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Malerischer Umweg

Die lange vergessene Thiele-Aussicht in Thürmsdorf ist wieder frei. Initiator Sven-Erik Hitzer hat schon neue Ideen.

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© Norbert Millauer

Von Carina Brestrich

Thürmsdorf. Leere Sektflaschen, die Verpackung eines Fotofilms, eine Pralinenschachtel – der Papierkorb neben der Bank liefert den Beweis. Die Johann-Alexander-Thiele-Aussicht in Thürmsdorf ist seit Kurzem Anziehungspunkt für Einheimische wie auch Touristen. Die genießen ganz offensichtlich auch gern länger den Blick auf die Elbe, den Lilienstein und die Festung Königstein: für ein Sektfrühstück, schöne Fotos oder vielleicht sogar einen Heiratsantrag? Sven-Erik Hitzer zuckt mit den Schultern. „Ich weiß es nicht“, sagt er und lacht, „aber solange die Leute ihren Abfall ordnungsgemäß entsorgen, bin ich zufrieden.“ Mitte der Neunziger, als er in Thürmsdorf das Schloss kaufte, war Sven-Erik Hitzer zum ersten Mal an der Thiele-Aussicht. Damals wucherte das Unkraut, der Weg dahin war löchrig und zugewachsen. Auch das Mausoleum, nur wenige Schritte von der Aussicht entfernt, war verfallen. Erst vor wenigen Wochen ist die einstige Grabstätte als erste Kapelle am Malerweg eingeweiht worden. Hitzer hat den verfallenen Kuppelbau sanieren und auch die Aussicht freischneiden lassen. „Ich habe mit dem Sachsenforst um jeden Baum verhandelt“, erinnert sich Hitzer. Der Gastronom und Hotelier ging sogar noch einen Schritt weiter: Um möglichst vielen Wanderern die Elbkulisse zu erschließen, hat Hitzer den Malerweg umverlegen lassen. Führte er bislang eher unspektakulär übers Feld, macht der Wanderweg jetzt einen etwa 500 Meter langen Schlenker durch den Wald, vorbei am Mausoleum – und der Thiele-Aussicht.

Inzwischen steht dort neben mehreren Bänken und dem Papierkorb auch eine Stele. Eine dezente, schlichte Glastafel, die dank einer ausgeklügelten Verankerung förmlich aus dem Boden wächst. Darauf abgebildet ist Thieles Prospekt der Festung Königstein von 1748. Der Landschaftsmaler gehörte zu den Lieblingsmalern Augusts des Starken. „Natürlich hat er das Bild nicht hier draußen gemalt“, sagt Hitzer. Zweifelsohne aber hat er sich auf dem Thürmsdorfer Elbhang zu seinem Panorama inspirieren lassen. Mit der Stele haben die Besucher den direkten Vergleich zwischen Gemälde und der tatsächlichen Aussicht. „Auf dem Bild ist der Festungsberg überzeichnet. Das war für diese Zeit ganz typisch“, beschreibt Kunstkenner Hitzer.

Neben der Stele an der Thiele-Aussicht zeigen am Malerweg noch dreizehn weitere Tafeln, wo einst berühmte Malereien entstanden. Die erste Tafel stellte Sven-Erik Hitzer 2008 an seiner Mühle in Schmilka auf. Weitere folgten, finanziert durch Fördermittel, Kommunen und andere Geldgeber. Hitzer freut sich über die Unterstützung, auf ihn geht die Idee mit den Kunsttafeln immerhin auch zurück. „Die Leute sollen die Position des Malers einnehmen, sich mit dem Kunstwerk und der Landschaft beschäftigen“, erklärt er seine Intention. „Wer zückt hier nicht die Kamera und versucht, die Elbe und die Festung genauso abzufotografieren wie auf Thieles Bild?“

Genug sind Hitzer die bestehenden Stelen aber noch nicht. „Ich kann mir gut noch 20, 30 weitere vorstellen“, sagt er. Vorlagen liefern die vielen Künstler, die in der Sächsischen Schweiz unterwegs waren, genug. Einige Orte hat Hitzer bereits im Kopf. „Etwa zehn davon liegen direkt am Malerweg.“ Die anderen etwas abseits des Wanderwegs. „Das finde ich aber nicht schlimm“, sagt Hitzer. „Man muss sie auch nicht unbedingt ausschildern. Die Leute können doch auch selbst entdecken.“ Doch wie oft bei solchen Projekten bleibt die Frage nach dem Geld und der Zustimmung der Eigentümer und Behörden. Hitzer selbst ist dazu bereits in Kontakt mit dem Tourismusverband Sächsische Schweiz. „Vielleicht gelingt es uns, Sponsoren aufzutreiben oder erneut Fördermittel zu bekommen“, sagt er. Hitzer jedenfalls ist von seiner Idee überzeugt. Dass es zu viele Stelen sein könnten, glaubt er nicht. Stattdessen helfen sie, den Malerweg noch besser von anderen Pfaden in Deutschland abzuheben, ihn als Erlebniswanderweg zu etablieren. Hitzer formuliert es so: „Es qualifiziert den Malerweg.“