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Ländermehrheit gegen neuen Versuch eines NPD-Verbots

Die Innenminister wollen aber rechtsextreme Stiftungen und Vereine von staatlicher Finanzierung abkoppeln.

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Von Sven Siebert, Berlin

Die Innenminister von Bund und Ländern wollen der NPD die Finanzierung aus staatlichen Quellen streitig machen. Die Innenministerkonferenz befasst sich gestern und heute auf ihrem Treffen in Berlin mit der rechtsextremistischen Partei. Die SZ beantwortet die aktuellen Fragen zu einem möglichen NPD-Verbot und zur umstrittenen Parteienfinanzierung.

Kommt ein neues NPD-Verbotsverfahren?Nein. Jedenfalls nicht auf absehbare Zeit. Die Ressortchefs der unionsgeführten Bundesländer sowie Bundesminister Wolfgang Schäuble (CDU) haben gestern zum Auftakt der Innenministerkonferenz in Berlin deutlich gemacht, dass sie ein neues Verbotsverfahren nicht unterstützen. „Ich denke, das ist hier vom Tisch“, sagte Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU). Die Unionsminister sind im Gegensatz zu ihren meisten SPD-Kollegen der Auffassung, ein neues Verfahren birgt ein zu großes Risiko eines erneuten Scheiterns.

Woran war das Verbot gescheitert?Der von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat angestrengte Versuch im Jahr 2003 war vom Bundesverfassungsgericht gestoppt worden. Die Verfassungsschutzämter führten so viele Verbindungsleute innerhalb der rechtsextremen Partei, dass aus Sicht der Richter nicht mehr klar war, ob die V-Männer nicht selbst zur Radikalisierung der Partei beitrugen. Am Einsatz von V-Leuten hat sich seitdem offenbar nichts geändert. Die SPD hält ein neues Verfahren dennoch für möglich. Man respektiere jedoch die Auffassung der Union. Bundesinnenminister Schäuble sagte, man sei sich zwar „in der Verurteilung jeder Form von Extremismus“ einig. Dass Union und SPD in der Frage der rechtlichen Beurteilung nicht einer Meinung sind, sei indes bekannt.

Was wollen die Minister stattdessen?Die Innenminister von Bund und Ländern zeigten sich gestern in dem Ziel einig, wenigstens NPD-nahen Vereinen und Stiftungen den Geldhahn zuzudrehen. „Wir sind einer Regelung näher gekommen, dass Vereine und Stiftungen mit verfassungsfeindlichen Zielen nicht öffentlich gefördert werden“, sagte Schleswig Holsteins Innenminister Ralf Stegner. Sein Berliner Kollege, Innensenator Ehrhart Körting (beide SPD), erklärte, die Frage der unmittelbaren Finanzierung der Partei NPD sei noch kein Thema der Innenminister. Hierzu seien noch eine Reihe verfassungsrechtlicher Prüfungen nötig, was überhaupt möglich sei. Körting verwies auf das Parteienprivileg im Grundgesetz, das Einschränkungen sehr kompliziert mache.

Wie finanziert sich die NPD?Die NPD erhält wie alle Parteien ab einer bestimmten Stimmenzahl staatliche Wahlkampfkosten. In Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, wo die Extremisten in den Landtagen sitzen, erhielt die Partei 2006 knapp 1,4 Millionen Euro. Die beiden Landtagsfraktionen werden zudem mit rund zwei Millionen Euro finanziert. Diese Mittel übersteigen laut einer Erhebung des Bundesamtes für Verfassungsschutz das Aufkommen an Mitgliedsbeiträgen erheblich. Hinzu kommen Spenden. Parteinahe Vereine können steuerlich begünstigt sein, wenn sie als „gemeinnützig“ anerkannt sind.

Wie ist die finanzielle Lage der NPD?Schlecht. Nach Angaben des Verfassungsschutzes hat die NPD erhebliche Schulden. Auch in Sachsen, wo die Partei die höchsten Einnahmen hat, gaben die Rechtsextremen nach Angaben des Verfassungsschutzes 2005 einhunderttausend Euro mehr aus als sie einnahmen. Von der staatlichen Unterstützung für parteinahe Stiftungen konnte die Partei bisher nicht profitieren, weil sie die rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. In Sachsen hat das „Bildungswerk Heimat und nationale Identität“ vorsorglich schon einen Zuschuss beantragt. Der könnte aber frühestens bewilligt werden, wenn die NPD 2009 zum zweiten Mal in den Landtag einzieht.

Gibt es eine neue Spendenaffäre?
Der Bundestag hat von der NPD bereits 870 000 Euro Zuschüsse zurückgefordert, weil in Thüringen Unregelmäßigkeiten bei der Verbuchung von Spenden aufgetreten waren. Weil die Partei nicht zahlen konnte, wurden Zuschüsse drastisch gekürzt. Infolgedessen wurden Mitarbeiter entlassen. Gestern wurde bekannt, dass die Bundestagsverwaltung die Partei nun aufgefordert hat, sich zu neuen Vorwürfen zu äußern. Der frühere Thüringer NPD-Chef Frank Golkowski hat behauptet, nicht nur er habe falsche Spendenquittungen ausgestellt, vielmehr seien auch andere Landesverbände so verfahren.