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Landratsamt duldet falsche Blitzer

Nicht jeder falsche Blitzer ist Amtsanmaßung. Warum die Fake-Blitzer von Lampertswalde stehen bleiben dürfen.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Jörg Richter

Lampertswalde. Die Anwohner der Riesaer Straße in Skassa haben sicher schon darüber nachgedacht: einen Blitzer nachbauen und ihn am Straßenrand aufstellen. Vielleicht würde das ja helfen, die vielen Raser abzuschrecken. Denn nirgendwo sonst im Großenhainer Raum wird so häufig gegen die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit verstoßen wie hier. Seit knapp einem Jahr sind am Ortseingang aus Richtung Weißig nur 30 km/h erlaubt. Diese Geschwindigkeitsbegrenzung ist keine Willkür. Denn in der Vergangenheit landeten Autos und Laster in der Doppelkurve viel zu oft in den Vorgärten der Anwohner. Da durften noch 50 km/h gefahren werden. Ein Blitzer könnte Abhilfe schaffen. Doch den lehnte die Stadt ab. – Also dann ein Blitzer Marke Eigenbau?

Seit über 20 Jahren machen die Lampertswalder gute Erfahrungen mit selbst gebauten Blitzkästen als Abschreckung. Hier stehen gleich zwei davon. Einer am Ortseingang aus Richtung Schönborn und einer mitten im Ort vor einer scharfen Linkskurve. „Die Blitzkästen haben wir schon Anfang der 90er Jahre aufgestellt“, erzählt Bürgermeister Wolfgang Hoffmann. Er weiß nicht mehr ganz genau wann, schätzt aber, dass es etwa 1994 war. „Wir hatten damals ein akutes Problem mit Raserei“, erinnert er sich. Die Strecke über Lampertswalde und Schönborn gilt noch heute für viele Auto- und Lkw-Fahrer als Abkürzung zur Autobahn A 13, wenn man Richtung Norden fahren will. Dem entsprechend viel Verkehr fährt durch Lampertswalde.

Die Gemeinde hatte die beiden Blitzer-attrappen anfertigen lassen. Auch gegen den Willen einiger leitender Mitarbeiter im Kreisverkehrsamt des damaligen Landkreises Riesa-Großenhain, wie Hoffmann erzählt. Dort herrschte die Meinung vor, dass der Verkehr zügig durch Ortschaften fahren soll.

„Die Blitzkästen helfen sowieso nicht mehr richtig“, sagt Bürgermeister Hoffmann. „Viele Lkw-Fahrer wissen mittlerweile, dass das nur Attrappen sind.“ Aber immerhin würden noch ortsfremde Kraftfahrer, die nicht so häufig durch Lampertswalde kommen, wegen der sehr echt aussehenden Blitzer abbremsen.

Aber sind diese selbst gebauten Blitzer-attrappen überhaupt erlaubt? Diese Frage ist vor Kurzem wieder aufgeworfen worden. Da stand in Zittau der 59-jährige Frank R. vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft Görlitz hatte ihm Amtsanmaßung zur Last gelegt, weil er vor seinem Grundstück eine selbst gebaute Attrappe eines mobilen Geschwindigkeitsmessgerätes aufgestellt hatte. Sie sah täuschend echt aus. Das Verfahren gegen den Mann wurde eingestellt, auch weil er auf die Rückgabe seines Meisterwerks verzichtete.

Nachbau ist nicht geschützt

Gelegentlich tauchen deutschlandweit in den Medien Berichte über selbst gebaute Blitzerattrappen auf. Meistens reagieren die zuständigen Landkreisämter gelassen darauf und dulden die nachgebauten Blitzkästen. So auch das Landratsamt Meißen im Fall der beiden Lampertswalder Blitzer. Der für die Geschwindigkeitsmessung zuständige stellvertretende Ordnungsamtsleiter Alexander Strelec sagt: „Sofern von einer Attrappe keine Gefahr für den öffentlichen Verkehrsraum ausgeht, weil sie auf privatem Grund und Boden steht, und Verkehrsteilnehmer nicht in Gefahr gebracht werden, gibt es keine rechtliche Grundlage, den Abbau zu fordern.“

Zumindest einer der beiden Lampertswalder Fake-Blitzer steht deutlich sichtbar auf dem Gehweg, also im öffentlichen Raum. Trotzdem wird er geduldet. „Sollten allerdings mit solchen vermeintlichen Anlagen Verkehrsteilnehmer absichtlich erschreckt werden, dann wird das Amt handeln“, sagt Landkreissprecherin Kerstin Thöns. Doch die Lampertswalder Blitzer blitzen nicht. Überhaupt sei der Nachbau eines Blitzgerätes nicht geschützt, so Thöns. Darauf gebe es kein Patent. „Aber der Blitz geht nicht!“ sagt die Landkreissprecherin. Dann schon eher die Geschwindigkeitsanzeigen mit den Smileys, die vielerorts vor Kindergärten und Schulen zu sehen sind. „Warum eigentlich nicht?“ fragt Kerstin Thöns. „Es ist kein gesetzlich geschütztes Verkehrszeichen, sondern lediglich eine emotionale Äußerung. Und die sind doch erlaubt.“ Ihrer Meinung nach sind Blitzerattrappen, die auf privatem Grund aufgestellt werden und nicht blitzen, durchaus legitim. Kerstin Thöns sagt: „Solange es keine Massenerscheinung wird, können wir damit leben.“