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Kubas Parlament stimmt neuer Wirtschaftspolitik zu

Der sozialistische Staat macht den Weg für die Privatwirtschaft frei, will ausländische Investoren gewinnen und droht unfähigen Funktionären.

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Havanna/Mexiko-Stadt. Kuba beschreitet endgültig den Weg der Reformen, um die angeschlagene Wirtschaft vor dem Ruin zu retten. Die 600 Delegierten der Nationalversammlung, des Parlaments von Kuba, stimmten am Montag den Leitlinien der neuen Wirtschafts- und Sozialpolitik zu. Sie waren von der Regierung seit dem Sommer 2010 entwickelt worden. Im April dieses Jahres hatte ihnen der VI. Kongress der alleinregierenden kommunistischen Partei zugestimmt.

Über 1 Million Stellen fallen weg

Mit dem Projekt, das darauf abzielt, die Wirtschaft durch private Initiativen zu modernisieren, will der seit fünf Jahren regierende Präsident Raúl Castro (80) auch das sozialistische Modell des Karibikstaates retten. Die offiziell sogenannte „Aktualisierung“ sieht vor allem vor, in den kommenden Jahren über eine Million unproduktive Stellen in den ebenfalls unproduktiven staatlichen Unternehmen zu streichen.

Die entlassenen Angestellten sollen in einer neuentstehenden Privatwirtschaft ihr Auskommen finden. Weitere Maßnahmen zielen darauf ab, vor allem den Tourismus durch private ausländische Investitionen attraktiver und moderner zu machen. Auch soll den Kubanern der Besitz von Häusern und Wohnungen ermöglicht werden. Es war zunächst nicht klar, welchen der Leitlinien das Parlament zugestimmt hat. Sie wurden zunächst in der endgültigen Fassung nicht veröffentlicht.

Gerichtsverfahren für schlechte Funktionäre

Raúl Castro berichtete zum Abschluss der Tagung, die Wirtschaft des Landes sei in der ersten Jahreshälfte nur um 1,9 Prozent gestiegen. Er warnte die Kubaner vor den falschen Schlüssen: „Nicht der US-Imperialismus, sondern unsere eigenen Fehler sind unsere größten Feinde“, sagte er. Bereits vor einigen Tagen hatte er angekündigt, dass Funktionäre, die der Schlamperei und der Unzuverlässigkeit überführt würden, künftig mit einem Gerichtsverfahren zu rechnen haben.

Raúl Castro steht nun seit fünf Jahren an der Spitze des Staates. Sein älterer Bruder, Revolutionsführer Fidel Castro, hatte ihm krankheitsbedingt am 31. Juli 2006 zunächst provisorisch alle Führungsämter übertragen. Raúl versprach Anfang 2008, als die Nationalversammlung ihn auch formell zum Staats- und Regierungschef bestimmt hatte, erstmals wirtschaftliche Erleichterungen. (dpa)