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Mahlzeit!

Das regionale Angebot an Schulessen ist vielfältiger als viele denken. Einfacher macht das die Wahl aber nicht.

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© Franziska Kraufmann/dpa

Von Annett Heyse

Kesselsdorf/Colmnitz. Das klingt doch schon mal lecker, aber manch gesundheitsbewussten Erwachsenen dürfte es jetzt gruseln: Nudeln, Pizza, Eierkuchen und Pommes stehen ganz oben auf der Liste der Lieblingsgerichte deutscher Schüler. Ganz am Ende tauchen Spinat, Suppe, Fisch und Kartoffeln auf. Das wird – in dieser Rangfolge – gar nicht gern gegessen. Herausgefunden haben das Forscher der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Die hatten 2014 eine Untersuchung zum Thema Schulessen durchgeführt. Gefragt wurden 12 000 Schüler in ganz Deutschland. Auch Schulleiter antworteten. Die Ergebnisse: durchaus ernüchternd.

So essen vor allem die jüngeren Schüler in der Schulkantine mit, die Älteren versorgen sich lieber anderweitig. Auch wurde das Essen auf einer Schulnotenskala von eins bis fünf mit 2,5 nur als mittelmäßig bewertet. Der Großteil der Schulkantinen – 64 Prozent – wird fremd bewirtschaftet. Zu 84 Prozent kommt das Essen von Cateringanbietern oder externen Lieferanten. Bei 60 Prozent handelt es sich dabei um Warmverpflegung, die im Verlaufe des frühen Morgens gekocht und dann in Isolierbehältern ausgeliefert wird.

Kein Wunder also, dass auch im hiesigen Landkreis die Qualität des Schulessens immer wieder mal Thema in Elternabenden und auf Schulkonferenzen ist.

Einer der größten Anbieter ist Sodexo, deutscher Ableger eines französischen Konzerns. Gekocht wird in den zwei Großküchen Kesselsdorf und Dresden. Sodexo ist herkömmliche Schulspeisung mit einigen modernen Zugeständnissen. Der Speiseplan für einen Wochentag, wie den 1. März, liest sich folgendermaßen: Eierragout mit Möhren und Erbsen, dazu Kartoffeln; Vegetarischer Eintopf aus grünen Bohnen mit Vollkornbrot; Kalbsfrikassee mit jungem Gemüse und Reis. Täglich hat Sodexo ein vegetarisches Gericht im Angebot, ab und zu gibt es internationale Küche. Dazu kommt beispielsweise am Weißeritzgymnasium eine Snackbar mit Obst, Gemüse und Desserts, wo sich die Schüler bedienen können. Per Internet oder ganz bequem per Handy kann bestellt werden. Es ist die moderne Art der Verpflegung.

800 Essen für 12 Schulen

Ganz klassisch dagegen arbeitet die Firma Kochtopf aus Colmnitz. Seit gut einem Jahr leitet Vicky Weckbrodt die Küche. Hier werden täglich 800 Essen für zwölf Schulen im Umkreis von Klingenberg gekocht, auch Kindergärten werden beliefert. „Wir kochen täglich frisch ein Gericht“, erklärt die Geschäftsführerin. Nur mittwochs gibt es zwei Essen, meistens einen Eintopf und eine süße Mahlzeit. „Die Kinder lieben Plinsen“, sagt Weckbrodt. Die weiteren Renner? Beefsteaks, Kartoffelsuppe und Nudeln in allen Varianten. Man habe auch schon mal was anderes ausprobiert. „Von den Eltern wird mehr Vegetarisches gewünscht. Aber vegetarisches Schnitzel und vegetarische Bratwurst kamen nicht so gut an“, berichtet Vicky Weckbrodt. Und als es mal Kartoffelsuppe ohne Würstchen gab, hätten viele Mädchen und Jungen prompt gefragt, wo denn die Wiener seien. Weckbrodt: „Wenn schon vegetarisch, dann funktionieren eher noch solche Sachen wie Kartoffeln und Quark oder Rührei mit Blumenkohl.“

Wie weit auseinander die Vorstellungen von gesunder, ausgewogener Ernährung einerseits und die Geschmäcker andererseits liegen, zeigt ein Blick auf eine Liste der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Die hat Qualitätsstandards für die Schulverpflegung erarbeitet. Demnach sollen innerhalb von zwanzig Schultagen täglich Gemüse oder Salat auf dem Teller landen, aber nur maximal achtmal Fleisch oder Wurstprodukte. Seefisch wird mindestens viermal empfohlen.

In Bannewitz hat man nach jahrelanger Diskussion ums Schulessen etwas Neues ausprobiert und den Anbieter gewechselt. Jetzt versorgt die Firma Apetito die Schüler an der Grund- und Oberschule Bannewitz sowie der Grundschule Possendorf. Apetito bietet Schulessen vom Büfett an, in der Regel zwei Hauptkomponenten mit verschiedenen Beilagen. Das Essen wird frisch gekocht, dann schockgefrostet und kurz vor der Mittagspause im Dämpfer wieder erwärmt. Die Schüler nehmen sich selbstständig, was sie wollen und wie viel sie wollen. In der Gemeindeverwaltung ist man begeistert. „Die Kinder essen mehr Gemüse, auch wird weniger weggeworfen“, schildert Kerstin Ryssel, in Bannewitz für die Schulen zuständig.

Mehr Schüler essen mit

Seit man 2014 zu Apetito gewechselt sei, würden insgesamt mehr Schüler mitessen. „Vor allem gibt es mehr Anmeldungen unter den Oberschülern.“

Doch Qualität ist das eine – die Rahmenbedingungen sind das andere. Was manchem Schüler das Schulessen verleidet, ist vor allem der Zeitdruck. Standard sind in vielen Schulen 25 oder 30 Minuten für die Mittagspause. Doch in der Zeit müssen die Schüler auch noch ihre Arbeitsmaterialien zusammenpacken, eventuell mal auf Toilette und zum Händewaschen, dann essen gehen und sich dann auf die nächste Stunde vorbereiten. „Wir haben in den meisten Schulen zwei Ausgaben, damit es schneller geht. Trotzdem finde ich die Essenspausen zu kurz“, sagt beispielsweise Kochtopf-Chefin Weckbrodt. In der Grundschule Possendorf hat man inzwischen die Mittagszeit von 20 auf 30 Minuten verlängert. „Das nutzen die Kinder auch“, sagt Kerstin Ryssel. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung denkt da viel weiter. Sie empfiehlt in ihren Qualitätsstandards zum Schulessen 60 Minuten Mittagspause. Mindestens. Kommentar