Merken

Landkreis investiert in Integration

Das Landratsamt startet mehrere Projekte zur Eingliederung von Ausländern. Das Problem: Geld gibt es nur befristet.

Teilen
Folgen
NEU!
© André Braun

Von Maria Fricke

In Leipzig war er für die Betreuung von Flüchtlingen in einer Erstaufnahmeeinrichtung zuständig, in Döbeln hilft er dabei, dass sich die Ausländer integrieren. Seit 1. Februar ist Benedikt Pfohl als Integrationskoordinator für die Region Döbeln im Einsatz. Angestellt ist der 31-Jährige beim Landratsamt. In der Döbelner Zweigstelle hat er auch sein Büro. Bei Pfohl, der einen Master in Politikwissenschaften hat, sollen die Vertreter aus Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Kitas, Schulen, aber auch Vereinen endlich einen Ansprechpartner für ihre Fragen rund ums Thema Integration von Ausländern haben. Eine solche Anlaufstelle hat bisher gefehlt.

Obwohl Pfohl erst wenige Tage im Amt ist, hat er die erste Gespräche mit dem Döbelner Oberbürgermeister Hans-Joachim Egerer (CDU), der Leitung der Gemeinschaftsunterkunft, verschiedener Träger und Vereine schon geführt. Sein erster Eindruck: „Bei vielen Paten ist die Luft raus.“ Viele ehrenamtliche Gruppen sind nicht mehr so aktiv. Deutlich geworden ist ihm auch, dass viele der Flüchtlinge, die in Döbeln sind, eigentlich weg wollen. „Freiberg, Dresden, Chemnitz“, nennt Pfohl die Ziele der Ausländer, die vor allem mit ihrer Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft unzufrieden sind. Momentan ist Pfohl, der aus Braunschweig stammt, aber in Chemnitz studiert hat und auch dort lebt, noch allein für die Region Döbeln zuständig. Ein zweiter ist geplant.

Dieter Steinert, Leiter der Stabsstelle Asyl, hofft, dass im kommenden Monat die drei noch freien Stellen besetzt werden. Ursprünglich hatte der Landkreis alle Plätze belegt, doch einige Bewerber sind kurzfristig wieder abgesprungen. Vermutlich wegen eines besseren Jobs. Denn: Die Stellen sind nur projektfinanziert und das auch nur für ein Jahr. Zumindest vorerst. Steinert geht davon aus, dass sie um ein Jahr verlängert werden.

Finanziert werden die Integrationskoordinatoren über Fördergelder von Bund und Land. „Wir hoffen, nachhaltige Strukturen zu schaffen“, sagt Dieter Steinert. Insgesamt elf Stellen, die sich mit dem Thema Integration befassen, sind seit Anfang des Jahres am Landratsamt eingerichtet worden. Neben den insgesamt fünf Integrations- sind zwei Bildungskoordinatoren im Einsatz. Jennifer Diehl (29) und Yvonne Mahler (43) haben bereits im Januar ihre Aufgabe übernommen. Ihr Projekt läuft für zwei Jahre. Das Geld gibt der Bund. Sie sind Ansprechpartner für die Bildungsträger. Ihre Aufgabe ist es, die Angebote verschiedener Einrichtungen im Kreis zu koordinieren. In den vergangenen Wochen haben sich die Frauen einen Überblick darüber verschafft, welche Angebote es im Kreis gibt. Ziel ist, die Daten später öffentlich zu präsentieren. Entwickelt werden soll auch eine App, die zahlreiche Adressen und Ansprechpartner beinhaltet. Das Programm fürs Handy soll voraussichtlich im zweiten Quartal freigeschaltet werden. Zugleich erfassen die Frauen, welchen Bildungsstand die Ausländer haben.

Damit soll eine Entscheidungsgrundlage für die Organisation der Angebote geschaffen werden.

Vergeben hat der Landkreis zudem eine Servicestelle für Sprach- und Integrationsmittler sowie Gemeindedolmetscherdienste. Nach Ausschreibung hat sich die Verwaltung für den Verein Be-Greifen aus Klosterbuch als Projektträger entschieden. Die Mitarbeiter des Vereins um Chefin Elsbeth Pohl-Roux sammeln zurzeit Kontakte zu Sprachmittlern. „Das sind Menschen, die so gut Deutsch können, dass sie anderen helfen können“, sagt Elsbeth Pohl-Roux. Mitarbeiter des Vereins agieren als Kulturmittler. Sie beantworten unter anderem am Servicetelefon sowie bei Veranstaltungen Fragen zu fremden Kulturen und deren Traditionen, wie zum Beispiel dem Ramadan. Dafür wurden eine Vollzeit- sowie eine Teilzeitstelle geschaffen. Besetzt wurden diese mit Mitarbeitern von Pohl-Rouxs Telekommunikations-Firma. Dritter Baustein des Projektes sind die Gemeindedolmetscher: Geplant ist eine Datenbank, die einen Überblick zu den Übersetzer im Landkreis gibt. Ziel soll es sein, dass je nach Bedarf dem Bürgermeister in Penig zum Beispiel ein Ansprechpartner aus der Nähe genannt werden kann. Voraussichtlich im August soll die Datenbank fertig sein.

Mit diesen Angeboten engagiert sich der Landkreis über seine Pflichten hinaus für die rund 9 000 Ausländer, die zurzeit in Mittelsachsen leben. Die Zahl hat sich seit Ende 2014 verdoppelt. Neben den Flüchtlingen sollen auch Spätaussiedler oder Studenten von den Angeboten profitieren. Auch wenn die Zuweisungszahlen massiv zurückgegangen sind, etwa 50 Asylbewerber kommen derzeit pro Monat nach Mittelsachsen, betont Landrat Matthias Damm (CDU), wie wichtig die Angebote für die Integration sind. „Wir sind Unterbringungs- und keine Integrationsbehörde. Aber wir können nicht einfach sagen: Das geht uns nichts an.“ Damm plädiert weiter für eine einheitliche Verantwortlichkeit, zum Beispiel in Form eines Integrationsamtes, auf Landes- oder Bundesebene.

Ende Januar lebten in Mittelsachsen 1 959 Asylsuchende in den Gemeinschaftsunterkünften, Wohnprojekten oder Wohnungen. Hinzukommen 426, die einen anerkannten Aufenthaltstitel haben, aber noch in einem Objekt des Kreises leben, obwohl sie eine Wohnung beziehen könnten.