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Die wilden Zachers mit ihrem historischen Rallye-Ford

Das Ehepaar Zacher aus Neugersdorf fährt Rallyes mit einem Fahrzeug, das vor über 40 Jahren Sportgeschichte schrieb - dabei geht's auch robust zu.

Von Markus van Appeldorn
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Katrin und Hans-Ulrich Zacher und ihr 45 Jahre alter Rallye-Ford.
Katrin und Hans-Ulrich Zacher und ihr 45 Jahre alter Rallye-Ford. © Markus van Appeldorn

Das Ehepaar Katrin und Hans-Ulrich Zacher aus Neugersdorf fährt in seiner Freizeit Rallyes mit einem historischen Ford Escort. Auf Asphalt- und Schotterpisten in ganz Europa lassen sie es gehörig krachen und stauben. Und manchmal fliegen dabei auch im Wortsinne die Fetzen - wie es auch der SZ-Reporter bei einem wilden aber kurzen Ritt durch die Felder von Eibau erleben durfte.

Sein Erweckungserlebnis hatte Hans-Ulrich Zacher (62) in den 70er-Jahren. "Da sah ich bei der damaligen Skoda-Rallye in Böhmen einen holländischen Fahrer mit seinem Ford Escort Mk II RS 2000 - das hat mich zum Rallyesport gebracht", erzählt er. Bevor Allrad-Fahrzeuge wie der Audi Quattro den Rallyesport umkrempelten, war der Ford Escort in den 70ern eines der weltweit erfolgreichsten Rallye-Autos. Der erste Rallye-Fahrerweltmeistertitel überhaupt wurde 1979 mit einem Escort erzielt. Und die finnische Rallye-Legende Ari Vatanen fuhr auf ihm 1981 regelmäßig der internationalen Konkurrenz um die Ohren und zum Weltmeister-Titel.

Die Anfänge mit Trabi und Wartburg

Rallye fahren - ein hohes Ziel für einen Jugendlichen in der damaligen DDR. "Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal kann. Das waren ja tiefste DDR-Zeiten", sagt er. Und bis sich Zacher seinen Traum vom Rallye-Escort erfüllen konnte, sollten dann tatsächlich beinahe 40 Jahre vergehen - und eigentlich wollte er ja sowieso Motorradrennfahrer werden. "Da hat mir dann aber ein Freund gesagt, dass ich dazu erst einmal ein Auto bräuchte, mit dem ich das Motorrad zu den Rennen transportieren kann", erzählt er. Klang logisch. Bloß: "Als ich dann das Auto hatte, war ich so verschuldet, dass es für das Motorrad nicht mehr gelangt hat."

Also doch Rallye. Und so ging's dann 1979 mit dem Trabi erstmals auf eine Rallye - einen Bezirksmeisterschaftslauf bei Bautzen. Alsbald bekam er einen Wartburg - schon eine andere Liga. "Damit konnte ich schon Duftmarken setzen", sagt Zacher. Schließlich wurde der "Motorclub Wismut Karl-Marx-Stadt" auf ihn aufmerksam - und dort gab's als Clubautos noch bessere Wartburgs. "Dass ich mal solche werksneuen Wartburgs fahren könnte, war ja schon mehr, als ich mir je erträumt hatte", sagt er. Und immerhin: Mit den Fahrzeugen fuhr er plötzlich um die DDR-Meisterschaft mit.

Doch dann kam die Wende. Damals kaufte sich Zacher zwar noch auf Kredit seinen ersten West-Rallyewagen, einen Renault R5 GT Turbo - aber erst mal hatten für den Heizungsbauer und Sanitär-Spezialisten andere Dinge Vorrang. Meisterprüfung, Geschäftsgründung, ankommen in der neuen Zeit. Und so ruhte die Rallyeleidenschaft beinahe 20 Jahre. Bis ihn 2014 ein Mechaniker aus seinem ehemaligen Rallye-Team anrief und ihn zum Zuschauen zur Erzgebirgsrallye einlud. "Als ich da ins Fahrerlager kam, war ich wieder heiß", sagt er.

