Von Maik Brückner
Lauenstein. Dass es im Mittelalter nicht immer fein zuging, ist hinlänglich bekannt. Dennoch wissen nur die wenigsten, was sich einst in der Gegend abgespielt hat, in der sie leben. Das dürfte auch im Müglitztal so sein. Zumindest hier möchte das Mario Sempf ändern. Der Dresdner forscht seit Längerem zu den düsteren Seiten seiner Landeshauptstadt. Dazu kommt er auch immer ins Müglitztal. „Die Dresdner Geschichte ist ohne die Burggrafen von Dohna und das Silber und Zinn aus dem Erzgebirge nicht denkbar“, erzählt er. Als eine gute Informationsquelle über die Rechtssprechung im Mittelalter erwiesen sich auch zwei Lauensteiner Chroniken, die ihm die Leiterin des Osterzgebirgsmuseums Lauenstein, Gabriele Gelbrich, als Lektüre empfahl. Das war im Oktober 2012. An den Tag kann sich Sempf noch gut erinnern. Damals stieg er zusammen mit seinem Zwillingsbruder Maik für eine Nacht in das Verlies der Lauensteiner Burgruine, das sogenannte Angstloch. Er wollte nachempfinden, wie es den Altvorderen erging, die hier in fünf Meter Tiefe, Tage oder gar Wochen eingesperrt wurden.
Magd Rosine Rehn wird enthauptet
Um die Zeit dort unten schneller vergehen zu lassen, blätterte er in den Chroniken. In beiden werden Hinrichtungen erwähnt. Eine davon ist die Enthauptung der Magd Rosine Rehn auf dem Lauensteiner Marktplatz. „Dieser Fall geht mir persönlich irgendwie sehr nah“, sagt Sempf. Denn er zeigt, wie verzweifelt eine Frau sein konnte, die vor knapp 300 Jahren ein uneheliches Kind erwartete und das mit aller Macht verheimlichen wollte. Letztlich wurde sie dafür hingerichtet.
Diese und andere Geschichten will der Dresdner in einer szenischen Lesung mit dem Titel „Mit Pranger, Schwert und Daumenschrauben“ während der Lauensteiner Schlossnacht am Sonnabend erzählen. Dort will er anschaulich machen, wie grausig der Alltag im Mittelalter war. Sempf will den Zuhörern auch eine Leseprobe seines dritten Buches geben, das im März kommenden Jahres unter dem Titel „Mit Hängen und Würgen – Dresdens schaurige Geheimnisse“ erscheinen wird. „Dabei handelt es sich im Übrigen um eine 160 Seiten starke P 18-Version“, sagt er. Schlossleiterin Gabriele Gelbrich ist gespannt, wie diese Lesung, die im früheren Schlossgefängnis stattfindet, ankommen wird.
Führungen, Jazz, Feuershow und Disco am Sonnabend
Die Geschichte der Rosine Rehn
„Die Geschichten rund um das Gefängnis, den Galgen und andere Richtstätten in und um die ehemalige Herrschaft Lauenstein sorgen sicher für Gänsehaut“, glaubt sie. Für Besucher, die sich in dieser Schlossnacht nicht gruseln möchten, gibt es jede Menge Alternativen. „Wer es ruhiger mag, der kann sich die schönsten Sagen aus dem Erzgebirge erzählen lassen oder den Lieblingsliedern amerikanischer Gesangsstudenten lauschen“, sagt die Schlossleiterin. Zum großen Finale des Festes erwartet sie übrigens Raubritter Gecko, der in Lauenstein sein Unwesen treiben wird.