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Linke verklagt OB wegen der BRN

Die chaotische Organisation von 2017 habe Dirk Hilbert trotz Auftrag nicht aufgeklärt. Nun wiederholt sich das Wirrwarr.

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© Sven Ellger

Von Sarah Herrmann

Die Standanmelder der Bunten Republik Neustadt (BRN) erlebten in diesem Jahr ein unschönes Déja-vu. Wie schon 2017 bekamen sie auch diesmal erst wenige Tage vor dem Neustadt-Fest Gewissheit, ob sie ihre Aktionen durchführen dürfen. Linken-Chef André Schollbach zieht nun Konsequenzen. Wie er am Freitag mitteilte, hat er zu Beginn der Woche Klage gegen Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) beim Verwaltungsgericht Dresden eingereicht. Das Verwaltungsgericht bestätigte, dass eine entsprechende Anklage vorliegt.

Grund für den Weg vor das Gericht: Nachdem die Organisation im vergangenen Jahr so chaotisch ablief, hatte der Stadtrat den Oberbürgermeister beauftragt, einen Bericht über die Schwierigkeiten vorzulegen. Ende Januar 2018 sollte dieser mit dem Stadtrat besprochen werden. Doch das passierte nicht. In einer Anfrage hakte Schollbach nach. „Die Beantwortung Ihrer Fragen erfolgt mit der aktuellen Beschlusskontrolle, die Ihnen demnächst zugehen wird“, heißt es in dem von Hilbert unterschriebenen Antwortschreiben. Doch auch die Beschlusskontrolle lässt bis heute auf sich warten.

„Die Missachtung elementarer demokratischer Rechte ist nicht hinnehmbar“, sagt der Fraktionsvorsitzende. „Der Oberbürgermeister verweigert hartnäckig und willkürlich die Erteilung von Informationen zu den Hintergründen und Ursachen des Verwaltungschaos‘ rund um die Bunte Republik Neustadt. Dies wirft die folgende Frage auf: Was ist der Grund dafür?“ Vor Gericht will er sich nun eine Antwort erstreiten. Erfahrung hat er darin bereits.

Bei gleichartigen Klagen gegen die Ex-Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) hatte er Erfolg. Denn laut Gemeindeordnung muss der Oberbürgermeister Anfragen von Stadträten innerhalb einer angemessenen Frist – in der Regel vier Wochen – beantworten. Der Oberbürgermeister wollte sich am Freitag auf SZ-Anfrage nicht zu der Klage äußern. Er kündigte aber an, am Montag dazu Stellung zu nehmen.

Darüber, wer an dem Chaos Schuld ist, gibt es indes verschiedene Ansichten. So sagte Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain in der Sitzung des Neustädter Ortsbeirates am Montagabend: Mitte April habe es einen Hinweis vom Ordnungsamt und der Agentur Schröder, die seit 2016 das Sicherheitskonzept für die BRN anfertigt beziehungsweise fortschreibt, gegeben. Demnach sollte das Straßen- und Tiefbauamt (STA) alle ganzjährig bestehenden Sondernutzungen im Festgebiet auf ihre Gefahr für das Fest überprüfen. Dazu gehören Außenbestuhlungen von Gastronomen, aber auch Werbeaufsteller oder Ähnliches. Die Prüfung der über 230 Genehmigungen habe zu Verzögerungen geführt, sodass die Bescheide für die Veranstalter erst am Donnerstag verschickt wurden. Nun melden sich das Ordnungsamt und die Agentur Schröder zu Wort. Demnach sei aus Sicherheitsgründen schon 2016 von der Agentur empfohlen worden, die Alaun- und die Böhmische Straße nur auf einer Seite zu bebauen. Das bedeute zwangsläufig auch, dass ein Stand nicht gegenüber von einer Außenbestuhlung aufgestellt werden kann, erklären Vertreter der Agentur. Denn dann wären beide Straßenseiten mit Aufbauten belegt und der Rettungsweg nicht mehr gegeben. Als das Ordnungsamt 2016 für das Erstellen der Bescheide zuständig war, hätten die Mitarbeiter das entsprechend berücksichtigt. Als ein Jahr später das STA die Verantwortung übernahm, sei das scheinbar nicht passiert, heißt es aus dem Ordnungsamt. Damals hat aber alles funktioniert. Das war diesmal anders. Mitte April reichte das STA einen Antrag zur Durchsicht an das Ordnungsamt und die Agentur Schröder. Die wiesen darauf hin, dass sich gegenüber des beantragten Stands eine Außenbestuhlung befand. Warum das STA anschließend alle Bescheide zurückgehalten hat, anstatt die unproblematischen zu verschicken, ist dem Ordnungsamt und der Agentur unklar.

Wer im Recht ist, wisse er nicht, sagt auch Piraten-Stadtrat Martin Schulte-Wissermann. „Das muss aber aufgeklärt werden“, sagt er. „Es kann nicht sein, dass Leute unter einem Ämter-Ping-Pong leiden.“ Sollte es Streitigkeiten zwischen STA und Ordnungsamt geben, müsse der Oberbürgermeister einschreiten. Dies soll nun mit der Klage passieren. Wenn der Bericht des Oberbürgermeisters zu den Problemen 2017 vorliegt, könnten weitere Schritte eingeleitet werden.

Auch SPD und Grüne sind an Klarheit interessiert. Die Mitglieder haben einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt, um festzustellen, welche Stellen für die Verspätung der Genehmigungen verantwortlich sind. So soll sich das Chaos im kommenden Jahr nicht wiederholen. So lange hoffen alle Beteiligten, dass es auch in der kommenden Woche noch ein buntes und friedliches Fest wird.