Verschwörung seiner Schwiegereltern.
Ein Vater soll sich in der Badewanne der gemeinsamen Wohnung an seiner damals zehn- oder elfjährigen Tochter vergangen haben. In seinem Prozess am Amtsgericht Dresden behauptete er eine Verschwörung seiner Schwiegereltern. ©  Symbolfoto: dpa

Dresden. Es gibt polizeiliche Vernehmungen, es gibt eine auf Video aufgezeichnete richterliche Vernehmung des Kindes – und auch wie die Sache ans Licht gekommen war, ist plausibel. Und doch will der Angeklagte es seiner Tochter nicht ersparen, auch im Gerichtssaal gegen ihn auszusagen. Der Prozess am Amtsgericht Dresden zeigt, wie schwer sich Gerichte tun, das Richtige zu machen.

Erst vor wenigen Wochen wurde ein Angeklagter am Landgericht Dresden wegen Vergewaltigung und anderer sexueller Übergriffe zu einer milden Bewährungsstrafe verurteilt, weil die Geschädigte nicht vernehmungsfähig war – und es nach Bekanntwerden der Vorwürfe versäumt worden war, die Frau richterlich zu vernehmen. Dabei haben auch der Angeklagte und die Verteidiger die Möglichkeit, der Geschädigten Fragen zu stellen.

"Angst und Albträume"

Im Fall eines heute 13-jährigen Kindes ist das anders. Das Kind wurde vor eineinhalb Jahren auch richterlich vernommen, im Beisein ihres Vaters und dessen Verteidigerin. Der 47-jährige Handwerker steht seit Montag vor dem Amtsgericht Dresden. Laut Anklage soll er sich im Frühjahr 2020 bei einem gemeinsamen Bad in der Wanne der Familienwohnung an seiner damals zehnjährigen Tochter vergangen haben.

Außerdem habe er dem Mädchen im folgenden Jahr mindestens achtmal an die nackte Brust gefasst. Weiter wird dem Dresdner vorgeworfen, die Tochter und deren vier Jahre jüngere Schwester mehrfach geohrfeigt zu haben. Es geht um sexuellen Missbrauch von Kindern in neun und Körperverletzung in drei Fällen.

Der dreifache Vater gibt die Schläge zu und schiebt sie auch auf seine Überforderung in der Coronazeit. Stress im Lockdown mit drei Kindern zu Hause. Die anderen Vorwürfe bestreitet er entschieden: Dahinter würden seine Schwiegereltern stecken. Die hätten seine Älteste, zu der er schon immer eine besonders innige Beziehung gehabt habe, beeinflusst.

Inzwischen wohnt der Mann nicht mehr zu Hause, seine älteste Tochter hat er schon seit einem Dreivierteljahr nicht mehr gesehen.

Seine Schwiegermutter berichtete, wie sie über ein Jahr nach dem Badezimmer-Vorwurf davon erfahren habe: bei einem Urlaub auf Mallorca. Die Großeltern hatten ihre Enkelin zu der Flugreise eingeladen. Auf der Balearen-Insel habe sich das Kind ihrer anderen Tochter, also der Tante der 13-Jährigen, anvertraut, berichtete die Großmutter als Zeugin. Ihre Enkelin habe danach große Angst und Albträume gehabt, weil sie ihrer Tante "ein Geheimnis verraten" habe. Sie habe gefürchtet, es könnte etwas ganz Schlimmes passieren, was ihr angeblich der Angeklagte nach dem Missbrauch suggeriert habe.

Die Tochter der Zeugin ist die jüngere Schwester der Kindesmutter - und sei dort zusammengebrochen, als sie von dem Missbrauch erfahren habe. Der Angeklagte soll sich vor vielen Jahren auch an ihr vergangenen haben. Damals sei der 47-Jährige noch der Freund der älteren Tochter gewesen.

"Das hätte ich nie gedacht!"

Sie habe daher noch von Spanien aus das Jugendamt in Dresden informiert und um Hilfe gebeten, berichtet die 71-jährige Zeugin. Sie sagt auch, wie sie das alles emotional getroffen habe: "Das hätte ich nie gedacht!" Der Angeklagte sei hilfsbereit gewesen, für ihn habe die Familie immer an erster Stelle gestanden, er habe sich immer um die Kinder gekümmert.

Das Schöffengericht hatte den Angeklagten schon unmittelbar nach seiner Einlassung darauf hingewiesen, dass er seine Tochter in einen Loyalitätskonflikt bringe, wenn sie im Gerichtssaal gegen ihren Vater aussagen muss. Es wurde ihm eine Bewährungsstrafe in Aussicht gestellt. Doch der Mann bestreitet eisern. Er habe damit nichts zu tun. Das gilt auch für einige kinderpornografische Bilder, die auf seinem PC gefunden wurden. Andere hätten die Dateien auf seine Festplatte gespeichert, behauptet er.

Ein weiterer Zeuge, der sich um die Computer der Familie gekümmert hatte, berichtete, dass er lediglich die Festplatten kopiert, aber keine fremden Dateien aufgespielt habe.

Das Gericht überlegt lang und mit mehreren Unterbrechungen der Verhandlung, sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind verschaffen zu wollen – trotz richterlicher Video-Vernehmung. "Wo ist der Erkenntnisgewinn?", fragt Anca Kübler, die Nebenklage-Vertreterin des Kindes. Sie lehnt das ab und kritisiert, das sei "gesetzlich nicht vorgesehen". Eine solche Vernehmung sei extrem belastend für ihre junge Mandantin - "gerade in ihrer Situation".

Der Prozess wird fortgesetzt.