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Die Leag will der Lausitz Halt geben

Der Chef des Energiekonzerns beruhigte gestern seine Mitarbeiter in Sachen Kohleausstieg, Versprechungen zu Standorten machte er jedoch nicht. 

Von Irmela Hennig
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"Abgeschalten, Abgehangen, Ausverkauft , Nicht mit Uns - Black Out Lausitz" - die Mitarbeiter der Leag brachten vor der Betriebsversammlung mit einem Banner ihre Sorgen zum Ausdruck.
"Abgeschalten, Abgehangen, Ausverkauft , Nicht mit Uns - Black Out Lausitz" - die Mitarbeiter der Leag brachten vor der Betriebsversammlung mit einem Banner ihre Sorgen zum Ausdruck. © Ronald Bonß

Um kurz vor 9 Uhr am Morgen hängten Azubis des Bergbauunternehmens Leag ein Spruchband übers Geländer der Cottbusser Messehalle. „Blackout Lausitz – Nicht mit uns“ war darauf zu lesen. Dann füllte sich der Saal. Rund 2 500 Kohlekumpel, Kraftwerker, aber auch Mitarbeiter von Tochterfirmen der Lausitzer Energie und Kraftwerke AG waren zur Betriebsversammlung gekommen. Sie wollten von Firmenchef Helmar Rendez, von Gewerkschaftsvertretern und Politkern hören, wie es für sie weitergeht, nachdem die Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“ den Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung bis 2038 vorgeschlagen hat. Die SZ fasst zusammen.

Das Bekenntnis: Lausitz bleibt Energieregion mit der Leag

„Die Lausitz ist und bleibt Energieregion. Wir sind hier das Ankerunternehmen und wollen es weiter sein“, sagte Leag-Chef Helmar Rendez. „Wir wollen uns verändern.“ Dafür brauche man Zeit. Das ist ein klares Bekenntnis der Firma mit 8000 Beschäftigten zur Region. Wie es aber mit den einzelnen Standorten weitergeht, könne man noch nicht sagen. Dafür sei die Zeit zu knapp gewesen, seit der Kompromiss der Kohlekommission zum Ausstieg steht.

Der Zeitplan: Bis Ende April soll ein Gesetz vorliegen

Einen Rechtsrahmen für den Vorschlag der Kommission forderten alle Seiten. Bis Ende April 2019 soll eine Gesetzesvorlage formuliert sein, über die der Bundestag dann entscheidet, schätzte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Er war wie Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer nach Cottbus gekommen, um zu den Betroffenen zu sprechen Kretschmer forderte beschleunigte Planungsverfahren, um Straßen, Schienen und andere Vorhaben rasch umzusetzen. Die Leag selbst brauche Gesetze, um eine Strategie zu entwickeln. Denn der Ausstieg aus der Kohleverstromung 2038 bringt das Revierkonzept des Unternehmens durcheinander. Eigentlich wollte die Bergbaufirma bis in die 2040er-Jahre hinein Braunkohle abbauen und verbrennen. Nun müsse man auf Millionen Tonnen Kohle verzichten. Das habe Auswirkungen auf Tagebaupläne und Kraftwerksleistungen. Die Leag will aber nicht Szenarien erstellen, sondern auf Basis eines konkreten Gesetzes planen. Schnell Klarheit schaffen will Rendez mit Blick auf das Dorf Mühlrose bei Schleife in Sachsen. Dort soll der Tagebau Nochten wachsen, der Umzug des Ortes ist eigentlich beschlossen. Nun steht er neu zur Debatte. Die Leag will bis Ende März dazu eine Entscheidung fällen.

Die Ungewissheit: Einige Ideen für den Wandel stehen ganz am Anfang

Für viele Mitarbeiter ist die Ungewissheit groß. Sie wird verstärkt, wenn optimistisch beschriebene neue Projekte sich als spekulativ erweisen. So ist es mit einem Innovationsvorhaben, das einige Politiker für das Kraftwerk Jänschwalde angekündigt hatten. Damit sollte die Abschaltung der Anlage verhindert werden. In einer besonderen Batterie sollen dabei Salze aufgeheizt werden. Mit der Hitze werden Dampfturbinen zur Stromgewinnung angetrieben. So werde der Kohlendioxidausstoß erheblich verringert. Doch die Leag habe bis vor wenigen Tagen nichts von der Technologie gewusst, sagte ein Unternehmenssprecher. Sie werde bislang nur in einem kleinen Projekt in Spanien eingesetzt und stecke in den Kinderschuhen. Man sei interessiert, umgesetzt werde da bislang nichts. Brandenburgs Wirtschaftsminister ruderte in dem Zusammenhang zurück. Das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt plane zunächst, ein Institut zur Erforschung der Technologie zu errichten. 2026 könne man sehen, ob das Verfahren funktioniert.

Die Betroffenen: Mitarbeiter zwischen Wut und Hoffnung

Jessica (18), Auszubildende im Kraftwerk Jänschwalde, hält es für wichtig, dass es weitergeht mit dem Unternehmen in der Region. Es stehe für gut bezahlte Arbeitsplätze. Aber für sie ist eine andere Ausrichtung der Leag denkbar. Wütend hingegen ist Torsten Schmidt, der bei der Leag-Tochter TSS als Kraftfahrer arbeitet. Er sei schon älter und sorge sich nicht um sich, sondern um die Kinder, Enkel, die Lausitz und den Industriestandort Deutschland. TSS-Betriebsratsvorsitzender Marcel Molch sagt, der Betrieb habe wegen der ungewissen Lage schon seit zwei Jahren Schwierigkeiten, Mitarbeiter und Lehrlinge zu finden.

Die Entschädigung: Die Leag will zunächst keine fordern

Die Kohlekommission hält Entschädigungszahlungen an Kraftwerks- und Tagebaubetreiber für möglich, wenn sie eher als geplant aus dem Geschäft aussteigen müssen. Für die Leag ist das , laut einem Sprecher, jetzt kein Thema. Man wolle die Anlagen betreiben. Bei einer vorzeitigen Abschaltung sei das neu zu verhandeln.