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Malzfabrik auf Gute-Laune-Suche

Die Mälzer und Schlosser des wichtigsten sächsischen Brauerei-Lieferanten haben bisher zu wenig gemeinsam ausprobiert. Ein Experte verordnet ihnen neue Arbeitsideen.

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Von Georg Moeritz

Wenn sämtliche 18 Mitarbeiter einer Fabrik sich zur Schulung in einem Dresdner Hotel treffen, dann muss der Betriebsleiter erst einmal eine Frage beantworten: Funktioniert die Produktion unterdessen ganz ohne Personal? Tatsächlich: Die Malzfabrik des Konzerns Malteurop in Heidenau bei Dresden kann eine Weile automatisch laufen. Da hat Betriebsleiter Sandro Kohl keine Bedenken. Sollte der Gerste beim Keimen das Wasser ausgehen oder das riesige Rührwerk plötzlich anhalten, dann gäbe es eben einen Alarm aufs Handy. Kohl ist sicher, dass seine Mälzer, Schlosser und Elektriker dann schnell wieder alle auf ihren Posten in Heidenau wären.

Doch Betriebsleiter Kohl plant nicht etwa eine Zukunftsfabrik ohne Mitarbeiter. Im Gegenteil: Das Belegschaftstreffen außerhalb des Werks soll dazu dienen, die Arbeit in der Malzfabrik interessanter zu machen und den Beschäftigten neue Ziele zu setzen – vor allem mehr Zusammenarbeit. Denn daran fehlte es angeblich in den vergangenen Jahren. Für Sandro Kohl ist es ein „Pilotprojekt“, das bei Erfolg auch den anderen 22 Fabriken des französischen Malteurop-Konzerns nützen kann. Für den Heidenauer Unternehmensberater Klaus-Richard Hugo ist es die Herausforderung, einen ganzen Betrieb von „autoritärem“ auf „kooperativen“ Führungsstil umzustellen.

Hugo hat sich viel vorgenommen: stundenlange Einzelgespräche mit allen Mitarbeitern, eine Führungsschulung für den Chef und Rhetorik-Tipps selbst für die Techniker. Zum Treffen ist auch der Geschäftsführer aller drei deutschen Malzfabriken des Konzerns aus Bayern gekommen: Karl Weigt sagt den Beschäftigten, mit der neuen Teamarbeit solle das Werk „besser und effektiver werden“.

Weigt lässt durchblicken, dass die Fabrik mit Zertifikaten für modernes Management auch Werbung bei den Kunden machen will. „Für Radeberg tun wir alles“, sagt Weigt. Denn für die Brauereien der Radeberger Gruppe ist Malteurop nach eigenen Angaben zwar der wichtigste Malzlieferant, aber nur einer von 25. Wer das Malz liefert, auch für Hasseröder oder für die Frankfurt-Oder-Gruppe samt deren Neuerwerbung Feldschlößchen Dresden, darüber entscheiden die Brauer „nach persönlichem Verhältnis und Vertrauen“.

Mehr als 20 Millionen Euro setzt die Heidenauer Malzfabrik jedes Jahr um – mit Gerste aus Sachsen, Thüringen und Tschechien, die eingeweicht und durch Keimen in Malz umgewandelt wird. Den süßlichen Geruch kennen viele Dresdner, die auf dem Elberadweg an den Heidenauer Silos vorbei nach Pirna fahren. Am Werk gibt es auch einen Schiffsanleger, aber er wird nur noch selten für eine große Ladung genutzt.

Berater Hugo hat die 18 Beschäftigten inzwischen in sechs Teams eingeteilt. Jeweils vier oder fünf gehören zu einem Team und treffen sich künftig alle paar Wochen. Im Team „Sicherheit und Umwelt“ bespricht Mälzer Christian Arnold mit dem Klärwerkschef, einem Elektriker und einer Laborantin künftig regelmäßig, wie sich Unfällen vorbeugen lässt. Arnold berichtet von Todesfällen in anderen Malzfabriken und hat mit Erfolg auf eine neue Alarmsicherung für Einzel-Arbeitsplätze gedrängt.

Alle Teams setzen sich Ziele, zum Beispiel „Reklamationen um ein Fünftel verringern“. Dass sie diese Ziele auch unterschreiben sollen, ist nach Ansicht von Volkmar Heinrich, Dresdner Geschäftsführer der Nahrungsgewerkschaft NGG, bedenklich, aber arbeitsrechtlich nicht gefährlich. Unternehmensberater Hugo hält die Selbstverpflichtung für nötig, damit die Mitarbeiter die neuen Ziele ernst nehmen. Jeder Beschäftigte arbeite damit künftig „wie ein kleiner Unternehmer“ und werde Probleme leichter erkennen und ausgleichen. Hugo glaubt: Damit wachsen die Motivation und das Selbstwertgefühl.

www.malteurop.com