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Ist der Liberecer Bezirkshauptmann korrupt?

Die Staatsanwaltschaft wirft Martin Puta Machtmissbrauch und Annahme von Schmiergeld vor. Dafür droht Gefängnis.

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Martin Puta ist der ehemalige Bürgermeister von Hrádek.
Martin Puta ist der ehemalige Bürgermeister von Hrádek. © SZ

Nach drei Monaten Pause konnte der Korruptionsprozess fortgeführt werden, in der auch der Bezirkshauptmann von Liberec (Reichenberg) und ehemalige Bürgermeister von Hrádek (Grottau) Martin Puta angeklagt ist. Grund für die Verzögerung war die mögliche Befangenheit einer Beisitzerin, die inzwischen ausgetauscht wurde. Darüber informierte jetzt die Strafkanzlei des Kreisgerichtes in Liberec. Neben Puta müssen sich auch mehrere Mitglieder der politischen Bewegung „Bürgermeister für den Kreis Liberec“ (Starostové pro Liberecký kraj) verantworten. 

In dem umfangreichen Prozess sind neben ihm noch zwölf weitere Personen sowie vier Firmen angeklagt. Puta wird Machtmissbrauch und Bestechung vorgeworfen. Dafür drohen ihm fünf bis zehn Jahre Gefängnis. Doch er beteuerte seit Bekanntwerden der Vorwürfe immer wieder seine Unschuld. Auch die weitere Angeklagten äußerten, ihn nicht bestochen zu haben. „Ich habe ihm kein Schmiergeld angeboten, auch hat er nichts dergleichen gefordert“, sagte Jan Petráň, Marketingspezialist von Metrostav, eine der betroffenen Firmen. Auch der damalige Direktor, verantwortlich für den Kreis Liberec, äußerte. „Ich bin mir ganz sicher, dass er keine Bestechung angenommen hat“.

Doch bei Petraň fand die Polizei ein Verzeichnis mit aufgelisteten Summen. „Die Tabelle gehörte gar nicht zu diesem Projekt, sondern zu dem Projekt Saubere Iser“, erklärte er. Laut ihm handelte es sich nur um seine Bemerkungen.

Das Gericht verhandelte die gesamte Woche und will das auch noch zwei Tage nach dem Wochenende tun. Nur die Anklage umfasst 250 Seiten, alle Akten über 2.000. Die Verhandlung läuft im größten Gerichtssaal, alle Angeklagten nehmen vier Sitzreihen an. 

Der Fall zieht sich schon viele Jahre hin. Martin Puta wird beschuldigt, im November 2014 Bestechungsgeld in Höhe von 500.000 Kronen (fast 20.000 Euro) kassiert zu haben. Weiteres sollte er später aus Fördermitteln erhalten. Die Summe soll im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Kirche St. Maria Magdalena in Liberec geflossen sein. Das Projekt mit einem Gesamtumfang von 65 Millionen Kronen (2,6 Millionen Euro) sollte EU-Fördermittel bekommen, tatsächlich wurde aber kein Geld seitens der EU für das Vorhaben ausgezahlt. Das Projekt galt von Anfang an als riskant. Das Geld sollte deswegen erst nach seiner Fertigstellung und gründlicher Kontrolle ausgezahlt werden.

Ein zweiter Fall, der ebenfalls zur Anklage kommt, betrifft die Gründung einer Ruhezone in Liberec für 30 Millionen Kronen (rund 1,2 Millionen Euro). Auch in diesem Projekt, bei dem Puta schon nicht mehr im Regionalrat war, wurde bislang kein EU-Geld ausgezahlt. Hinter beiden Vorhaben steht die gemeinnützige Gesellschaft Geothermale Energie für die Bürger. Die Kirche der Heiligen Maria Magdalena sollte mit europäischen Fördermitteln zu einem Zentrum für die Nutzung von geothermaler Energie umgebaut werden.

Hinter beiden Vorhaben steht die gemeinnützige Gesellschaft Geothermale Energie für Bürger (Gepo). Diese ist auch eine der Angeklagten, genau wie die Firmen Developer CZ, Gallos und eben Metrostav. Letztere tritt im Prozess gleichzeitig als Geschädigte auf. Sie verlangt von Gepo eine Entschädigung in Höhe von 43,5 Millionen Kronen (1,74 Millionen Euro). (lau)