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Neugersdorf: Was er jetzt im Kinderkaufhaus "Max und Moritz" vorhat

Philipp Beutmann ist Lackierer und widmet sich vor allem Holz. Der Dresdner kam vor fast drei Jahren in die Oberlausitz und sagt: "Ich bin angekommen."

Von Romy Altmann-Kuehr
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Philipp Beutmann eröffnet im ehemaligen Kinderkaufhaus in Neugersdorf eine Werkstatt, Galerie und Atelier.
Philipp Beutmann eröffnet im ehemaligen Kinderkaufhaus in Neugersdorf eine Werkstatt, Galerie und Atelier. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Die Glocke schellt schrill, als die Türe aufgeht. Philipp Beutmann erschreckt das inzwischen nicht mehr. "Hier kommen immer wieder mal Leute rein und fragen, ob es noch Schrauben zu kaufen gibt", sagt er lachend. Erst seit wenigen Wochen ist er Mieter des ehemaligen Geschäfts "Schrauben-Paul" am Ernst-Thälmann-Platz in Neugersdorf. Hier wurden viele Jahre lang Schrauben und Kleinteile zum Bauen verkauft, früher - zu DDR-Zeiten - war der Eckladen bekannt als Kinderkaufhaus "Max und Moritz".

Und jetzt will sich Philipp Beutmann hier niederlassen mit seiner Firma "Deco.lore". Seit gut zweieinhalb Jahren ist der gebürtige Dresdner mit seinem kleinen Unternehmen in Neugersdorf ansässig. Beutmann ist Maler und Lackierer, hat sich spezialisiert auf die Bearbeitung von Holz - vor allem mit natürlichen und nachhaltigen Materialien. So arbeitet der Handwerker viel mit Leinölfarbe. Damit könne man Holz quasi für die Ewigkeit konservieren, sagt er. Damit wurde schon vor 700 bis 800 Jahren gearbeitet, sagt Beutmann, der sich auch sehr für Geschichte interessiert. Erst mit der Industrialisierung kamen Kunstharzfarben in Mode.

Inzwischen besinnt man sich wieder mehr auf alte Baustoffe und Materialien - gerade auch in der Oberlausitz bei der Sanierung der Umgebindehäuser. Mit seinem Wissen und Können darüber, das der gelernte Autolackierer sich autodidaktisch angeeignet hat, arbeitet Philipp Beutmann inzwischen viel in der Denkmalpflege.

Von der Dresdner Neustadt nach Neugersdorf

Philipp Beutmann hat sich mit seiner Firma "Deco.lore" auf die Bearbeitung von Holz spezialisiert - zum Beispiel arbeitet er Fenster, Türen, alte Möbel auf.
Philipp Beutmann hat sich mit seiner Firma "Deco.lore" auf die Bearbeitung von Holz spezialisiert - zum Beispiel arbeitet er Fenster, Türen, alte Möbel auf. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

In der Dresdner Neustadt, wo Beutmann vor dem Umzug nach Neugersdorf mit seiner Familie zu Hause war, suchte er nach einer Werkstatt für seine Arbeit. Doch die Preise waren utopisch. Hinzu kam, dass die inzwischen vierköpfige Familie in einer Zweizimmer-Wohnung lebte. In der Coronazeit mit Ausgangsbeschränkungen wurde es da oft eng. So entstand 2020 die Idee, in die Oberlausitz zu ziehen, die Heimat seiner Ehefrau. Sie stammt aus Leutersdorf.

Verliebt hatte er sich in die Gegend schon als seine Frau, die er in Dresden kennenlernte, ihn die ersten Male mit hierher brachte. "Ich bin viel rumgekommen", erzählt der 41-Jährige. "Habe zum Beispiel in Leipzig, Berlin, Wien gelebt. Aber in die Ecke hier hat es mich vorher noch nie verschlagen." Sofort war er fasziniert von der Landschaft. Von den niedlichen Häuschen, die sich an die grünen Hügel schmiegen. "Die Architektur ist einmalig. Das sind ja gerade unsere Kulturgüter, die wir erhalten müssen. Das bringt auch den Tourismus voran." Er wolle einen Beitrag dazu leisten mit seiner Arbeit. Die Oberlausitz und er - das passt deshalb perfekt. "Ich bin angekommen", sagt der weitgereiste Dresdner, der schon seit über 20 Jahren selbständig ist und in verschiedenen Berufen gearbeitet hat. So war er auch DJ und Veranstaltungsmanager. "Mit den Kindern bin ich dann ein bisschen bodenständiger geworden", sagt er schmunzelnd. In seiner neuen Heimat engagiert er sich mittlerweile auch ehrenamtlich, etwa in der Neugersdorfer Kirchgemeinde oder beim Kraut-und-Rüben-Verein in Zittau.

Eröffnung Ende Mai geplant

Sein erstes Umgebindehaus-Projekt war das Haus seiner Schwieger-Oma. Dort half er beim Restaurieren der alten Holzfenster und fand so Gefallen an der Arbeit mit Holz. Inzwischen hat er bereits mehrere größere Projekte umgesetzt. An einem Umgebindehaus in Eibau an der Hauptstraße 32 arbeitet er seit zwei Jahren Stück für Stück. Die Aufbereitung des alten Holzes braucht seine Zeit, die Leinölfarbe muss anschließend in mehreren Schichten trocknen.

Philipp Beutmann bearbeitet aber auch alte Möbel, baut Neues aus alten Türen oder anderen Holzbauteilen. Aber auch Kunst gehört zu seinem Repertoire. Das alles will er nun im alten Kinderkaufhaus "Max und Moritz" vereinen. Hier gibt es genügend Platz dafür. Im vorderen Bereich des früheren Verkaufsraums plant Beutmann eine Galerie. Weiter hinten soll es ein Atelier geben. Hier könnten auch andere Künstler bei Bedarf einen Arbeitsplatz mieten. Und schließlich will er seine eigene Werkstatt einrichten.

Ende Mai, schätzt Philipp Beutmann, wird er eröffnen können. Bis dahin ist noch einiges zu tun. Im Atelier muss zum Beispiel noch ein Sanitärtrakt eingebaut werden, in der Werkstatt eine Lüftungsanlage. Dass er den Laden endlich gefunden, darüber ist der Handwerker sehr glücklich. Ein Jahr lang hat er nach so einem Standort gesucht, wo für seine Ideen alles zusammenpasst. Dass das Kinderkaufhaus leersteht, erfuhr er über Mundpropaganda. Auch das mag er so am Leben auf dem Land: Man hält zusammen und hilft sich gegenseitig. "Meistens jedenfalls", lacht der Zuzügler. Die Oberlausitzer seien manchmal etwas rau, aber umgänglich.