Merken

Kumpel, Freund, Respektsperson

Kristina Schröder spricht Ronny Riebe aus der Seele. Die Bundesfamilienministerin von der CDU will mit einem bundesweiten Umschulungsprogramm mehr Männer als Erzieher für Kindertagesstätten gewinnen. Der Erzieher aus Weinböhla findet das gut.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Sven Siebert, Weinböhla

Kristina Schröder spricht Ronny Riebe aus der Seele. Die Bundesfamilienministerin von der CDU will mit einem bundesweiten Umschulungsprogramm mehr Männer als Erzieher für Kindertagesstätten gewinnen. Der Erzieher aus Weinböhla findet das gut. „Ich bin dafür“, sagt Riebe.

Der 37-Jährige betreut die „Lavendel-Gruppe“ in der Kindertagesstätte „Wiesenblume“ in Weinböhla. Zwölf Kinder, Mädchen und Jungen im Alter von drei bis fünf Jahren, gehören in die Gruppe. Und Riebe geht mit allen zusammen bei regen mit Gummistiefeln in den Wald, spielt mit den Jungen Fußball oder schiebt mit den Mädchen die Puppenwagen.

„Männer“, sagt Riebe, „beherrschen den schmalen Grat zwischen Kumpel, Freund und Respektsperson besser als Erzieherinnen.“ Die Kolleginnen nähmen eher die Mutterrolle ein. Das könne er zwar auch, sagt der große, kräftige Erzieher, der vor seiner Umschulung gelernter Schmied war. Er wolle den Kindern in seiner Gruppe „Selbstbewusstsein und Souveränität“ vermitteln. Sie könnten dann künftig „Konflikten besser gegenübertreten“.

Die Kindertagesstätte „Wiesenblume“ sei wie eine große Familie, sagt Riebe – „nur viel größer“. Und in diese Familie gehörten eben Frauen und Männer.

Jungenspezifische Förderung

Das findet auch Beate Zierold, die stellvertretende Chefin der „Wiesenblume“. Erziehern wie Riebe falle die „jungenspezifische Förderung“ leichter als den Frauen. Und die Jungen wendeten sich mit ihren Problemen gerne an die männlichen Betreuer.

Kristina Schröder, der 32-jährigen Familienministerin, dürften Riebes und Zierolds Ansichten gefallen. Denn sie wünscht sich, dass auch Jungen – gerade aus den sogenannten bildungsfernen Schichten – schon in den Kindergärten besser gefördert werden.

Außerdem braucht Schröder dringend mehr Erzieherinnen und Erzieher, wenn sie die Zusage der Bundesregierung einhalten will, bis 2013 für 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Kita-Platz anbieten zu können. Dafür werden nach einer Prognose der Bundesregierung bis zu 40000 Erzieherinnen und Erzieher zusätzlich benötigt. Das Umschulungsprogramm für Männer soll daher nicht nur die Quote der Erzieher heben, sondern insgesamt für mehr Personal für die Kindertagesstätten sorgen.

Das Programm, das im kommenden Jahr starten soll, werde es Männern ermöglichen, sich auch noch in späteren Jahren in einer zweijährigen Ausbildung für den Erzieherberuf umschulen zu lassen, sagte Schröder.

Schröder will insgesamt eine Abkehr von der klassischen Gleichstellungspolitik, sagte die Ministerin den „Stuttgarter Nachrichten“. Diese dürfe nicht mehr einseitig auf Frauen und Mädchen ausgerichtet sein. „Ich konnte nie etwas mit einem Feminismus anfangen, der sich in Gegnerschaft zu den Männern begriff. Der war immer schon problematisch, aber auf jeden Fall sind dessen Zeiten vorbei“, sagte Schröder.

Schröder betonte, dass staatliche Programme allein nicht ausreichen würden: Sie habe „keinen großen Glauben an die Allmacht des Staates in der Gleichstellungspolitik“. Der Mangel an Frauen in Spitzenjobs liege auch an „einer falschen Unternehmenskultur, am Leitbild des Managers mit mindestens 60 Wochenstunden, der gar keinen Raum für familiäre Verpflichtungen hat“.

Einen Erzieher je Kita

Riebe ist kein 60-Stunden-Manager, aber ein 40-Stunden-Vollzeit-Kita-Erzieher. Er betreut seine Kinder – je nach Dienstplan – frühestens ab 7.30 Uhr und bis spätestens 17Uhr. Die meisten seiner Kolleginnen arbeiten Teilzeit. Die Volkssolidarität, die Riebes Arbeitgeber in Weinböhla ist, will künftig in jeder der 20 Kindereinrichtungen im Kreis Meißen mindestens einen Erzieher einsetzen.