Merken

Männertagsgruß am alten Konsum

In Weißig am Raschütz schreibt Ellen Richter witzige Sprüche an ein Schaufenster und sammelt überwiegend positive Resonanz. Aber nicht bei jedem.

Teilen
Folgen
NEU!
© Jörg Richter

Von Jörg Richter

Weißig am Raschütz. Was macht man mit einem alten Dorfkonsum, der vor sich hin modert? Man verziert ihn. Das dachten sich auch Ellen und Bernd Richter, als sie bei einem Feierabendbier ihre Hälfte des leer stehenden Gebäudes betrachteten. Das war im Herbst, nach einer von zahlreichen Aufräumaktionen, um das zugewachsene Konsum-Gelände in Weißig am Raschütz urbar zu machen. Seitdem fährt Ellen Richter einmal pro Woche extra aus ihrem Heimatort Lampertswalde hierher. Dann holt sie Pinsel und weiße Farbe aus dem Schuppen, in dem früher Ware eingelagert war, und schreibt Sprüche an die Schaufensterscheibe. Eine Probe gefällig?

Ellen Richter zeichnet die einzelnen Wörter erst vor und streicht sie anschließend dick nach.
Ellen Richter zeichnet die einzelnen Wörter erst vor und streicht sie anschließend dick nach. © Jörg Richter

„Weißt du, warum die Vögel am Morgen so fröhlich singen? Weil sie nicht auf Arbeit müssen“, stand vor zwei Wochen am Konsum. Für reichlich Schmunzeln sorgte Ellen Richter auch mit diesen Sprüchen: „Milch ist gefährlicher als Alkohol. Oder kannst du dich an die ersten Jahre deines Lebens erinnern?“ Und: „Man sollte seine Arbeit nie mit nach Hause nehmen. Es sei denn, man arbeitet in einer Brauerei.“

„Da lachen vor allem Männer“, sagt die 53-jährige Lampertswalderin. Und wenn sie gerade beim Schreiben ist, hupt auch schon mal ein Auto, wenn es vorbei fährt. Denn längst sind Ellen Richters Schaufenstersprüche eine Attraktion im Dorf geworden. Leute nehmen auch mal Umwege in Kauf, um den neuesten Spruch zu lesen.

In dieser Woche steht aus gegebenem Anlass ein Männertagsgruß am Konsum: „Letzten Vatertag hatten wir richtig tolles Wetter. Der Himmel und ich waren ganz blau. Alles Gute Männer!“ Ellen Richter betont, dass dieser und alle anderen Sprüche nicht autobiografisch sind. „Das soll nur ein Spaß sein“, sagt sie.

Aber leider versteht nicht jeder Spaß. Es gebe auch Zeitgenossen, die sich darüber entrüsten, dass viele Weißiger Schaufenstersprüche von Bier und Alkohol handeln. Aber davon lässt sich Ellen Richter nicht beeindrucken und schreibt weiter ihre witzigen Zeilen auf die großen Scheiben. „Denn das Leben ist schon ernst genug“, sagt die Zeitungszustellerin, die vor allem früh morgens arbeitet, wenn die meisten Leute noch schlafen. Deshalb hat sie auch tagsüber genügend Zeit, die Sprüche an den alten Konsum zu pinseln.

Diese stammen oftmals nicht aus ihrer eigenen Feder. Mittlerweile werden sie ihr von Verwandten, Freunden und Bekannten zugetragen. „Die ersten Sprüche habe ich nicht aufgeschrieben“, erzählt sie bedauernd. Kurz vor Weihnachten hat sie sich deshalb ein kleines Büchlein angeschafft und schreibt die Ideen hinein. An Material für die nächsten Wochen und Monate mangelt es nicht. Sie versieht jeden Spruch, der bereits erschienen ist, mit einem Kreuz, um den Überblick zu behalten. Es darf also weiter gelacht werden.