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Ärgerliche Störgeräusche bei Lawaldes neuen Glocken

Die Kirchgemeinde will endlich zwei Glocken aus der Nazizeit erneuern. Kurz vor dem Ziel wird sie ausgebremst, weil der Klang nicht perfekt ist. Was nun?

Von Anja Beutler
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Diese beiden Stahlgussglocken sollen durch neue Bronzeglocken ausgetauscht werden. Sie haben Inschriften aus der Nazizeit.
Diese beiden Stahlgussglocken sollen durch neue Bronzeglocken ausgetauscht werden. Sie haben Inschriften aus der Nazizeit. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Es wird das letzte Mal sein, dass die aktuell vorhandenen Lawalder Glocken in ihrem frei stehenden Turm gleich neben der Kirche am Ostersonntag Jesu Auferstehung lautstark bekunden. Das hofft Pfarrerin Karin Baudach jedenfalls. Denn auf einen Termin festlegen, wann Lawalde endlich ein neues Geläut aus Bronze haben wird, will sie sich inzwischen nicht mehr. Wann genau die zwei neuen Glocken nun wirklich in den Turm einziehen, geweiht und dann auch zu hören sein werden - das ist dieser Tage erneut ein Stückchen ungewisser. Denn Experten befürchten, dass die beiden neuen und die verbleibende alte Bronzeglocke zusammen nicht so harmonieren, wie sie es eigentlich sollen.

Schon seit Jahren will die Kirchgemeinde zwei Stahlgussglocken aus der NS-Zeit ersetzen, denn sie sind qualitativ in einem schlechten Zustand. Diesem Plan hat vor inzwischen zwei Jahren vor Ostern just ein Beitrag in der Kirchenzeitung "Der Sonntag" ungeahnten Schwung verliehen, weil Lawalde zu den fünf Kirchgemeinden der Sächsischen Landeskirche zählt, in denen noch Glocken "mit nationalsozialistischem Bezug" erklingen. Es gibt auf den Stahlgussglocken eindeutige Bezüge auf ihre Stifter und die NS-Zeit, in der sie entstanden sind. Das Echo auf diese Töne war für Pfarrerin und Gemeinde nicht immer angenehm, führte am Ende aber dazu, dass sich auch die Landeskirche bereiterklärte, finanziell zu unterstützen. Bei 40.000 Euro Gesamtkosten stellte die Landeskirche eine außerordentliche Zuweisung von 16.000 Euro bereit, teilte eine Sprecherin vor einem Jahr mit. Außerdem sammeln die Lawalder fleißig Spenden für die Finanzierung.

Experte hört Ruckeln und Hacken

Nun aber hängt die Erneuerung an der nächsten Klippe: Die Glocken sind im September zwar gegossen worden - eine Gruppe aus Lawalde fuhr sogar extra per Bus dazu nach Süddeutschland, um dabei zu sein. Aber jetzt, nach den ersten Tonproben, gibt es neue Sorgen: Eine neue und die alte, noch in Lawalde befindliche Bronzeglocke, harmonieren nicht miteinander. Norbert Hesse, Baupfleger und Geläutbeauftragter beim Regionalkirchenamt in Bautzen, versucht zu erklären, wie das gemeint ist. Denn es geht nicht um den Dreiklang - in dem Fall ist es as-Moll - der unsauber erklingen würde. Es geht um ein eher physikalisches Phänomen, das mit den Schwingungen direkt zusammenhängt: "Wenn die Glocken gemeinsam erklingen, entsteht eine Art Hacken oder Ruckeln - als ob die Frequenzen der einen neuen und der alten Glocke miteinander kämpfen würden, sich hart überlagern", versucht er zu verdeutlichen.

Da im Lawalder Glockenturm das Geläut recht weit unten und eben nicht in 30 Metern Höhe ertönt, ist sich Hesse sicher, dass die Lawalder diese Geräusche als störend wahrnehmen würden. Deshalb will er, auch wenn es sich nur um Nuancen handelt, nicht darüber hinweggehen. Schließlich ist so ein Glockenguss ja für die Ewigkeit gedacht. Dabei sind solche Unstimmigkeiten der Glocken untereinander beileibe keine Seltenheit - und auch der Gießerei ist da kein Vorwurf zu machen. Dennoch müsse die eine neue Glocke nun neu gestimmt werden, sagt Hesse.

Wie hat der Experte das eigentlich herausgefunden - schließlich sind die neuen Glocken ja noch in der Gießerei und die älteste hängt in Lawalde im Turm? Das geht dank digitaler Technik: Der Klang der alten Glocke wird aufgenommen, die beiden neuen angeschlagen und dann miteinander gemischt. So kann man den Zusammenklang überprüfen. Harmonieren die Töne oder Schwingungen nicht, muss man eben nachjustieren.

Glocke stimmen, ist nicht einfach

Wie das gehen soll, ist aber eben noch die Frage. Will man eine Glocke etwas tiefer klingen lassen, könne man mit etwas nachträglichem Feilen im Inneren schnell Wirkung erzielen. In Lawalde geht das so aber nicht, denn die neue Glocke müsste ein winziges bisschen höher schallen als jetzt. Da ist Feilen nicht so naheliegend. Wieso also nicht die historische Glocke tiefer stimmen? Norbert Hesse wird da vehement: An eine alte Glocke gehe man generell nicht ran, sagt Norbert Hesse, die sei tabu. Der Geläutbeauftragte gibt sich aber dennoch optimistisch, dass man mit der Gießerei eine Lösung findet.

Allerdings wird das noch ein wenig Zeit brauchen: Der eigentlich anvisierte Termin am letzten Maiwochenende ist damit wieder hinfällig, bestätigt Pfarrerin Baudach. Aber ganz so tragisch sei das am Ende nicht, meint sie: "Wir haben ja ein noch funktionierendes Geläut", sagt sie. Und das wird - nachdem ab Karfreitag alle Glocken erst einmal schweigen - dann am Sonntag die frohe Osterbotschaft verkünden.