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Lebendige Traditionspflege beim Schauschmieden

Im Haselbachtal lebte am Sonntag ein alter Industriezweig wieder auf. Einen Besucher behielt der Schmied besonders im Auge.

Von Bernd Goldammer
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Das wollte sich auch der Weihnachtsmann nicht entgehen lassen: Beim Schauschmieden im Haselbachtal wurde Eisen zum Glühen gebracht.
Das wollte sich auch der Weihnachtsmann nicht entgehen lassen: Beim Schauschmieden im Haselbachtal wurde Eisen zum Glühen gebracht. © Bernd Goldammer

Häslich. Jedes Jahr kommen die Steinarbeiter der Region und die Familien ihrer Kinder und Enkel ins Haselbachtal. Dort gibt es einen alten Granitsteinbruch, für den sich der „Förderverein Schauanlage und Museum der Granitindustrie“ mächtig ins Zeug legt. Die Ehrenamtlichen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an das Steinarbeiterhandwerk aufrecht zu erhalten.

Am Sonntag hatte Schmied Gerd Tempel aus Demitz-Thumitz das Sagen. Da kamen Erinnerungen hoch, denn früher spielte sein Beruf in den zahlreichen Granitsteinbrüchen der Lausitz eine große Rolle. Gut geschmiedetes Werkzeug war in der Akkord-Arbeit unabdingbar. Presslufthämmer und Werkzeuge gaben den Steinen ihre spätere Gestalt. Als Ansetzer, Fenster- und Türstürze, Pflastersteine, sogar für Mühlsteine ist Lausitzer Granit begehrt. Doch die Arbeit musste schnell gehen. Granit brachte gutes Geld in die Region. Fuhrleute verdienten mit, Bauleute ebenso und die damals aufkommende industrielle Kraftfahrzeugindustrie bekam durch gut gepflasterte Straßen ebenfalls Auftrieb. Der Berufsstolz der Steinarbeiter war also verständlich, der innere Zusammenhalt der Belegschaften in den Steinbrüchen auch.

Wenn Meißel und Spalteisen nicht mehr richtig funktionierten, legte es der Schmied in sein Feuer. Manchmal wurden für die Steinverarbeitungsmaschinen besondere Werkzeuge geschmiedet. Ohne Bärenkraft ging damals nur wenig. Gerd Tempel kann viel davon erzählen. Fast sein ganzes Berufsleben hat er in der Steinbruchschmiede Demitz-Thumitz verbracht. Und auch jetzt ist er noch voll aktiv. „Aber mein Kollegenkreis wird leider immer kleiner“, bedauert er. Nach der Wende hat er die Schmiedewerkstatt seines Betriebes gepachtet und sich selbstständig gemacht.

Aufträge aus ganz Deutschland

Auf den Prelle-Steinbruch kam er, nachdem ihn die alten Häslicher Kollegen darum gebeten hatten. „Ich musste darüber nachdenken. Meine Schmiedewerkstatt war schnell ins Laufen gekommen. Aufträge erreichen mich aus ganz Deutschland. Aber ich weiß, was es den alten Kollegen bedeutete, dass ihr beliebtes Schauschmieden auf der Prelle fortgesetzt wird, wenn sie bereits gestorben sind. Da wollte ich nicht nein sagen“, erzählt Gerd Tempel. Von Montag bis Sonnabend schmiedet er Meißel und anderes Werkzeug in verschiedenen Breiten und Längen für Bildhauer und extravagante Bauleute. Die wollen facettenreiches Können und sind bereit, ordentlich dafür zu bezahlen. Bildhauer brauchen Werkzeug, das gut in ihren Hände liegt und lange benutzt werden kann, wenn es ab und zu aufgefrischt wird. Gerd Tempels Vorführungen und Erzählungen brachten am Sonntagnachmittag viele Zuhörer zum Staunen. Beim Hämmern ließ er die Schmiedefunken fliegen und so mancher Zuschauer merkte, dass glühendes Metall am richtigen Ort auch eine romantische Stimmung verbreiten kann.

Einen Zuschauer musste der Schmied allerdings immer im Auge behalten. Der Weihnachtsmann war nämlich auch vor Ort. „Ein glühendes Stück Eisen könnte in seinen langen Bart fallen. Weihnachtsmänner mit angesengtem Bart könnten die Kleinen erschrecken“, erklärte der Schmied und schmunzelte. Für die zahlreichen Kinder war das eine gute Ansage. Die warteten nämlich schon auf ihren lieben Weißbart mit dem roten Mantel. Mit der Werkbahn fuhren sie mit ihm davon. Obendrein gab es Beutel mit Nascherei. Für sie war die ganze Veranstaltung ein prächtiges Stück lebendige Traditionspflege.