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„Manches war Quark in meinem Leben“

Jürgen Clauß hat das Leckermäulchen erfunden. Doch heute sieht er keinen Cent mehr davon.

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© André Braun

Von Michelle Hillebrand

Staucha. Mit einer Schüssel und einem Mixer in der Hand steht Dr. Jürgen Clauß auf dem Markt im Rittergut Staucha und erzählt seine Geschichte. „Alles begann 1974 mit einer Zitronencremetorte“, erinnert er sich zurück. „Die habe ich mit einem Freund gegessen und er sagte zu mir: ,Jürgen, erfinde mal so eine Creme’ – und das habe ich dann versucht.“ Was nach unzähligen Tests und Experimenten herausgekommen ist, findet man heute in verschiedenen Sorten in jedem Supermarkt: das Leckermäulchen.

„Das Geheimnis dahinter ist, Quark ganz vorsichtig mit Schlagsahne zu vermischen“, verrät Clauß. Der Name Leckermäulchen entstand in einer Kneipe. „Nach drei, vier Bier war ich etwas mutiger und sprach die Kellnerin an“, erinnert sich Clauß. „Ich habe ihr erzählt, dass ich einen ganz tollen Quark erfunden habe und ob sie nicht einen Namen wüsste.“ Leckermäulchen war ihre Antwort.

Das Produkt wurde ein voller Erfolg. „200 000 Becher Leckermäulchen gingen jeden Tag über die Ladentheke“, sagt Clauß. Insgesamt 18 Leckermäulchen-Produzenten gab es in der DDR. 1984 promovierte Clauß sogar im Bereich Lebensmitteltechnologie. „Eigentlich schien alles perfekt“, meint er heute.

Bei einem großen Treffen von Lebensmittelproduzenten lernte er auf den damaligen Produktmanager von Nestlé kennen. Clauß stellte sich vor und sagte: „Manches war Quark in meinem Leben, aber ich habe das Leckermäulchen erfunden.“ Daraufhin verneigte sich der Mann und sagte, ein solches Produkt habe er der DDR nicht zugetraut, erinnert sich Clauß.

Doch er sicherte sich damals weder den Namen Leckermäulchen noch das Logo. Heute vertreibt Fischli das Produkt und Clauß sieht keinen Cent mehr davon. Von einem Sprecher der Firma habe er erfahren, dass man ihn als Teil einer Arbeitsgruppe sieht, die an der Erfindung des Leckermäulchens beteiligt war. „Das ärgert mich wirklich“, meint er .„Schließlich hatte ich die Idee, habe die Forschungsversuche durchgeführt, habe die Technik erprobt und so weiter.“

Heute gibt es den Leckermäulchen-Quark in unzähligen Geschmacksrichtungen. In der DDR gab es nur zwei Sorten: Vanille und Zitrone. „Man musste ja das nehmen, was da war“, erklärt Clauß. „Eigentlich war das Leckermäulchen also auch komplett fruchtlos, aber die Leute haben es trotzdem gegessen – wie verrückt.“

Seit acht Jahren besucht er nun Kindergärten und Grundschulen, manchmal auch Seniorenheime und erzählt seine Geschichte. „Mein Leben ist Käse – so hieß mein erstes Programm“, sagt er.