Mit dem Kult-Auto zu Historik-Rallyes

Zacher wollte wieder selbst Rallye fahren. "Da drängte sich der Gedanke auf, dass man ja 30 Jahre älter geworden ist und deshalb auch kein aktuelles Auto fährt", sagt er. Sein R5 GT Turbo war damals für Historik-Rallyes noch zu jung - aber da war ja noch der alte Jugendtraum, der Rallye-Ford. Und tatsächlich fand Zacher einen in Finnland, einem der Mutterländer des Rallyesports. Und es war dies die Zeit, als er auch seine heutige Frau Katrin kennenlernte - die sich schnell als Co-Pilotin qualifizierte. "Ich habe seit 2007 den Pilotenschein für Segler und Ultraleichtflugzeuge", sagt sie. Wenn sie also in der Luft unterwegs sind, tauschen sie die Plätze von Pilot und Co-Pilot. Wichtigste Eigenschaft der Frau auf dem Beifahrersitz: "Grundvoraussetzung ist, dass man komplett angstbefreit ist", sagt Hans-Ulrich Zacher.

Auf der Schotterpiste durch den Bayerischen Wald bei der "3-Städte-Rallye".
Auf der Schotterpiste durch den Bayerischen Wald bei der "3-Städte-Rallye". © privat
Katrin und Hans-Ulrich Zacher bei der "Rebenland-Rallye" in der Steiermark.
Katrin und Hans-Ulrich Zacher bei der "Rebenland-Rallye" in der Steiermark. © privat
Im Ultraleichtflugzeig tauschen Katrin und Hans-Ulrich Zacher die Plätze von Pilot und Co-Pilot.
Im Ultraleichtflugzeig tauschen Katrin und Hans-Ulrich Zacher die Plätze von Pilot und Co-Pilot. © privat
Mit Vollgas bei der "Rallye Velenje" in Slowenien.
Mit Vollgas bei der "Rallye Velenje" in Slowenien. © privat
Katrin und Hans-Ulrich Zacher auf einer Station der "3-Städte-Rallye" im niederbayerischen Freyung.
Katrin und Hans-Ulrich Zacher auf einer Station der "3-Städte-Rallye" im niederbayerischen Freyung. © privat
Ende Gelände - der Bruch eines Querlenkers beendete die Probe-"Wertungsprüfung" mit dem SZ-Reporter.
Ende Gelände - der Bruch eines Querlenkers beendete die Probe-"Wertungsprüfung" mit dem SZ-Reporter. © undefined

Denn auch wenn der Escort Baujahr 1977 ein Alteisen ist - bei einem Gewicht von nur 960 Kilo kann man es mit 190 PS gehörig fliegen lassen. Seit 2017 nun fahren Katrin und Hans-Ulrich Zacher gemeinsam um den "Mitropa Cup". Dieser Cup wird als eigene Historik-Wertung bei regulären Rallyes in sieben europäischen Ländern ausgetragen. Wirkliche Sieg-Chancen haben die beiden dabei nicht. "Da fährt man in einer Klasse wie ein 3-Liter-Porsche oder der wesentlich stärkere und modernere Lancia Delta Integrale", sagt Zacher.

Kleine Blessuren gehören zum Rallye-Alltag

Die italienische Allrad-Ikone Delta Integrale beherrschte den Rallye-Zirkus in den späten 80ern und frühen 90ern nach Belieben und wurde zum erfolgreichsten Rallye-Auto aller Zeiten. Wenn die Zachers immer wieder mal dennoch einen Top-Platz erzielen, dann deswegen, weil die Konkurrenz ausgefallen ist. Ankommen ist bei einer Rallye nämlich mitunter das Schwierigste. So ging auch Zacher jüngst bei der Teilnahme an der Rallye "Casentina Storico" in der Toskana die Straße aus und er schlug dezent in die Botanik ein. Dabei ging ein Teil der Frontschürze fliegen - Rallye-Routine.

So weggebrochene Teile - das erledigt Zacher dann daheim in der Garage selbst. "Ich mache die Karosserie selbst kaputt, und repariere es auch selbst." Vom Motor indes lässt er die Finger und lässt das einen Spezialisten machen. "Selbst am Motor rumzuschrauben, hat sich überhaupt nicht bewährt. Das habe ich nach ein paar Motorplatzern gemerkt", sagt er. Wie schnell man mitunter so ein Rallye-Auto demoliert, zeigte Zacher bei einer kleinen Ausfahrt mit dem SZ-Reporter als "Co-Pilot". Bei der Hatz über einen Feldweg bei Eibau quittierte das Fahrwerk des Escort ein schnell überfahrenes Schlagloch mit dem Bruch eines Querlenkers. "Keine große Sache", sagt Zacher - zurück zur Garage ging's dennoch zu Fuß.