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Marmorflügel für zwei Engel

Im Oktober 2015 starben zwei Kamenzer Geschwister bei einem Verkehrsunfall. Ein unerfüllter Wunsch geht jetzt in Erfüllung.

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© René Plaul

Von Ina Förster

Kamenz. Für Familie R. aus Kamenz brach am 20. Oktober 2015 die Welt zusammen. Von einer Sekunde zur anderen. Bei einem schweren Verkehrsunfall in der Nähe von Wurzen kamen ihre beiden Kinder ums Leben. Das Mädchen Chantal hatte damals vor Kurzem ihren zehnten Geburtstag gefeiert. Bruder Niklas seinen Achten. Ihre Mutter überlebte den verhängnisvollen Schicksalstag. Noch immer kann und möchte sie nicht darüber sprechen. Beide Kinder auf einmal zu verlieren – das kann und möchte sich niemand vorstellen.

Ihre Schwägerin Stefie Röpke erlebte das Ganze mit. Wenn auch oft nur aus der Ferne. „Es war traurig und schwer. Vor allem für die Eltern. Vieles hat sich seitdem verändert“, erzählt sie. Eigentlich alles. Auch zwei lange Jahre später ist die Trauer allgegenwärtig. Vielleicht hat sie sich etwas gewandelt. Noch immer kommen die Eltern dennoch täglich auf den St.-Just-Friedhof. Mittlerweile gibt es unweit des Grabes eine hölzerne Bank. Sie ist angekettet an einen der Alleebäumchen. Darauf steht geschrieben, dass man sie doch bitte stehen lassen soll. Das tägliche Ritual hilft. Noch immer ist die Grabstelle liebevoll mit Spielzeugen, Windrädern, Blumen und Plüschtieren geschmückt. Ein schlichtes weißes Holzkreuz steht am Kopfende des Grabes. Das soll sich bald ändern.

Von Anfang an träumte Familie R. von einem weißen Marmorstein, der hier aufgestellt werden soll. Etwas Besonderes sollte es sein. Die Eltern hatten ihre Vorstellungen. Doch das Geld reichte für solche Träume hinten und vorn nicht bei der jungen Familie. Man hatte sich kurz nach dem tragischen Schicksalsschlag mit anderen Dingen herum zu schlagen. Die Grundschule am Forst, an welcher die Kinder lernten und beliebt waren, und auch der Sportverein SV Einheit Kamenz sammelten zwar damals bereits Spenden. Sehr dankbar waren die Eltern darüber. Diese waren jedoch bald aufgebraucht. Allein durch die Beerdigungskosten.

Grabstein aus Baden-Württemberg

Schwägerin Stefie Röpke meldete sich aus diesem Grund stellvertretend Anfang diesen Jahres öffentlich zu Wort. Und sammelte über die Plattform Leetchi im Internet Spenden. Mithilfe eines persönlichen Crowdfunding konnte man eine breitgefächerte Hilfe starten und so Geld für die Umsetzung des Herzenswunsches sammeln. Auch die Sächsische Zeitung Kamenz half mit bei der Spendensammlung, indem sie die Geschichte publik machte. Auf den Artikel im Januar hin war die Anteilnahme groß und es gab immer wieder persönliche Nachfragen in der Redaktion sowie auf der Facebookseite der Redaktion. Und es flossen Spenden. Nun – etwas mehr als acht Monate später – kommt erneut Bewegung in die Sache. Der Steinmetz- und Steinbildhauermeister Thomas Raschendorfer aus Steinen in Baden-Württemberg hatte sich der Sache angenommen und die Wünsche der jungen Eltern umgesetzt. Auf seiner Facebookseite ließ er die User kürzlich schon an der Entstehung des weißen Marmors teilhaben. Und schrieb dort unter anderem: „Aus einem leider sehr tragischen Anlass darf ich eine schöne Bildhauerarbeit anfertigen. Es ist für mich ein Herzensprojekt, mit dem ich schon lange beginnen wollte und jetzt endlich Zeit dafür habe.“

Zwei große Engelsflügel halten dabei ein Herz. Darunter steht eingemeißelt: Immer wenn der Wind durch die Äste weht, wissen wir: Ihr wart da, um nach dem Rechten zu sehen … „Der Stein soll auf jeden Fall zum zweiten Todestag stehen“, so Stefie Röpke. Deshalb tritt er bald die lange Reise aus Baden an. Viele Menschen, darunter zahlreiche Kamenzer, haben ihren Anteil daran. Dafür möchte man sich noch einmal von ganzem Herzen bedanken. Sie alle haben mitgeholfen, die Dinge ein bisschen einfacher zu machen.